Maedchenfaenger #4
Feuer, während er draußen vor der Einfahrt saß und auf Verstärkung wartete - das konnte kein Zufall sein. Feiding war hier. Irgendwo. Oder sein Parmer. Auch wenn es für Bobby sicherer gewesen wäre, seine Position nicht zu verraten - falls die Mädchen hier irgendwo im Haus eingeschlossen oder versteckt waren und falls sie noch am Leben waren, würde er sie am schnellsten finden, wenn sie nach ihm riefen. Doch dafür müssten sie wissen, dass er da war.
«Polizei!», rief er und stolperte fast über die hohen Zeitungsstapel und Kisten mit Sperrmüll auf dem dunklen Flur, der zur Treppe führte. Die Sonne war fast untergegangen, von der Straße kam kein Licht, und der giftige graue Rauch füllte rasch das Haus. «Hier ist die Polizei! Melden Sie sich, wenn Sie mich hören! Polizei!» Ein altes viktorianisches Holzhaus würde wie Zunder brennen. Bobby wusste, es dauerte nicht lange, bis das ganze Gebäude hochging. Vielleicht gelang es ihm, zum Feuer vorzudringen und es unter Kontrolle zu bringen. Zeit schinden, bis die Feuerwehr endlich da war - wer weiß, von wo aus sie anrückten. Er spurtete die Treppe hinauf.
Offensichtlich befand sich der Brandherd im vorderen Schlafzimmer im ersten Stock, das jetzt lichterloh in Flammen stand. Falls jemand dort drin gewesen war, war von ihm oder ihr nicht mehr viel übrig. Die Tür stand offen, und das Feuer breitete sich schnell im Flur aus. Die rosa geblümten Vorhänge, die das große Fenster einrahmten, standen auf einer Seite bereits in Flammen, und das Feuer leckte an den Wänden. Wenn die Decke im Treppenhaus erst brannte, würden die Flammen über den alten Putz rollen wie eine La-Ola-Welle im Baseballstadion. Er konnte nichts mehr tun. Sobald sich das Feuer in die Wände fraß, würde es zum Dachboden hinaufschießen, und dann wäre alles in wenigen Minuten vorbei. Er hatte nicht viel Zeit.
«Polizei!», rief er wieder. Auf dem oberen Flur waren drei weitere Türen, alle geschlossen. Dichter Rauch, man konnte kaum einen Meter weit sehen. Bobby ließ sich auf alle viere nieder und kroch zur ersten geschlossenen Tür. Hinter sich im Schlafzimmer hörte er das Knirschen und Bersten von Glas, gefolgt von einem Sausen, als das Feuer den Sauerstoff begrüßte, der von draußen hereinströmte. Unterhalb des aufsteigenden Rauchs konnte er etwas mehr erkennen - zumindest sah er, wohin er kroch. Er musste das Risiko eingehen, dass hinter einer der Türen Feiding oder ein möglicher Partoer auf der Lauer lag; ihn mit einer Kalaschnikow und einem wahnsinnigen Grinsen erwartete. Er streckte die Hand nach oben, öffnete Tür Nummer eins und rollte sich ins Zimmer, um einer Kugel auszuweichen, falls nötig.
Kein Feiding. Keine tödliche Kohorte im Hinterhalt. Doch das Zimmer sah aus wie die Kulisse eines Horrorfilms. Selbst im dichten Rauch konnte er die langen Ketten erkennen, die wie Kronleuchter von der Decke hingen. Eiserne Handschellen waren an den Bettpfosten befestigt. Dies war entweder eine Folterkammer oder das Spielzimmer eines Masochisten. Er sah sich um - keine Toten, keine Überlebenden.
Auf allen vieren kroch er zurück in den Flur und dann hinüber zu Tür Nummer zwei. Wieder betete er, während er den Knauf drehte, dass ihn auf der anderen Seite nicht der Falsche begrüßte. Wieder fand er die makabren Gerätschaften an der Decke, außerdem einen mittelalterlich aussehenden Hochstuhl mit Metallklammern an der Kopfstütze und mit Nieten versehenen Handschellen, um die Arme zu fixieren. Keine Mörder. Keine Leichen.
Das dritte Zimmer war vollkommen leer.
«Polizei!», rief er, als er zurück auf den Flur und zur Treppe kroch. «Melden Sie sich, wenn Sie mich hören!»
Und genau wie im Film eines erfahrenen Regisseurs bekam Bobby diesmal prompt eine Antwort - das ohrenbetäubende, unverwechselbare Krachen einer Flinte.
85
Wo war dieser Schuss hergekommen? Wo zum Teufel steckte der Kerl? Hatte er auf ihn gezielt?
Bobby drehte sich in alle Richtungen. Doch im dichten Rauch verlor er das Gleichgewicht und strauchelte, stolperte die Treppe hinunter in die Eingangshalle. Er fasste sich schnell wieder, die Glock immer noch fest in der schmerzenden Hand. Blinzelnd spähte er in den Rauch, der nun auch im Erdgeschoss dichter wurde, und versuchte, sich nach allen Richtungen gleichzeitig umzusehen.
Wo zum Teufel war er?
Bobby hatte keine Zeit, sich eine Strategie zu überlegen. Keine Zeit für seine eigene Sicherheit. Sobald
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