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Maedchenfaenger #4

Titel: Maedchenfaenger #4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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dicker, giftig riechender Rauch, wie an Ostern, als ihr Bruder einen Topflappen angezündet hatte. Der Geruch war nicht übermäßig stark, doch er war eindeutig.
    Sie betastete die Binde vor ihren Augen. Was sollte sie tun? Was, wenn es wirklich die Polizei war, und sie war zu feige, sich bemerkbar zu machen?
    Im Kopf hörte sie Katys Stimme. Ihre Worte waren so klar und deutlich wie an dem Tag, als sie sie ausgesprochen hatte, vor Monaten oder Wochen oder Tagen.
    Vielleicht kommt jemand, um uns zu retten! Wenn wir uns nicht be­merkbar machen, geht er wieder, und sie finden uns nie. Schrei! Schrei mit mir, Lainey, damit sie uns hören! Wir sind irgendwo unter der Erde, und sie finden uns nicht, wenn wir nicht schreien!
    Lainey riss an dem dicken Klebeband. Panik breitete sich in ihr aus. Was, wenn der Rauch ein schlechtes Zeichen war? Was, wenn es brannte? Verbrennen wäre schlimmer als Verhungern ...
    Sie kroch zur Tür und drückte die Hand dagegen, um zu se­hen, ob sie heiß war, wie der Feuerwehrmann erklärt hatte, der in der fünften Klasse ihre Schule besucht hatte. Die Tür war nicht warm. Aber der Rauchgeruch war unverkennbar. Sie legte den Kopf auf den Boden, an den Schlitz unter der Tür, und atmete ein.
    Es kam eindeutig von draußen. Schrei! Schrei mit mir, Lainey!
    «Ich bin hier», rief Lainey ungefähr halb so laut, wie sie ge­konnt hätte. Sie hielt die Luft an, um zu lauschen, ob sie hinter der Tür den Teufel atmen hörte. Ob sie hörte, wie er sich über seinen Streich ins Fäustchen lachte. Sie machte sich darauf gefasst, dass die Tür aufging.
    Doch es passierte nichts. Und sie hörte weder Schnauben noch Atmen.
    Schrei! Schrei mit mir, Lainey, damit sie uns hören! Sonst finden sie uns nie!
    Das Schlimmste, was man tun konnte, war, etwas halbherzig zu tun. Entweder wurde sie ohnehin erwischt und bestraft, oder sie wurde nie gefunden. «Du kannst nicht schwimmen, ohne nass zu werden», hatte ihre Großmutter immer gesagt. «Spring rein und mach es richtig.»
    «Ich bin hier! Hilfe!», schrie sie, so laut sie konnte. Lauter, als sie je geschrien hatte. «Ich bin hier unten! Ich bin hier!»
    Wenn wir nicht schreien, gehen sie wieder und finden uns nie!
    «Ich bin hier! Hilfe!», schrie sie wieder, und diesmal trommel­te sie mit den Fäusten gegen die Tür, so fest sie konnte.
    Dann flog die Tür auf, und sie stolperte hinaus in die Dun­kelheit.

 

87
     
    Sie landete mit dem Gesicht auf dem Lehmboden. Instinktiv roll­te sie sich zusammen und hielt sich schützend die Hände vors Gesicht, während sie darauf gefasst war, dass der Teufel zu ki­chern anfing. Oder zu flüstern. Oder irgendetwas Schreckliches zu tun. Doch nichts passierte. Überhaupt nichts.
    Da war kein Teufel. Aber auch kein Polizist. Keine Rettungs­mannschaft. Es war niemand da. Die Tür war einfach aufgeflo­gen, als sie dagegengehämmert hatte. Entweder hatte jemand aufgeschlossen, oder die Tür hatte nachgegeben. Oder Katy - wo immer sie jetzt war - hatte ihr geholfen und ihr eine Botschaft geschickt. Bei dem letzten Gedanken lächelte sie.
    Der Rauchgeruch war inzwischen ziemlich stark. Sie musste hier raus. Das sagte ihr Instinkt. Und sie würde es nicht schaffen, wenn sie nicht sah, wo sie hinlief. Entschlossen riss sie sich die Klebebänder und die Plastikscheiben vom Gesicht, die er, genau wie Katy gewarnt hatte, nach ihrem letzten Ungehorsam mit Sekundenkleber an ihren Lidern befestigt hatte. Sie spürte, wie die zarte Haut um ihre Augen und Lider mit abriss. Es tat weh, schlimmer als das schlimmste Pflaster. Doch sie hatte keine Zeit zu weinen. Wenn sie hier nicht herauskam, waren blutige Lider das geringste ihrer Probleme.
    Vorsichtig öffnete sie die Augen, langsam und blinzelnd wie ein Welpe. Mit den Fingern tastete sie ihr Gesicht ab. Die Li­der waren noch dran. Das war gut. Und auch wenn sie nur vage Schatten sehen konnte, funktionierten ihre Augen noch. Auch das war gut, sehr gut.
    «Polizei! Hier ist die Polizei!»
    Die Stimme war wieder da. Und sie klang, als wäre sie genau über ihr.
    «Elaine Emerson? Lainey?»
    «Ich bin hier! Ich bin es, Lainey!» Tränen liefen ihr über die Wangen. Ihre Schreie waren nur noch raue Schluchzer.
    «Katy! Katy, bist du da?»
    Katy! Er suchte auch nach Katy!
    «Ist da jemand? Kann mich jemand hören? Hallo?»
    Sie wischte sich das Gesicht ab und holte tief Luft. Vermurks es jetzt bloß nicht, Lainey. «Ich bin hier! Ich höre Sie! Ich bin hier unten!», rief sie.

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