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Maedchenauge

Maedchenauge

Titel: Maedchenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian David
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Einwohnern. Zudem hatte Seiler den Journalisten zwei wesentliche Details vorenthalten. Mit ausgestochenen Augen und einem verklebten Kopf konnten somit die Phantasien des Publikums nicht angeheizt werden.
    Der Mord hatte lediglich als weiterer Beleg für die Behauptung gedient, Wien würde immer unsicherer werden. Zumal Clip24 sich entsprechend hervorgetan hatte. Wobei man es damals noch nicht gewagt hatte, Vizebürgermeisterin Lohner direkt zu kritisieren.
    Mit dem zweiten Mord hingegen hatten die Spekulationen und Warnungen eingesetzt.
    Lisa Back, drei Monate jünger als Sabine Foltinek, war auf ähnliche Weise ermordet worden. Samt ausgestochenen Augen und Klebeband um den Schädel.
    Noch weitere Parallelen hatten die Ermittler notiert. Wieder war das Opfer Studentin, wieder aus einem Bundesland, nämlich Oberösterreich, nach Wien übersiedelt, wieder im Bereich der Eingangstür zu ihrer Mietwohnung niedergestochen worden.
    Auch Lisa Back hatte allein gelebt, in der Millergasse, im bürgerlichen sechsten Bezirk. Ein Altbau mit einem engen, kleinen Hof. Rund dreißig Einstiche im Bereich von Hals und Oberkörper hatte Gerichtsmediziner Dalik konstatiert. Die Leiche war vom Täter sitzend auf einer Couch drapiert worden. Die Fenster waren geöffnet worden, später waren die Fliegen gekommen. Auch in jener Mainacht war es warm gewesen.
    Dalik zufolge war der Mord zwischen drei und vier Uhr nachts ausgeführt worden, in den frühen Morgenstunden des dreißigsten Mai. Etwa acht Stunden später hatte eine junge Frau entsetzt die Polizei alarmiert. Mit Lisa Back war sie zum gemeinsamen Lernen verabredet gewesen. Stattdessen hatte sie die mit eingetrockneten Blutspritzern übersäte Tür vorgefunden.
    Eine Viertelstunde später waren die ersten Polizisten am Tatort eingetroffen und hatten Mordalarm ausgelöst. Belonoz war gegen dreizehn Uhr gekommen.
    Erneut hatten die Ermittlungen keine konkreten Ergebnisse gezeitigt. Nicht der Hauch eines Verdachts hatte sich gegen irgendjemanden ergeben.
    So war die Ahnung aufgekommen, es mit einem Serientäter zu tun zu haben. Als Erster hatte Belonoz diese Variante in den Raum gestellt, Seiler war ihm beigesprungen.
    Und sämtliche Resultate der Tatortgruppe wie der forensischen Untersuchung hatten die These erhärtet.
    Dagegen hatte Vizebürgermeisterin Lohner von bedauerlichen Einzelfällen gesprochen. Von einem möglichen Trittbrettfahrer. Alles sehr traurig, aber nichts, was die breite Bevölkerung beunruhigen sollte. Eindringlich hatte sie die Opposition gewarnt, aus dem Leid der Opfer politisches Kapital zu schlagen.
    Lily stand vom Schreibtisch auf und streckte die Glieder. Sie schenkte sich ein Glas Mineralwasser ein und trank es rasch. Danach noch eines. Die Lektüre der Akten war deprimierend.
    Weil sie um den Tod junger Frauen kreisten. Und keine Hoffnung versprachen.
    Der Täter konnte dem Treiben der Behörden aus sicherer Entfernung zuschauen. Und alles genießen.
    Es schien, als müsste man auf einen rettenden Zufall warten, der den Schuldigen überführen würde.
    Jetzt gab es Sebastian Emberger, den sein Verhalten verdächtig gemacht hatte. Allerdings war er tot und würde nie mehr Fragen beantworten können. Immerhin gestaltete sich die Ermittlungsarbeit leichter, wenn sie eine bestimmte Person betraf. Gegen einen sich geschickt verbergenden Einzelgänger hatte man kaum Chancen.
    Falls sich Emberger nicht als Täter entpuppte, ging die Jagd im Dunkeln weiter. Und es würde weitere Opfer geben.
    Lily dachte über die Parallelen zwischen den Opfern nach. Allein in ihren Wohnungen lebende Mädchen. Studentinnen. Mindestens drei von ihnen nicht aus Wien stammend, bei Selma Jordis stand das noch nicht fest.
    Weshalb sollte der Täter gerade solche Mädchen auswählen? Woher hatte er die nötigen Informationen?
    Und wie waren die Unterschiede zwischen den ersten beiden Morden und den neuesten zwei zu erklären? Was hatte den Täter zu einer veränderten Vorgangsweise bewogen? Warum hatte Magdalena Karner noch gelebt, als ihr die Augen ausgestochen und der Kopf verklebt worden waren? Wieso war darauf im Fall Jordis verzichtet worden? Weshalb hatte der Täter nicht zwei Wochen bis zum nächsten Mord verstreichen lassen?
    Lily fühlte sich an den Mathematikunterricht in der Schule erinnert. Es war wie bei der Mengenlehre. Es gab verschiedene Elemente. Auf einige trafen bestimmte Eigenschaften zu, auf andere nicht. Nur wenige Merkmale galten für alle Elemente. Die

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