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Mädchen und der Leibarzt

Mädchen und der Leibarzt

Titel: Mädchen und der Leibarzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Beerwald
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drückte die Flügel ein wenig auf. Dann schaute sie noch schnell nach dem Ofenfeuer, ob genug Holz für die Nacht auflag, bevor sie dem Leibarzt hinausfolgte.
    Als sie auf den Gang trat, stieß sie beinahe mit Aurelia zusammen. Helena erschrak und murmelte eine Entschuldigung, obwohl es nicht das erste derartige Zusammentreffen war. Im Gegenteil. Es kam ihr in den letzten Wochen beinahe so vor, als würde ihr die Gräfin ständig auflauern. Am Anfang hatte Helena noch versucht, mit ihr zu reden, aber Aurelia erstickte jegliches Gespräch bereits im Keim. Weshalb sie sich noch immer im Stift aufhalten durfte, blieb schleierhaft, selbst der Äskulap wusste es nicht. Aber Hauptsache, Aurelia hatte eine Unterkunft. Woher auch immer die Gnade der Fürstäbtissin rührte und wie lange diese wohl noch anhalten würde …
    Aurelia raffte ihr lilafarbenes Kleid, das die Umstände nur noch leidlich kaschierte, und schritt mit eisigem Blick an ihr vorüber. Helena sah ihr nach und beschloss, heute Abend noch einmal mit Gregor zu reden. Mit ein paar Laufschritten hatte sie den Leibarzt, der bereits vor der Tür der nächsten Patientin wartete, eingeholt.
    »Wo bleibst du denn?«, empfing er sie. »Die Gräfin zu Nassau-Weilburg hat eine Blasenentzündung, damit das bereits geklärt wäre. Wer weiß, welchen Fantasien du ansonsten erliegst. So, und nun sage mir, wie man gegen diese Entzündung vorgeht, insbesondere, um schlimmere Zufälle in den Nieren zu vermeiden. Ach, Borginino, halt!« Er winkte den Diener zurück, der eben mit einem silbernen Geschirrtablett an ihnen vorbeigegangen war. »Das Weib hier möchte dir eine Besorgung auftragen.«
    Helena geriet in Bedrängnis.

    »Nun?« forschte der Leibarzt nach.
    »Gegen … gegen die Blasenkrämpfe helfen warme Umschläge, zur Not auch eine gelinde verabreichte Opiatgabe. Ansonsten muss die Ausscheidung durch reichliches Trinken befördert werden.«
    »Das Weib spricht ein wenig undeutlich. Sie wollte dir befehligen, sofort zum elenden Chirurgen zu laufen, damit er die Kranke reichlich am Fuß zur Ader lasse, um das Gift am krankhaften Organ vorbei nach unten auszuleiten.«
    »Aber die Patientin muss trotzdem reichlich trinken«, beharrte Helena, obwohl sie am liebsten einfach davongelaufen wäre.
    »Das ist richtig. Und was, wenn ich fragen darf?«
    »Ein Tee aus Brennnesseln, Bärentraube … Schachtelhalm und … und …« Ihr Herz klopfte. »Und Wacholderbeeren! «
    Der Leibarzt zog die Augenbrauen hoch. »Ach ja?« Er wandte sich an den Diener. »Du hast es gehört. Gib in der Küche Bescheid, damit die Gräfin ein paar Kannen von diesem Gebräu erhält. Dem Weib hier ist nichts Besseres eingefallen. «
    »Doch! Man könnte ihr auch reichlich Orangenmolke zu trinken geben.«
    Der Leibarzt nickte. »Orangenmolke. Jetzt wird es interessant. Ich höre?«
    Helena konzentrierte sich. »Die Orangenmolke bereitet man durch das Kochen einer zerschnittenen Orange mit drei Gran Weinsteinrahm in Milch und Wasser, bis sich der käsichte Teil absondert. Die Molke soll so lange getrunken werden, bis die Kranke ihre Blase wieder ohne Schmerzen entleeren kann.«

    Der Leibarzt nickte beeindruckt. »Interessant.«
    Schnell fügte sie noch hinzu: »Man könnte auch noch eine Limone beifügen; das befördert die Heilung noch zusätzlich! «
    »Ausgezeichnet, wirklich ausgezeichnet!« Der Leibarzt fing an zu lachen, er lachte, bis ihm die Tränen kamen. »Orangen und Limonen um diese Jahreszeit!« Er wischte sich die Tränen aus den Augen. »Das Beste, was ich seit langem von dir gehört habe!«
    Helena fühlte sich wie mit Eiswasser übergossen. Sein Grinsen ließ ihre Wut noch höher schäumen, aber sie verkniff sich jede Bemerkung. Es war besser so.
    Gott sei Dank entließ er sie einen Augenblick später auf ihr Zimmer. »Aber sieh heute Abend gefälligst noch nach dem Stiftskanzler! Sebastian hat übrigens ein Eitergeschwulst am Kopf und keine Magenverstimmung, das nur noch einmal zur Erinnerung, um dir die Behandlung zu erleichtern.«
    Helena hatte jetzt nur noch das Bedürfnis, bei Gregor zu sein, um ihren ganzen Ärger bei ihm loszuwerden, sein Verständnis zu spüren und seine beruhigende Art zu genießen. Aber als sie nur wenig später vor dem Sternenzimmer ankam, bog ausgerechnet Aurelia um die Ecke. Wieder standen sie voreinander, wortlos. Eine Weile hielt Helena dem hasserfüllten Blick stand, dann wandte sie sich einfach ab und betrat das Sternenzimmer.

    Als die Tür der

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