Maedchenauge
ihres Handys in der Hosentasche. Sie holte das Telefon heraus, um es abzustellen. Ihr Blick fiel auf das Display. Sie erkannte die Nummer.
Die neue Wiener Bürgermeisterin hatte sie angerufen.
Lily wunderte sich. Doch die gellende Stimme von Marlene Metka riss sie aus ihren Gedanken. »Einen Moment noch bitte, ich hab da noch was Wichtiges.«
Sie winkte Lily und Belonoz eilig in einen Nebenraum, dessen Tür sie energisch zuwarf.
»Sorry«, sagte sie mit der üblichen Unbekümmertheit, unter der jedoch leichte Aufregung durchschimmerte. »Ich glaube, diese Informationen können Sie gerade gut brauchen. Wir haben die endgültigen Ergebnisse der Hausdurchsuchungen. In der Villa von Tom und Lavinia Saborsky hat es nichts Auffälliges gegeben, nicht einmal Drogen …«
Belonoz unterbrach sie. »Wohingegen das bei Nicole Saborsky der Fall war, richtig?«
Marlene Metka war beeindruckt. »Das stimmt … Aber jetzt zum wirklich interessanten Punkt. Zur Wohnung von Nicole in der Lenaugasse gehört ein Kellerabteil voll mit altem Ramsch. In einem Plastiksack haben wir etwas gefunden. Einen Helm, wie ihn Motorradfahrer tragen, und Kleidung aus schwarzem Leder.«
30
Unmittelbar nach seiner Verhaftung hatte Tom Saborsky verschreckt und ängstlich gewirkt. Mittlerweile hatte er sich gefangen.
Er gab sich entspannt und locker, so wie er da breitbeinig herumlümmelte. Gelangweilt musterte er Lily und den Major. Er beobachtete das Geschehen demonstrativ desinteressiert, als ginge es ihn eigentlich gar nichts an. Seinem Gesichtsausdruck war nicht die geringste Regung abzulesen.
»Sie wollen derzeit keine Aussage machen, richtig?«, fragte Lily, während sie überlegte, ob Toms Verhalten in jene Kategorie fiel, die das Adjektiv cool verdiente.
Tom deutete ein Nicken an. Zugleich hob er die Augenbrauen, als sei er überrascht, dass ihm diese Frage überhaupt gestellt wurde.
Lily war nicht zufrieden. »Ich muss das von Ihnen selbst hören, Herr Saborsky. Damit wir wissen, dass Sie sich so entschieden haben. Wenn Sie die Aussage verweigern, vermeiden Sie es zwar, sich womöglich selbst zu belasten. Aber auch zu Ihrer Entlastung tragen Sie nichts bei. Bleiben Sie also dabei?«
Er nickte diesmal etwas deutlicher, sagte kurz »Ja« und schwieg wieder.
Jetzt hielt es Georg Sima nicht länger aus. »Das sollte jetzt klar sein, nicht wahr, Frau Kollegin? Wobei man in diese Entscheidung nicht allzu viel hineingeheimnissen sollte. Wir möchten halt wissen, in welcher Sache Sie mit welchen Ergebnissen ermitteln und was meinem Mandanten überhaupt von Ihnen vorgeworfen wird. Offen gesagt, ist mir noch nicht ganz klar, warum Sie hier tätig sind, Frau Doktor. Ich habe geglaubt, Sie wären anderweitig beschäftigt?«
»Keine Sorge, Herr Doktor Sima«, sagte Lily kühl lächelnd. »Das hier fällt durchaus in meinen Aufgabenbereich.«
»Sie sind zuständig, wenn jemand nachts verhaftet und beschuldigt wird, er habe illegale Suchtmittel kaufen wollen? Was ich bisher weiß, fußt dieser Verdacht auf den Angaben eines Dealers. Nicht sehr vertrauenerweckend, Frau Kollegin. Diese Leute erzählen viel, wenn der Tag lang ist. Ob der Haftrichter dem Glauben schenken wird, bezweifle ich stark. Ebenso, dass er eine Inhaftierung für angemessen halten wird.«
»Was uns der Dealer berichtet hat, war sehr konkret und zutreffend. Es kann sich weder um einen Zufall noch um ein frei erfundenes Märchen handeln. Aber Sie fragen, warum ich hier sitze. Und da wird es haariger für Herrn Saborsky. Mich interessiert seine Beziehung zu Selma Jordis. Zu der Studentin, die vor einer Woche ermordet aufgefunden wurde. Die Tat weist bestimmte Merkmale auf. Und dadurch ergibt sich ein Zusammenhang mit der Wiener Mordserie. In der ich ermittle.«
»Moment, Frau Kollegin, ist das jetzt ein Mordverdacht, den Sie gegen Herrn Saborsky aussprechen? Damit sollte man vorsichtig sein.«
»Ich weiß, was ich tue«, sagte Lily kalt. »Aber überlegen Sie sich noch einmal, ob diese Aussageverweigerung nicht doch voreilig ist.«
»In einem Rechtsstaat muss in der Regel niemand seine Unschuld beweisen. Sondern man muss einem Menschen nachweisen, schuldig zu sein. Das wissen Sie so gut wie ich.«
»Wobei es auch noch weitere Regeln in unserem Rechtsstaat gibt. Darunter jene, die besagt, dass Anwälte beim Verhör ihrer Mandanten anwesend sein können, sich aber nicht in die Befragung einmischen dürfen. Korrekt?«
Sima lächelte und deutete eine höflich-ironische
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