Maedchenfaenger #4
morgens mit ein paar Jungs von den Latin Kings herumhing.» NCIC stand für National Crime Information Center, das nationale Informationssystem der Polizei.
«Keine gute Gesellschaft», bemerkte Bobby und trat mit der Schuhspitze gegen den Bürgersteig. Der Rasen war seit Wochen nicht gemäht worden. Der Rand des Grundstücks noch länger nicht. «Wer ist bei ihr drin?»
«Die GIU von Coral Springs kam gestern Nacht, als die Mutter sich endlich durchgerungen hatte anzurufen.» GIU stand für General Investigation Unit, eine Art allgemeine Ermittlungseinheit. «Bill Dagher und Troy Bigley. Kennst du sie?»
Bobby schüttelte den Kopf. Er kannte fast jeden Cop in Südflorida, der für Crimes Against Children oder Special Victims arbeitete. Die Tatsache, dass er beide Namen noch nie gehört hatte, sagte ausreichend viel über sie aus.
«Sie halten die Kleine für eine Ausreißerin. Der Chief von Coral Springs hat Trenton heute Morgen angerufen, damit wir die Sache durchwinken. Du weißt schon, nach der Scheiße mit der kleinen Jarvis im letzten Jahr wird in der Stadt am liebsten RDA gespielt.»
«Rette deinen Arsch» - jeder wollte sich absichern, keiner Verantwortung übernehmen. Bobby nickte. Normalerweise wurde das FDLE bei vermissten Kindern nur dann eingeschaltet, wenn es Grund zu der Annahme gab, dass ihr Leib und Leben in Gefahr waren - will sagen in Entführungsfällen -, nicht bei Ausreißern.
Bei fünfzigtausend Kindern, die sich allein in Florida jedes Jahr aus dem Staub machten, gab es einfach nicht genug Beamte, die nachjedem Teenager suchen konnten, der nicht gefunden werden wollte. Die örtliche Polizei kümmerte sich gewöhnlich selbst um ihre Fälle und rief das FDLE und das Clearinghouse nur dazu, wenn es um Entführungen, gefährdete Personen oder Ausnahmefälle ging. Doch dann war es zu dem Jarvis-Debakel gekommen.
Makala Jarvis war fünfzehn, als ihre Großmutter sie beim Coral Springs Police Department erstmals als vermisst meldete. Zwei Tage später rief die Mutter bei der Dienststelle an und behauptete, Makala sei wieder zu Hause. Die Akte wurde ohne Überprüfung geschlossen und Makalas Name von der Vermisstenliste des NCIC gestrichen, obwohl die Großmutter darauf beharrte, Makala sei nicht nach Hause gekommen. Es dauerte zwei Jahre, bis endlich ein Beamter der alten Frau zuhörte und Makalas Namen wieder ins NCIC setze. Einen Monat später wurden die Knochenreste einer jungen weiblichen Unbekannten identifiziert, die achtzehn Monate zuvor in einem Koffer auf dem St. John's River gefunden worden war. Makala Jarvis war durch stumpfe Gewalteinwirkung auf den Schädel gestorben. Die anschließende Ermittlung förderte zu Tage, dass Makala, zwei Wochen bevor ihre Großmutter sie erstmals als vermisst meldete, in einem Prozess wegen häuslicher Gewalt gegen den Freund ihrer Mutter hatte aussagen sollen. Im Fall einer Verurteilung hätte der Freund gegen Bewährungsauflagen verstoßen und wäre für zwanzig Jahre ins Florida State Prison gewandert. Makalas Mutter wollte ihren Ernährer nicht verlieren, und da die Cops nicht nach Leuten suchten, die nicht vermisst wurden, stand Makalas Name, als ihre Leiche aus dem Fluss gefischt wurde, nicht einmal mehr auf der Liste möglicher Opfer. Und so lagen ihre Gebeine fast zwei Jahre lang unidentifiziert in einem schwarzen Sack im Regal des gerichtsmedizinischen Instituts in Duval County.
Der Fall Jarvis schlug ungeheure Wellen. Der verantwortliche Ermittler des Coral Springs Police Department wurde gefeuert, praktisch die ganze General Investigations Unit wurde zum Streifendienst verdonnert und das gesamte Department von der Presse durch die Mangel gedreht. Und in allen Departments gab es eine neue Devise: Rette deinen Arsch. Ohne diese neue Devise hätte Bobby den Namen Elaine Emerson höchstwahrscheinlich nie gehört. «Durchwinken» hieß also nichts anderes als: «Wir haben schon ermittelt, ihr müsst nur noch den Bericht abzeichnen.»
«Wo war der Stiefvater am Freitag?», fragte Bobby.
«Mit den Jungs unterwegs. Oder den Mädels. Die Mrs. sagt, er wäre gegen drei zu Hause eingetorkelt. Wobei Torkeln mein Wort ist. Aus persönlicher Erfahrung glaube ich, dass die meisten Leute torkeln, wenn sie morgens um drei Uhr nach Hause kommen.»
«Hat schon jemand mit ihm gesprochen?»
«Noch nicht. Er ist gestern Abend spät gekommen und heute früh wieder aufgebrochen. Bei der Scheiße, die Stieftochter Numero uno so
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