Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)
unwahrscheinlich, denke ich.«
Aber immerhin etwas, das man im Hinterkopf behalten sollte.
»Hat Rosie jemals ihre leibliche Mutter getroffen?«
»Nein. Aber wenn sie noch am Leben wäre, hätte sie das getan, glaube ich. Sie war gerade erst achtzehn Jahre alt geworden. Sie hatte also Einsicht in ihre Akten und war von der Vermittlungsagentur kontaktiert worden, weil ihre leibliche Mutter sie kennenlernen wollte. Offenbar war das schon lange deren Wunsch gewesen.«
Dani kratzte sich am Kopf. Rosie hatte ihr Kind finden und ihre leibliche Mutter treffen wollen. Wer würde sich so etwas nicht wünschen? Aber wer war wohl wütend genug, sie zu töten, um das zu verhindern? Ein Blutsverwandter von Rosie? Einer der Adoptiveltern von Rosies Sohn? Einer ihrer leiblichen Eltern, die sie so lange nicht gesehen hatte?
Als Dani Kellers Praxis verließ, schwirrte ihr der Kopf vor Fragen.
Wieder rief sie Tifton an und hinterließ eine Nachricht auf seiner Mailbox. »Tift, wir brauchen eine richterliche Verfügung für Rose McNamaras Adoptivakte. Und wirf doch mal einen Blick auf ihre Adoptivfamilie. Ich erkläre es dir später. Ruf mich an.«
Dani grübelte immer noch, als sie sich ins Auto setzte. Was Brad über seinen Vater gesagt hatte, ergab noch genauso wenig Sinn wie vor ihrem Gespräch mit Keller. Er hätte ihr geholfen. Weil Russell sich mit Adoptionen auskannte?
Weil er der Vater des Kindes war? Weil er ein so guter Kerl war? Sie wusste es nicht, aber eines war sicher: Sie mussten in Rosies Apartment gehen. Und sie mussten das Kind finden, von dem Rosie dachte, es sei ihr Sohn.
Ihr Handy klingelte. Es war Mitch, der wissen wollte, wo sie war. Er steckte bis zum Hals in den Vorbereitungen für seine Ausstellung am Wochenende und hatte es dennoch nicht versäumt, sie regelmäßig anzurufen.
»Ich bin auf dem Weg zu Janet Milano«, sagte Dani und gab sich Mühe, genervt zu klingen, obwohl sie gerührt war, dass er bereits fünf Minuten vor Ablauf der Stunde angerufen hatte. »Mal sehen, ob Janet mich in Rosies Wohnung lässt.«
»Ich brauche eine Pause«, sagte Mitch. »Wir treffen uns bei Janet.«
28
M itch war zehn Minuten eher da, und als Dani schließlich ankam, fiel ihm ein Stein vom Herzen.
Er hatte sich solche Sorgen um sie gemacht, hatte jede Minute auf die Uhr gestarrt und sich gefragt, ob ihr irgendein Dreckskerl mit einer Schere auf den Fersen war … Den halben Nachmittag hatte er sich verflucht, weil er sie hatte gehen lassen. Ich bin trainiert und bewaffnet. Na und? Das Training nutzte nur, wenn man auf einen gleich großen und starken Gegner traf, der sich an die Regeln hielt. Aber was, wenn der Gegner fünfzig Kilo schwerer war und aus dem Nichts auftauchte? Was, wenn er mit einer Schere bewaffnet war und sich an keine einzige Regel hielt?
Mitch lief zu ihrem Auto, um ihr die Tür aufzuhalten, und betrachtete sie prüfend. Es ging ihr offenbar gut. Als sie ausstieg, empfing er sie mit einem Kuss – nicht zu sexy, aber auch nicht zu zurückhaltend. Er wollte, dass ihr seine Absichten klar waren.
»Was macht das Bein?«, fragte er und griff nach ihrem Arm, damit sie sich bei ihm einhakte. Die Naht hatte schlimm ausgesehen, und der Schnitt war zu einer hässlichen roten Linie angeschwollen.
»Ganz okay«, antwortete sie geschäftsmäßig.
»Warst du erfolgreich?«
»Möglicherweise. Und du? Bist du bereit für die Ausstellungseröffnung am Wochenende?«
»Das meiste steht schon. Ich arbeite gerade noch an einem bestimmten Bild.« Sollte heißen: Er hatte noch nicht einmal damit begonnen, denn er ertrug den Gedanken nicht, es sich wieder und wieder ansehen zu müssen.
Janet Milano führte sie zu Rosies Wohnung – ein kleines Ein-Zimmer-Apartment in einem Haus mit acht Parteien, das in einer Straße mit weiteren Mietskasernen stand. Als sie dort ankamen, erzählte Dani von ihrem Besuch bei Keller Brookes.
»Eine Kamera?«, fragte Janet, nachdem sie ihr zugehört hatte. »Ja, jetzt, wo du es sagst … Hier müsste tatsächlich irgendwo ihre Kamera sein. Sie hatte sie vor etwa einem Monat bei WalMart gekauft.«
»Hat die Polizei ihre Wohnung durchsucht?«
»Schon, aber ich glaube, die Kamera haben sie nicht gefunden.«
»Würden Sie uns die Wohnung zeigen?«, bat Mitch.
»Klar. Aber normalerweise hatte sie die Kamera in ihrer Handtasche. Sie hat sich extra ein handliches Modell gekauft, das dort hineinpasste.«
»Was ist mit ihrem Auto?«, wollte Mitch wissen.
»Es stand auf dem
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