Maedchenauge
…«
»Wann soll das gewesen sein?«
»Um dreiundzwanzig Uhr zweiundfünfzig ist die Verbindung zwischen Embergers Handy, das im Auto lag, und dem nächsten Sender abgebrochen.«
»Das Handy ist zerstört worden?«
»Der Wagen ist teilweise ausgebrannt.«
»Was weiß der Mobilfunkbetreiber?«
»Emberger war in dieser Nacht nicht nur im Umkreis von Wien, sondern auch in Wien selbst. Das heißt, sein Handy natürlich. Aber es ist kaum vorstellbar, dass er es jemand anderem überlassen hat.«
»Eher nicht, aber man darf nichts ausschließen. Nehmen wir für den Moment an, dass er tatsächlich in Wien war. Wo genau?«
»Zum Beispiel im Zentrum.«
»Eventuell in der Nähe der Breiten Gasse?«
»Im Bereich des dortigen Senders.«
»Das steht fest?«
»Ja. Wobei ein solcher Sender schon …«
»Zurück zum Unfall.«
»Gut«, sagte Steffek leise und räusperte sich. »Bremsspuren hat es nicht gegeben. Emberger ist offenbar direkt und ohne die Geschwindigkeit zu verringern gegen einen Betonpfeiler gerast. Danach hat sich das Fahrzeug mehrmals überschlagen. Durch Funkenflug ist der Motor explodiert.«
Lilys Augen wurden schmal. »Das geschieht eigentlich eher selten, oder irre ich mich?«
»Das stimmt, Frau Doktor«, mischte sich Belonoz ein. »Nicht so häufig wie in Actionfilmen. Aber wenn man Pech hat … Das wissen die ganzen Freizeitraser natürlich nicht. Die sitzen in ihren technisch aufgemotzten Karossen und glauben, dass sie Niki Lauda sind. Und nicht einmal der war unverwundbar.«
Lily nickte nachdenklich. »Selbstmord oder Unfall, Herr Steffek?«
»Schwer zu sagen. Oft gibt es scheinbar normale Unfälle, die in Wahrheit Selbstmorde oder Selbstmordversuche waren. Das eine oder das andere nachzuweisen, ist meist schwierig.«
»Irgendwelche interessanten Spuren?«
»Einige.«
»Im Wrack?«
»Genau.«
»Machen Sie’s bitte nicht so spannend, Herr Steffek«, sagte Lily ungeduldig.
»Entschuldigung. Unsere Leute haben Spuren von verbranntem Leder festgestellt.«
»Na bitte, das ist doch was«, sagte Belonoz und streckte sich gähnend.
Steffek blickte zögerlich von Lily zu Belonoz und wieder zurück. »Leider dürften diese Spuren von den Schuhen des Toten stammen. Er hat schwarze Lederslipper getragen. Dazu schwarze Jeans mit einem Ledergürtel und ein weißes Polo-Hemd. Einen Motorradhelm oder Reste davon haben wir nicht gefunden. Auch kein Messer oder dergleichen.«
Mit beiden Händen strich Lily ihre Haare straff zurück. »Falls Emberger der Mörder war, müsste er die Utensilien zurückgelassen haben. Wird danach gesucht?«
»Meter für Meter im Umkreis der Breiten Gasse. Außerdem wird uns die Müllabfuhr umgehend informieren, falls irgendwo schwarze Lederbekleidung oder ein Motorradhelm gefunden werden. Den Zusammenhang mit den Mordfällen haben wir natürlich nicht erwähnt.«
»Na gut, wenn wir Pech haben, stellt dort jemand die richtigen Zusammenhänge her und … Aber egal. Jetzt zum Fall Jordis, bitte.«
Belonoz wies mit ausgestrecktem Arm in Richtung Kovacs und Metka. »Los geht’s.«
»Das Wichtigste wäre«, sagte Marlene Metka, die ihren Kopf mit der Hand abstützte und sichtlich müde war, »dass sich die Hinweise auf diesen Freund oder Bekannten verdichtet haben.«
»Auf den hübschen Dunkelhaarigen?«, fragte Lily hoffnungsfroh.
»Das ist die gute Nachricht. Wir haben uns unter den Leuten umgehört, die mit Selma Jordis studiert haben. Ein paar haben sie in seiner Begleitung gesehen. Anhand der Zeugenaussagen könnte man ein Phantombild erstellen.«
»Moment, Frau Metka … wieso ein Phantombild?«
Metka setzte ein bitteres Lächeln auf. »Und das ist die schlechte Nachricht. Alle kennen ihn bestenfalls vom Sehen. Sie haben die beiden auf der Straße getroffen, in Lokalen, bei Partys. Nur, wie er heißt …«
Lily schüttelte genervt den Kopf. »Das darf doch nicht wahr sein.«
»Übrigens haben wir allen ein Foto von Sebastian Emberger gezeigt. Niemand hat ihn erkannt. Der scheidet also aus. Obwohl es rein äußerlich tatsächlich Ähnlichkeiten geben könnte.«
»Kann man den Zeugen vertrauen?«
»Durchaus, zum derzeitigen Stand. Einige haben ein paar Worte mit dem Unbekannten gewechselt. Aber nur Oberflächliches. Insgesamt hatten viele den Eindruck, dass Selma Jordis in letzter Zeit noch zurückhaltender war als üblich.«
»Wie hat sich das ausgedrückt?«
»Sie hat sich abgekapselt. Und sich immer schnell verabschiedet, wenn sie in seiner Begleitung
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