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Mädchen und der Leibarzt

Mädchen und der Leibarzt

Titel: Mädchen und der Leibarzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Beerwald
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Medicus’!«

    »Aber wenn der Apotheker gewusst hätte, wofür die Medizin gebraucht wird …«
    »Ich bin doch nicht von allen guten Geistern verlassen und schreibe auch noch die beabsichtigte Wirkung mit aufs Rezept! Der Apotheker würde einen Freudentanz vollführen! Endlich könnte er eine von mir erfundene Medizin kopieren und selbst unters Volk bringen. Ja, glaubst du denn, ich säge an meinem eigenen Ast?«
    »Aber man könnte die Mittel doch in einer großen zentralen Apotheke unter Aufsicht fertigen lassen und von dort aus unter Ihrem Namen vertreiben? Dann könnten auch die Leute aus anderen Fürstentümern davon profitieren.«
    »Hat dir das der so ehrenwerte Medicus Roth eingeredet? Du hättest mir übrigens ruhig mitteilen können, dass ihn der Tod ereilt hat. Ich bin gerade dabei, die Kondolenz an seinen Sohn Friedemar zu verfassen. Möchtest du nicht auch einen Gruß daruntersetzen?«
    Helena wurde siedend heiß. »Das … das ist nicht notwendig. «
    »Weißt du nicht, was sich gehört? Außerdem könnte es Friedemar doch interessieren, wo du untergekommen bist.«
    »Es ist wirklich nicht nötig.«
    »Und weshalb nicht?«
    »Weil … weil ich ihm selbst schreiben werde.«
    »So, so, wie du meinst.« Der Leibarzt entblößte seine fauligen Zahnstumpen. »Wenn dir allerdings noch mehr Behandlungsfehler unterlaufen, dann bin ich gerne bereit, als Ehestifter aufzutreten und eine Mitteilung an Friedemar zu senden. Ich will schließlich nur dein Bestes.« Der Leibarzt unterschrieb den Brief und faltete ihn zusammen.

    »Es werden mir keine Fehler mehr unterlaufen.«
    »Da bin ich aber gespannt. Heute Abend müssen noch zwei Kranke visitiert werden.«

    Der Leibarzt folgte ihr dicht auf den Fersen, als sie ein mit grüngoldenen Stofftapeten ausgekleidetes Zimmer betraten. Der Raum war von Essiggeruch erfüllt, der beißender wurde, je näher Helena der Kranken kam. Die Seniorin lag mit geschlossenen Augen im weißen Himmelbett. Ihre graue Haut war faltig wie die einer Schildkröte. Auf ihrer Stirn lag ein nasses Tuch, und als Helena es vorsichtig abnahm, um die Temperatur zu prüfen, erwachte die Kranke.
    »Guten Abend, werte Seniorin Maria.«
    »Landgräfin von Hessen-Darmstadt«, raunte ihr der Leibarzt von hinten zu und blieb in einiger Entfernung zum Bett stehen.
    »Wie geht es Ihnen, werte Seniorin Maria Landgräfin von Hessen-Darmstadt?«
    »Was für eine Frage!«, stöhnte der Leibarzt. »Schlecht geht es ihr, das sieht man doch! Oder bist du blind?«
    »Nein«, presste Helena zwischen den Zähnen hervor, während sie ihre Hand auf der heißen Stirn der Kranken ruhen ließ. Die Hitze war außergewöhnlich hoch, und Helena schoss ein Gedanke durch den Kopf. »Verzeihung, werte Seniorin, aber ich muss Sie untersuchen. Es könnte eine ernstliche Krankheit sein.«
    »Unter meinem Bett steht der Urin«, erwiderte die Stiftsälteste schwach.

    »Es tut mir leid, aber mit dieser Methode kann ich die Krankheit nicht bestimmen.«
    »Aber der Leibarzt beherrscht diese Kunst. Ich verlange, dass er mich behandelt.«
    »Die Krankheit lässt sich nur erkennen, wenn ich mir Ihre Haut besehe«, insistierte Helena. »Bitte, es könnten beginnende Blattern sein.«
    Mit angstvoll geweiteten Augen zog die Seniorin die Bettdecke bis unters Kinn und der Leibarzt seufzte vernehmlich. »Gut gemacht.«
    Helena redete der Stiftsältesten wie einem Kind gut zu, versuchte sie zu beruhigen, ihr die Notwendigkeit der Untersuchung beizubringen. Doch die Gräfin blieb eisern.
    »Jetzt reicht es aber!«, donnerte der Leibarzt mit einem Mal. »Schluss jetzt mit diesen modernen Empfindeleien, alles erklären zu wollen! Ich habe nicht Zeit bis in alle Ewigkeit! Werte Seniorin, Sie lassen sich nun augenblicklich die Haut besehen, oder Sie werden elend in Ihrem Bett verrecken! «
    Als habe es keine Widerrede gegeben, zog die Seniorin ihre Chemise nach oben. Stück für Stück kam die blasse, verrunzelte Haut zum Vorschein. Doch es zeigten sich keine roten Flecken. Die Haut war völlig unversehrt. Helena atmete erleichtert aus, wenn auch ihre Wut auf den Leibarzt bestehen blieb.
    Allerdings kam sie nun ins Grübeln, was stattdessen die Ursache für das hitzige Geblüt sein könnte. Waren es vielleicht wieder die Gedärme? Mit einem Seitenblick auf den Äskulap tastete sie den Bauch der Kranken ab, fand daran aber nichts Ungewöhnliches.
    »Und, woher rührt das Fieber?« Der Leibarzt stützte sich
mit beiden Händen auf seinen Stock und

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