Maedchenauge
Ihre Strategie aufgeht.«
»Herr Major, die Österreicher lieben pointierte Aussagen. Man muss große Töne spucken, danach kann man den Kompromiss anstreben. Die Fotos in Clip24 waren ein Angriff. Wenn wir da nicht Paroli bieten, sind wir eine Lachnummer, die von niemandem mehr respektiert wird.«
Belonoz sah Lily mit unverhohlenem Interesse an. »Da könnten Sie recht haben. Aber überlegen Sie sich etwas für Lenz. Wie ich ihn kenne, wird er sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen. Um sich aufzuplustern.«
»Mich abzusetzen wird er sich nicht trauen. Damit würde er einen Fehler eingestehen. Und die Justizministerin spricht sich so gerne für die Stärkung von Frauen im Justizapparat aus. Auch sie wird nichts unternehmen. Herr Major, ich bin zum Bleiben geradezu verdammt. Und weil die Dinge so liegen, tue ich die Arbeit auf meine Weise.«
Belonoz lächelte kurz. Innerlich war er immer wieder überrascht von der Stärke und dem strategischen Denken der Frau, die ihm da gegenübersaß. »Warum haben Sie davon gesprochen, dass wir dem Täter auf der Spur sind und …«
»Der Mörder hat ein Spiel begonnen. Er hat geglaubt, alle Trümpfe in der Hand zu halten. Den Spaß habe ich ihm jetzt verdorben.«
»Und Sie haben ein gutes Blatt?«
»Weiß ich nicht. Aber wer pokern will, muss bluffen, Herr Major.«
*
Seine Stirn glänzte. Auf dem Hemd zeichneten sich Schweißflecken ab. Berti Stotz war aufgeregt. Seine Stimme dröhnte. Ausgiebig gestikulierte er mit Armen und Händen. Auf seinem Stuhl hielt er es schon längst nicht mehr aus. Manisch streifte er durch den Raum. Das alles war sichtlich anstrengend für ihn. Er atmete schwer. Zugleich gab er sich den Anschein von Amüsiertheit.
»Ist die Frau jetzt total gestört?«, fragte er.
Im Fernsehen hatte er die Übertragung der Pressekonferenz verfolgt. Michael Schegula war auch da. Und Marina Lohner.
»Frau Doktor Horn müssen wir gar nicht mehr demontieren«, sagte Stotz. »Das macht die im Alleingang. Pressefreiheit als Erfindung eines Idioten? Mehr braucht sie nicht. Das wird bei den Journalisten schlecht ankommen.«
Schegula schüttelte zaghaft den Kopf. »Eigentlich hat sie das so nicht gesagt. Sondern sie hat …«
»Michael, du bist zu intellektuell. So haben es die Leute verstanden. Und sie legt sich mit Clip24 an. Das reinste Harakiri.«
»Andererseits hat sie behauptet, dass sie dem Täter auf der Spur ist. Wenn sie den Fall löst, ist sie eine Heldin. Da kann sie sich einen Konflikt mit Clip24 locker leisten. Die werden es nicht wagen, sie zu kritisieren.«
»Das glaubst du, Michael? Mir hat man anderes berichtet … aber wurscht. Die soll nur so weitermachen. Es war eine gute Entscheidung, sie auf diesen Posten zu hieven. Das lenkt von uns ab. Das Versagen wird man der Justiz in die Schuhe schieben. Und wir gewinnen die nächste Wahl.«
»Die Justizministerin würde das so nicht hören wollen.«
»Geht mich einen Dreck an. Das Beste ist übrigens, dass Pratorama mittlerweile nur unter ferner liefen rangiert. Oder was sagst du dazu, Marina? Mir gefallen deine neuen Beliebtheitswerte.«
Marina Lohner lächelte und nickte zustimmend.
In ihrem Kopf sah es anders aus. Sie misstraute Stotz mehr denn je. Mit Menschen sprang der Bürgermeister um wie mit Schachfiguren. Er war und blieb ein Machtmensch, skrupellos in seinen Methoden. Ein Egoist, der erkannt hatte, dass Menschen seines Schlages in der Politik ein ideales Betätigungsfeld geboten wurde.
Zugleich misstraute sie Lily Horn. Sie überlegte, inwieweit Stotz wirklich auf das Scheitern der Staatsanwältin setzte. Auch dies konnte bloß ein Täuschungsmanöver sein.
Sie saß hier bei ihm, weil er sie wieder brauchte. Und sie hatte ihm Folge geleistet, damit er nicht misstrauisch wurde. Stotz mochte keine Frauen, die seinen Plänen im Weg standen. Weder seine Vizebürgermeisterin konnte er ausstehen noch diese Staatsanwältin.
Aber die Uhr tickte. Bald würde der König fallen. Auf diesen Moment war Marina Lohner vorbereitet.
Nun musste sie abwarten.
*
Ein Mensch hatte die Live-Übertragung der Pressekonferenz im Fernsehen gesehen.
Und wunderte sich zunächst.
Später war er erzürnt.
Die Aussagen, die gefallen waren. Das stimmte doch alles nicht. Das musste man sofort korrigieren. Man hätte dazwischenbrüllen mögen ob all der Dummheiten, die da aufgetischt worden waren.
Ein Irrweg musste verhindert werden. Ihm gehörte das Kostüm aus Leder. Deshalb hatte er das Recht, sein
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