Maedchenauge
Werk zu gestalten, wie es ihm beliebte.
Die Staatsanwältin hatte zu größten Hoffnungen Anlass gegeben. Daher war die Enttäuschung umso herber ausgefallen.
Sie war doch nur eine weitere blöde Frau. Eine, die nichts kapierte. Die alles mit allem verwechselte und stur auf dem Holzweg dahinspazierte.
Sofort und mit allen Mitteln musste diese Person korrigiert werden.
Das heilige Werk durfte nicht zerstört werden.
Man musste ihr die Wahrheit beibringen.
Damit es ihr wie Schuppen von den Augen fiel.
17
Belonoz war so skeptisch, dass er schon hämisch grinste.
»So sollen die beiden ausgesehen haben?«
Er musterte die Phantombilder von Tom und Nicole , die eine Zeichnerin angefertigt und mithilfe des Computers überarbeitet hatte. Das digitale Ergebnis hatte die Qualität von Passbildern.
Während Tom geradezu das Idealbildnis eines prototypisch schönen Jünglings darstellte, erinnerte Nicole an eine wilde Groupie-Blondine aus den 1980er Jahren.
Kovacs versuchte sich an einer Rechtfertigung der Werke. »Sie sind nach übereinstimmenden Zeugenaussagen angefertigt worden. Den Vorbildern sollen sie sehr nahekommen.«
»Waren die Zeugen männlich und weiblich gemischt?«
»Das waren überwiegend Frauen, glaube ich.«
»Also deswegen schaut er so gut aus, und sie kommt relativ schlecht weg.«
»Aber wenn sie wirklich so ausgesehen haben?«
Belonoz lachte sarkastisch. »Na sicher. Der Schöne und das blonde Biest. Wie im richtigen Leben.«
»Wir müssen uns halt auf die Angaben stützen, die wir haben. Besseres liegt nicht vor. Vielleicht helfen uns die Bilder weiter.«
»Solange das nicht eine Verhaftungswelle unter männlichen, dunkelhaarigen Models provoziert. Weil jede zweite Frau schwört, diesen jungen Mann schon einmal gesehen zu haben.«
»Wer bekommt die Bilder?«
»An die Zeitungen geben wir sie noch nicht. Ich habe keine Lust, dass die beiden sich frühzeitig aus dem Staub machen. Schick die Bilder an die Landespolizeidirektionen. Wer weiß, wo die beiden herkommen. Ich möchte, dass alle österreichischen Polizeiinspektionen damit versorgt werden. Und mail sie auch sofort der Horn, kapiert?«
»Sicher, mach ich gleich.«
»Die Computerrecherche nach den beiden Vornamen hat etwas ergeben?«
»Noch nichts, aber wir arbeiten dran.«
Es klopfte. Nika Bardel betrat das Büro des Majors. Sie war offensichtlich in aufgekratzter Stimmung.
»Da gibt es etwas über … Sind das die Phantombilder? Interessant.«
Geradezu fasziniert begutachtete sie die Zeichnungen. Schließlich schien es, als hätte sie einen Einfall.
»Ich weiß nicht genau, aber … ich könnte schwören … den Burschen kenne ich. Wirklich. Der kommt mir sehr bekannt vor.«
Triumphal grinsend wandte sich Belonoz an Kovacs.
»Na, hab ich’s dir nicht gesagt?«
*
Er klopfte an und stand in ihrem Büro, bevor sie noch richtig reagieren konnte.
»Erstaunlicher Auftritt, Lily«, sagte Oliver Seiler breit grinsend.
Lily saß am Schreibtisch. Die Akten lagen ausgebreitet vor ihr, daneben stand eine längst erkaltete Tasse grünen Tees. Sie bereitete sich gerade auf das Gespräch mit den Eltern von Magdalena Karner und Selma Jordis vor. »Am liebsten hätte ich gar keine Pressekonferenz veranstaltet, aber irgendwie musste es sein.«
»Dein Satz über die Pressefreiheit der Idioten wird in die Geschichte der Wiener Staatsanwaltschaft eingehen, Lily. Darauf wette ich.«
»Ich habe es nicht darauf angelegt, das kannst du mir glauben.«
Belonoz gegenüber hatte sie vorgegeben, sich gezielt so ausgedrückt zu haben. Tatsächlich hatte ihr Zorn nach einem Ventil gesucht. Ihr Ärger über die Veröffentlichung der Bilder war durch die überhebliche Pose der Journalistin noch angeheizt worden. Ausgerechnet Gaby Koch hatte sich als selbsternannte moralische Instanz und Hüterin der Pressefreiheit aufgespielt.
»Du hast dich gut geschlagen. Einfach ist das nicht. Man steht einem Pulk von Medienleuten gegenüber, wird von Blitzlichtern und Scheinwerfern angestrahlt, die sämtliche Poren ausleuchten. Jeder Schreiberling möchte dir eine besonders pointierte Frage stellen. Möglichst eine, die dich ins Schwitzen bringt. Und trotzdem musst du ruhig und professionell bleiben.«
»Ich habe mir Mühe gegeben. Schauen wir, wie Lenz reagiert.«
»Lenz ist in diesem Fall völlig unwichtig … Hauptsache, der Mörder fürchtet sich vor dir.«
»Besser als umgekehrt.«
»Also seid ihr ihm wirklich auf der Spur?«
»Ich glaube schon. Das
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