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Maedchenauge

Maedchenauge

Titel: Maedchenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian David
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schüttelte Nicole Saborsky den Kopf. »Für mich war das eben nicht logisch. Außerdem weiß ich nichts über den Mord. Nur das, was darüber berichtet wurde. Was nicht viel ist, weil mich solche Mordgeschichten nicht interessieren. Ich möchte einfach nur meinen Spaß haben.«
    Lily spürte, wie aggressiv Nicole Saborsky auf das Thema reagierte. In Abwehrhaltung, mit verschränkten Armen, saß die Verhaftete am Tisch. Ihre Blicke waren unstet und wanderten im Raum herum. Sie schien ebenso unsicher wie arrogant zu sein.
    Belonoz, der bisher zurückgelehnt in seinem Stuhl gesessen war, richtete sich auf.
    »Niemand will Sie zu irgendetwas zwingen«, sagte er kühl. »Machen Sie, was Sie wollen. Allerdings sind Sie mit zweiundzwanzig Jahren alt genug, um zu wissen, dass jedes Verhalten Konsequenzen hat. Selma Jordis und die anderen Mädchen, die in den letzten Wochen in Wien erstochen aufgefunden worden sind, waren in Ihrem Alter, Frau Saborsky. Die Opfer waren jung und haben sicher genau so ihren Spaß gewollt wie Sie. Diese Chance hat ihnen jemand genommen. Kapieren Sie das jetzt?«
    Nicole sah ihn unschlüssig an. Sie hatte geglaubt, sich gegenüber Lily behaupten zu können. Doch mit jemandem wie Belonoz konnte sie sichtlich nicht umgehen.
    Belonoz tat nicht viel. Er saß bloß da in seinem schwarzen, zerknitterten Anzug. Die Haare fielen ihm auf das Jackett, er war blass und schlecht rasiert und sah Nicole Saborsky mit seinen eisblauen Augen unverwandt an. Das genügte, um sie zu verunsichern.
    »Sicher verstehe ich das«, sagte Nicole leise, während sie einen rhetorischen Ausweg suchte, den sie schließlich auch zu finden schien. »Sie müssen nicht gleich so aggressiv sein. Oder ist das bei Ihnen üblich?«
    Belonoz ließ sich von der versuchten Regression zu pubertärem Trotzverhalten nicht irritieren. »Ich habe Sie gefragt, ob Sie meine Worte begreifen, Frau Saborsky. Fragen zu stellen gehört zu meinem Beruf. Das ist es, was hier üblich ist, okay? Jetzt haben Sie von mir eine Antwort erhalten. Auf Ihre Antwort warten wir nach wie vor, Frau Saborsky.«
    Sie wetzte auf ihrem Sessel herum. Bis sie erneut versuchte, sich durch Trotz Luft zu verschaffen. »Geh bitte, was soll das eigentlich alles hier? Warum bin ich überhaupt verhaftet worden? Seit wann werden Zeugen eingesperrt? Das muss ein blöder Witz sein. Und jetzt muss ich mir Belehrungen anhören von Leuten, die wahrscheinlich denken, dass sie unglaublich cool sind.«
    Lily lachte plötzlich laut. Nicole starrte sie entgeistert an. Jetzt hatte es auch Lily fertiggebracht, sie zu irritieren.
    »Wirklich interessant und lustig, was Sie sagen«, sagte Lily gutmütig, aber so rasch, dass Nicole keine Zeit hatte, das Gespräch durch einen neuen Trick zu sabotieren. »Der Grund Ihrer Festnahme ist relativ einfach. Es sind Morde verübt worden. Bei der Aufklärung schwerer Verbrechen kann es zu Maßnahmen kommen, die für Unbeteiligte nicht so angenehm sind. Sie sind festgenommen worden, Frau Saborsky, weil Ihre Rolle beim Mord an Selma Jordis völlig unklar ist. Vielleicht haben Sie gar nichts damit zu schaffen. Oder Sie sind eine wichtige Zeugin. Es könnte auch sein, dass Sie uns wichtige Informationen verheimlichen. Ein festgenommener Drogenhändler behauptet, dass Sie zusammen mit Ihrem Bruder regelmäßig bei ihm eingekauft haben. Ich rede nicht von Marihuana, sondern von Heroin. Das alles hat dazu geführt, dass Sie jetzt hier sind. Ich lasse Menschen nur festnehmen, wenn es nicht anders geht. Wenn Sie mit uns zusammenarbeiten, uns weiterhelfen, und wenn sich erweist, dass Sie keinerlei Schuld am Tod von Selma Jordis trifft, können Sie sofort nach Hause gehen. Jetzt sollten Sie mir signalisieren, dass Sie verstanden haben, was ich gesagt habe. Wäre das möglich?«
    Lily hatte den richtigen Ton getroffen. Nicole hatte begonnen, die Staatsanwältin ganz ruhig anzusehen. Ihr Blick flackerte nicht mehr, sondern blieb fokussiert.
    Doch sie schwieg.
    Lily stand auf. »Morgen oder übermorgen wird das Gespräch fortgesetzt. Überlegen Sie sich bis dahin, wie Sie sich verhalten möchten. Vergessen Sie nicht, sich einen Anwalt zu nehmen. Und falls Sie wissen, dass Ihre Lage problematisch ist, würde ich Ihnen sogar dringend zu einem rechtlichen Beistand raten.«
    Sie drehte sich in Richtung Videokamera. »Ende der Vernehmung.«
    Dann ging sie mit Belonoz zur Tür und drückte auf den Knopf. Während sie darauf wartete, dass von außen geöffnet wurde, wuchs

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