Maedchenauge
super laufen. Das sagt mir mein Bauchgefühl. Außerdem halte ich dir die Daumen.«
»Gut so, dann kannst du mit deinen Händen auch nichts Schlimmes anstellen. Wie heißt das eigentlich, wo du gerade bist?«
» Foxy . Du kennst den Club, letztes Jahr waren wir zusammen hier.«
Lily erinnerte sich. Vor allem daran, wie sehr sie sich unter all den Gästen zwischen zwanzig und vierzig wohlgefühlt hatte, die sich die Nächte um die Ohren schlagen konnten. Die Location war eng und die Luft verbraucht gewesen, das Licht schummrig und die Musik genau in der richtigen Lautstärke. Lily vermisste diese Momente.
»Genieß es, Albine, das ist ein Befehl!«
»Wird ausgeführt, Frau Staatsanwältin. Hast du übrigens am Donnerstag schon was vor? Christoph macht nämlich eine Party und …«
»Nicht zufällig der Christoph?«
»Doch. Dein ewiger Verehrer. Du musst kommen. Jetzt, wo du in Wien bist, werde ich nicht zulassen, dass du dich wieder zu Hause einigelst. Ins Kloster kannst du auch in zwanzig Jahren noch gehen.«
»Lust hätte ich schon«, sagte Lily und gähnte.
Kurz darauf legte sich Lily ins Bett und schloss die Augen. Der Schlaf der vergangenen Nacht war zwar lang gewesen, aber nicht besonders erholsam. Nun forderten die Anstrengungen der Reise und der Zeitumstellung ihren Tribut.
Da rief Albine erneut an. Das Summen des Telefons drang bis ins Schlafzimmer.
Albine entschuldigte sich für die Störung und fragte Lily, ob sie von diesem dritten Mord gehört habe. Plötzlich sei er Gesprächsstoff im Foxy , ausgerechnet dort, wo die Realität am Türsteher sonst nie vorbeikomme. Und sie frage sich, ob man als junge Frau in Wien nachts noch allein nach Hause gehen könne.
*
Die Hitze des Tages hatte sich kaum verflüchtigt. Major Belonoz stand vor der Kriminaldirektion und genoss die frische Luft, die von einem sanften Wind durch die Straßen getrieben wurde. Gegen die lähmende Stickigkeit der Büros ließ sich wenig ausrichten, ganz egal wie lange man die Fenster geöffnet ließ. Nun hatten Steffek und Bardel damit zurechtzukommen. Sie kümmerten sich um die Ermittlungen und koordinierten die Zusammenarbeit mit den Kollegen in Wien und Salzburg. Am frühen Montagmorgen, also in ein paar Stunden, wurden Kovacs und Metka erwartet, später Steffek und er selbst.
Damals, als der Polizeiskandal enorme Lücken in den Apparat gerissen hatte, war Belonoz gefragt worden, ob er die Mordkommission übernehmen wolle. Er hatte unter der Bedingung zugesagt, sich die Mitarbeiter und die Büroräume aussuchen zu dürfen. Seitdem arbeitete er mit unbelasteten, motivierten Nachwuchskräften, die keiner politischen Partei verpflichtet waren. Und das Büro lag in dem betagten Gebäude am Donaukanal, in dem Belonoz sein Geschäft gelernt hatte. Deshalb war er dorthin zurückgekehrt. Weil es galt, die alten, unschuldigen Zeiten, als die Korruption noch nicht alles zerstört hatte, wiederzubeleben.
Belonoz überquerte die Roßauer Lände und näherte sich dem Donaukanal. Der Autoverkehr hatte um diese Zeit bereits merkbar abgenommen, und es duftete angenehm nach dem Grün des Flussufers. Aus der Richtung eines nahen Lokals drangen die fröhlichen Laute junger Menschen an sein Ohr. Belonoz dachte an ihre Sorglosigkeit und wurde gegen seinen Willen etwas melancholisch. Seine eigene Unbekümmertheit war längst verblichen. Das Leben und die Arbeit hatten Narben hinterlassen. Zuerst war ihm die jugendliche Naivität mit ihrem unerschütterlichen Optimismus abhandengekommen, danach das Vertrauen, noch fast alle Chancen vor sich zu haben. Er war ein anderer geworden.
Andererseits war es besser so. Die drei erstochenen Frauen hatten solche Probleme nie erleben dürfen. Der Mörder hatte sie jeglicher Chance beraubt, zu reifen und ihre Persönlichkeiten weiterzuentwickeln.
Belonoz’ Handy vibrierte.
»Aha, so heißt sie also«, sagte der Major nach kurzem Lauschen. »Der Name kommt mir bekannt vor … Natürlich, völlig klar, jetzt fällt es mir ein … Danke für die Information, das hilft mir weiter. Ich rufe dich zurück, sobald ich was weiß …«
Er ließ das Handy in einer Sakkotasche verschwinden, aus der anderen holte er ein gelbes Päckchen mit kubanischen Partagás -Zigarillos. Genüsslich rauchte er, während ihn eine milde nächtliche Brise umwehte. Dabei wunderte er sich, dass der alte Lenz ausgerechnet eine noch nicht einmal dreißigjährige Wiener Staatsanwältin mit dieser heiklen Sache betrauen wollte.
Als ein
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