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Maedchenauge

Maedchenauge

Titel: Maedchenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian David
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gefragt.
    »Natürlich, das Leder … Die Experten haben sich das noch einmal angeschaut. Kleine Partikel von schwarzem Leder an allen bisherigen Tatorten. Den von Selma Jordis ausgenommen, da müssen wir noch abwarten.«
    »Und das Sperma in Magdalena Karners Bett?«
    Auf diese Frage hin hatte Belonoz genickt, seine Lippen waren schmal geworden. »Eine schöne Spur, wie aus dem kriminalistischen Bilderbuch. Die DNA ist ermittelt. Aber niemand, auf den sie passt. Jedenfalls keinen, der schon in der DNA-Datenbank verzeichnet ist. Richtig, Edi?«
    Gehorsam hatte Steffek genickt, doch Lily war nicht zufrieden gewesen. »Sebastian Emberger wird wohl kaum in der Datenbank vertreten sein, oder?«
    Da hatte Steffek sein Gesicht kurz mit den Händen massiert und dann um Entschuldigung heischend zu Lily geblickt. »Sorry, Frau Doktor, das ist mein Fehler, dass ich Ihnen das noch nicht mitgeteilt habe … Es war nicht Embergers Sperma.«
    Fatalistisch hatte Belonoz die Arme ausgebreitet. Wie um zu zeigen, dass man in diesem Fall der Willkür des Schicksals ausgeliefert war.
    Lily war froh, nach diesem Tag wieder zurück am Rooseveltplatz zu sein. Als sie ihr Haustor aufsperrte, dachte sie jedoch vor allem an das Bild von Magdalena Karner, das sich in ihr geformt hatte.
    Die brave Magdalena. Von ihren Eltern geliebt, beschützt und gefördert. Begehrt von einem jungen Mann, den sie auf Distanz gehalten hatte. Sich nackt den Blicken des Voyeurs darbietend. Das Bett in ihrer peinlich geordneten und sauberen Wohnung mit dem Sperma eines unbekannten Dritten befleckt.
    Zu viele Widersprüche. Teilaspekte passten zueinander, andere wiederum schienen zu einem ganz anderen Menschen zu gehören, doch gewiss nicht zu Magdalena Karner. Sosehr Lily auch darüber nachdachte, sie schaffte es nicht, eine logische Erklärung zu finden.
    Als sie ihr leeres Postfach inspiziert hatte, beschloss sie, es gut sein zu lassen. Es reichte. Kein Nachdenken mehr über die Morde, zumindest heute Abend nicht. Sie musste Abstand gewinnen. Es war wohl gut, dass die Arbeit sie von ihren New Yorker Erlebnissen ablenkte. Doch zu sich selbst fand sie dadurch auch nicht. Gerade das schien ihr nun nötig zu sein.
    Nachdem sie in der Küche ein Glas Wasser getrunken und einen Apfel verspeist hatte, rief sie endlich Onkel Neubauer an.
    »Es hat ein bisschen gedauert, weißt du«, sagte sie zu ihm. »Ich hab dir zwar versprochen, dass ich mich bald melde, aber …«
    Da war diese runde, freundliche, mit Lebenserfahrung gesättigte Stimme, die ihr sofortiges Wohlbefinden injizierte. »Vergiss es, Lily. Ich habe ja mitbekommen, was du machst. Dass du wenig Zeit hast, verstehe ich vollkommen.«
    »Na ja, trotzdem …«
    »Ich bitte dich! Außerdem bin ich ja selbst auch nicht so flexibel. Gerade habe ich einen Termin …«
    »Entschuldige, dann störe ich dich nicht länger. Also dann frag ich dich ganz schnell, ob du am Sonntag Zeit für mich hättest. Ich brauche dringend ein Gespräch mit dir. Ginge das?«
    »Sonntag … Lass mich nachdenken … Magst du zum Mittagessen kommen? Nichts Großartiges, ein bisschen Fisch und Gemüse, vorher eine Suppe, dann eventuell ein süßes Dessert, zumindest für dich, weil ich darf ja nicht … Sagen wir, um dreizehn Uhr bei mir?«
    »Großartig, also bis Sonntag, und jetzt mach weiter!«
    »Gib acht auf dich, Lily. Das ist das Wichtigste.«
    Lily atmete tief ein und aus. So kurz das Gespräch mit Onkel Neubauer gewesen war, es hatte ihr ein plötzliches Wohlgefühl verschafft. Sie wählte eine andere Nummer.
    »Also gut. Du hast es so gewollt. Ich komme heute Abend.«
    Albine jubelte. »Cool. Ich habe schon befürchtet, dass du Stress hast und nicht kannst.«
    »Stress habe ich. Deswegen will ich ja kommen. Ich möchte für ein paar Stunden loslassen und entspannt sein. Neue Leute treffen, nette Gespräche führen. Nicht denken, sondern genießen.«
    »Was? So kenn ich dich ja gar nicht? Du und nicht denken? Unmöglich!«, sagte Albine lachend.
    »Zumindest an etwas anderes denken als an Morde und Ermittlungen und DNA-Tests und Vernehmungen …«
    »Schlimm, Lily. Also über die Arbeit wird nicht gesprochen, das ist spießig. Da gibt es diese Anzugträger, die man auf einer Party kennenlernt, und nach dreißig Sekunden fragen die: Und was machst du so? Da sage ich dann immer: Na, leben natürlich, das mache ich. Du nicht auch? Solche Typen muss man meiden.«
    »Genau, Albine. Also hoffe ich auf nette Leute.«
    »Na dann sind wir

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