Maedchenfaenger #4
produziert, erwartet er wahrscheinlich von der nächsten das Gleiche und denkt sich: Nichts wie raus hier.»
«Der faule Apfel ...», murmelte Bobby.
«Verdirbt das ganze verdammte Fass.» Zo klappte das Notizbuch zu.
Bobby ließ den Blick über den ungepflegten Rasen schweifen, die übervolle Mülltonne, das Haus, das dringend gestrichen gehörte. Sah nicht so aus, als würde Todd LaManna viel Zeit zu Hause verbringen. «Dein Schützling Veso ist spät dran, Boss», sagte er mit einem Blick auf die Uhr. «Schätze, was er hier verpasst, muss er später beim Briefing nachholen.» Er ging den Zementweg hinauf. «Der Morgen läuft uns davon, und ich will rausfinden, wo zum Teufel die Kleine abgeblieben ist.»
13
«Ich glaube, sie heißt Karen oder Carla.» Debra LaManna saß auf einem malvenfarbenen Anbausofa und griff nach der nächsten Zigarette, obwohl die letzte noch auf dem Polster neben ihr im Aschenbecher vor sich hin glühte. In dem bescheidenen, unordentlichen Wohnzimmer hing dünner blauer Dunst. «Sie wollte nur ins Kino, verdammt nochmal», setzte sie mit einem Augenrollen nach. «Tut mir leid, dass ich nicht dran gedacht habe, mir die Sozialversicherungsnummer des Mädchens zu notieren, mit dem sie gegangen ist.»
Bobby musterte die schmale Frau mit den knochigen, sommersprossigen Wangen und dem misstrauischen Blick, die vor ihm saß. Ihr dünnes glattes Haar war zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, der ihr über die Schulter hing und den sie abwesend streichelte, wie den Schwanz einer Katze. Sie sah müde und gestresst aus, doch für eine Mutter, deren Tochter seit fast zwei Tagen vermisst wurde, wirkte sie nicht besonders traurig. Keine rotgeränderten Augen, kein von Tränenströmen verschmiertes Make-up. Keine Panik oder Angst. Nur jede Menge Wut, die wie ein Kraftfeld von ihrem dünnen Körper ausstrahlte. Die Botschaft war klar: Die kleine Elaine würde was erleben, wenn es ihr irgendwann einfiel, wieder zu Hause aufzukreuzen.
«Manchmal ist es die eine Frage, die nicht gestellt wurde», antwortete Bobby und sah sich um. Bill Dagher, der Ermittler des Coral Springs PD, stand in der Küche und verschickte eine SMS.
Für die örtlichen Beamten war die Ermittlung gelaufen: Die Anzeige war aufgenommen worden, und Elaine Louise Emerson wurde als vermisster Teenager in die Datenbank des NCIC eingegeben. Die Kleine wollte nicht heimkommen, so einfach war das, und ein Blick auf die Mutter und die Vorgeschichte der Schwester vermittelte eine ziemlich gute Ahnung, warum. Es war Aufgabe eines Sozialarbeiters vom Jugendamt, geradezubiegen, wovor Elaine überhaupt ausriss. «Hat sie Ihnen gesagt, welches Fach sie zusammen hatten?», fragte Bobby. «Wo das Mädchen wohnt? Einen Nachnamen? Hat sie vielleicht das Kino erwähnt oder welchen Film sie sich ansehen wollten?»
Debbie blies ihm eine Rauchwolke ins Gesicht. «Nein, nein, nein und nein.»
Je mehr Fragen Debbie LaManna nicht beantworten konnte, desto mehr fühlte sie sich als schlechte Mutter kritisiert, und desto aggressiver wurde sie. Ganz und gar nicht die verzweifelte Reaktion, von wegen «Ich tue alles, damit Sie sie finden», die man erwarten könnte, doch wenn er in den zehn Jahren als Leiter des Crimes Against Children Squad eines gelernt hatte, dann, dass es keine «angemessene» Reaktion gab, wenn ein Kind verschwand. Er hatte gesehen, wie die perfekte Mutter im Fernsehen schluchzte und bettelte, man möge ihren Engel finden - und hatte Stunden später im Verhörraum demselben kaltherzigen Miststück die Handschellen anlegen müssen. Und er hatte das genaue Gegenteil erlebt - die kühle, angeblich herzlose Mutter, die nicht weinen konnte. Deren scheinbare Gleichgültigkeit für die Öffentlichkeit so verdächtig wirkte. Die ihre Gefühle mit aller Macht unter Kontrolle behalten musste, weil sie wie eine zerbrochene Vase nur noch vom Kleber zusammengehalten wurde, und entfernte man nur eine einzige Scherbe, würde alles zusammenbrechen und ließe sich nie wieder reparieren. Es gab keine Reaktion - oder deren Ausbleiben -, die bei solchen Ermittlungen «normal» war. Aber selbst wenn Bobby aus Debra LaMannas offener Feindseligkeit nicht unbedingt «niedere Beweggründe» herauslas, es war kein gutes Gefühl, die Eltern des Kindes, nach dem man suchte, nicht zu mögen. In diesem Fall zum Beispiel konnte er sich nur zu gut vorstellen, warum das Mädchen vielleicht ausgerissen war.
«Und keine von
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