Maedchenauge
blieb übrig. Dorthin besaß Bonino keine Verbindung. Doch das Risiko musste sie eingehen, die Chancen standen fünfzig zu fünfzig.
Entweder hatte der Informant von Gaby Koch bei zwei Zeitungen gleichzeitig angeheuert. Oder er war ein Idiot, der sich mit tausend Euro begnügt hatte.
*
»Das haben wir Ihrer Beobachtungsgabe zu verdanken, Herr Kollege«, sagte Belonoz.
Leutnant Descho lächelte zufrieden, was der Major auf seinem Handy nicht sehen konnte. »Es war schon auch Zufall mit im Spiel, dass mir das aufgefallen ist. Und dass es von Freitag auf Samstag in Salzburg ein Gewitter gegeben hat. Die toten Insekten auf der Windschutzscheibe und den Scheinwerfern waren aber frisch. Eigentlich ist nur der Zeitraum zwischen Samstag und Montagfrüh übrig geblieben.«
»Als der junge Herr Emberger angeblich permanent in der Stadt Salzburg war.«
»Morgen liegt das endgültige Ergebnis der Kriminaltechnik vor. Jetzt schon steht fest, dass die Insekten nicht länger als sechsunddreißig Stunden auf dem Auto geklebt haben können. Und die Zahl der Insekten spricht für eine Autobahnfahrt.«
»Wie gesagt, einfach großartig. Dann werde ich mich jetzt …«
Belonoz hörte sich an, als wollte er das Telefonat beenden. Das Desinteresse des Wieners hatte Descho allerdings einkalkuliert, um seinen Triumph vollends auskosten zu können.
»Das Beste kommt noch, Herr Major. Nämlich eine Geschwindigkeitsübertretung.«
»Was meinen Sie damit?«
»Im Raum Linz haben in der Nacht von Samstag auf Sonntag Geschwindigkeitskontrollen mit mobilem Radar und Laserpistole stattgefunden. Eine lange vorher geplante Aktion gegen alkoholisierte Nachtschwärmer.«
Belonoz benötigte einen Moment, um zu begreifen, worauf Descho hinauswollte.
»Auch auf der Autobahn?«, fragte er.
»Emberger hat doppeltes Pech gehabt. Zu schnell gefahren, und dann auch noch dabei ertappt.«
»Steht das fest?«
»Hat mir ein alter Kollege gesteckt, den ich gut kenne. Sonst wäre es schwer gewesen, so rasch …«
»Sie holen sich den Burschen sofort zu einer Befragung. Verstanden, Herr Descho? Ich regle das mit Ihren Vorgesetzten. Falls die sich wieder in die Hose machen aus Angst vor diesen Wirtsleuten. Mit der Staatsanwältin werde ich gleich sprechen, damit die Aktion gedeckt ist.«
Innerlich glühte Descho vor Begeisterung über sich selbst. »Ich fahre in zwei Minuten los. Das Auto steht ohnehin bereit, weil ich geahnt …«
»Herr Descho, setzen Sie sich einfach ins Auto, den Rest klären wir später.«
Descho verließ die kriminaltechnische Abteilung, wo ihn der Anruf des Majors erreicht hatte. Von seinem Büro aus organisierte er ein Begleitkommando. Offiziell wollte man Emberger zwar bloß zu einem weiteren Gespräch ins Landeskriminalamt bitten. Würde sich dieser jedoch weigern, musste eine vorläufige Festnahme durchgeführt werden. Wie Emberger darauf reagieren würde, war nicht abzusehen. Jedenfalls sollte die Möglichkeit berücksichtigt werden, dass Emberger ein Mörder war. Vielleicht gar ein dreifacher. Und dass Embergers Vater einen Waffenschein besaß sowie diverse Gewehre und eine Pistole zu Hause verwahrte, durfte nicht unterschätzt werden. Man musste mit allem rechnen, das war Descho bewusst.
Zwanzig Minuten später brachen die vier Männer auf.
Descho war müde, er sehnte sich nach einem Bett und viel Schlaf. Doch die Mühe hatte sich bezahlt gemacht. Als er vor der Villa der Familie Emberger stand, konnte er es noch immer nicht ganz fassen. So unverhofft war er in den meistdiskutierten Kriminalfall Österreichs geraten und hatte möglicherweise den entscheidenden Schritt zur Aufklärung getan.
Erneut erschien die Haushälterin der Embergers an der Haustür, wie beim ersten Mal war sie von unterwürfiger Freundlichkeit.
Nein, leider sei Sebastian nicht im Hause, sagte sie. Und sie wisse auch nicht, wo er sich aufhalte. Schon vor mehreren Stunden sei er weggefahren.
»Könnten Sie ihn bitte anrufen?«, bat Descho die Frau. »Fragen Sie ihn einfach, wann er zurückkommt, damit … Na vielleicht fällt ihnen ja was ein. Also dass Sie in seinem Zimmer putzen müssen und ihn nicht stören wollen. Oder Sie sagen ihm einfach, dass Sie sich Sorgen machen und daher wissen wollen, wo er steckt. Geht das?«
Die Frau nickte nur. Ihren geweiteten Augen war jedoch Besorgnis anzusehen. Solch seltsame, mit Verstellung und Verschleierung verbundene Spiele mochte sie gar nicht. Allerdings war sie seit Kindertagen auf
Weitere Kostenlose Bücher