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Maedchenfaenger #4

Titel: Maedchenfaenger #4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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nicht verges­sen - die dunkelblonde Schwester mit den smaragdgrünen Augen und dem leichten, melodischen Südstaatenakzent. Er konnte ihr Flüstern heute noch hören und sah die grellen Lichter der Not­aufnahme hinter ihrem Kopf vor sich wie einen Strahlenkranz.
    Officer Dees ...
    Dees ...
    Bobby, kommen Sie schon.
    Bleiben Sie bei uns, Bobby ...
    Nicht einschlafen ... hierbleiben ... bleiben Sie hier ...
    Als sie am Morgen seiner Entlassung in sein Zimmer kam, erkannte er sie sofort wieder. Sie hatte ein engelsgleiches Gesicht, das perfekt zu ihrem Namen passte, dachte er. LuAnn Briggs stand auf dem Namensschild ihrer Schwesterntracht. LuAnn - süß, sanft, südlich, unkompliziert, zart, lebhaft, verführerisch. Als sie sich an sein Krankenbett setzte und erklärte, dass sie in der Nacht, als er eingeliefert wurde, nicht einmal Dienst hatte, dass es erst ihr zweiter Tag in der Notaufnahme war, dass sie, während er im Koma lag, jede Nacht nach ihm gesehen hatte, wusste er, dass sich sein Leben für immer ändern würde. Drei Monate später machte er ihr einen Heiratsantrag. Noch im gleichen Jahr hei­rateten sie, zehn Tage vor Weihnachten. Im Dezember würden es achtzehn Jahre sein. Er vertrieb die alten Erinnerungen aus dem Kopf und stellte sich ans Waschbecken.
    «Du solltest mit Chet reden», sagte LuAnn und wedelte mit der Wimperntusche in seine Richtung. «Ich musste sowieso auf­stehen, aber du nicht. Das muss doch nicht sein, an einem Sonn­tagmorgen. Schon gar nicht bei deiner Schlaflosigkeit.»
    Er drückte ein Stück Zahnpasta auf die Bürste. «Helen hat gesagt, er ist Zwangsneurotiker.»
    «Das ist keine Entschuldigung.»
    Bobby nickte und starrte sein Spiegelbild an. Er sah grauenhaft aus. Im Bartschatten begannen die silbernen Stoppeln zu über­wiegen. Die Lachfältchen um seine blauen Augen waren zu stän­digen Gästen geworden - ob es etwas zu lachen gab oder nicht. Seit wann ließ ihn das Alter mehr verwahrlost als seriös aussehen? Wann war er vierzig geworden, vor ein paar Monaten erst? Mit täglichen fünf gejoggten Kilometern und zwei Einheiten pro Wo­che im Fitnessstudio hielt er sich die Pfunde vom Leib und den Stress in Schach, aber trotzdem war ihm der Kilometerstand all­mählich anzusehen. Alles nur eine Frage der Zeit. Die Tatsache, dass er nachts nicht mehr schlief, beschleunigte den Prozess. Im vergangenen Jahr war er um zehn Jahre gealtert.
    LuAnn ließ die Wimperntusche in ihr Make-up-Täschchen fallen und lehnte sich ans Waschbecken. Sie zog den Bademantel zu und verschränkte die Arme über der Brust. «Hast du einen Grund, dich so schick zu machen?»
    Selbst an den wenigen Sonntagen, an denen Bobby in die Kirche ging, trug er gewöhnlich Jeans und T-Shirt. Die gebügelte schwarze Hose, das weiße Hemd und die graue Seidenkrawatte, die jetzt lose um seinen Kragen hing, waren ein sicheres Indiz da­für, dass etwas passiert war. Niemand war gestorben, und es hei­ratete auch keiner - die Schlussfolgerung lag nahe, dass er einen Tatort zu besichtigen hatte. Er trocknete sich den Mund ab, griff nach dem Rasierschaum und drehte das heiße Wasser auf. Im Dampf beschlug die Scheibe. «Ich muss rein», sagte er leise.
    «Ich dachte, du hättest diese Woche frei», wandte sie ein.
    «Hatte ich auch. Aber jetzt muss ich doch rein.»
    Ausdruckslos beobachte sie ihn im Spiegel, und ihr Gesicht verschwamm im Dampf, während sie auf den Rest der Erklärung wartete, die sie nicht hören wollte.
    Er drehte sich zu ihr um. «Ein Mädchen», sagte er sanft. «Sie ist Freitag nach der Schule nicht nach Hause gekommen.»
    LuAnn schwieg. Sie starrte ihn einfach nur an. Durch ihn hin­durch. Wie es in kitschigen Liebesliedern hieß, hatte es einmal eine Zeit gegeben, als er sich in ihren smaragdgrünen Augen ver­lieren konnte. Als ihr Blick nur einen Wunsch in ihm entfachte: sie zu küssen. Doch als sie ihn jetzt anstarrte, waren ihre Augen kalt und leer. Der Abdeckstift konnte die dunklen Augenringe und die Krähenfüße, die der Stress um ihre Augenwinkel gegra­ben hatte, kaum kaschieren. In dem kleinen Bad standen sie kei­nen Meter voneinander entfernt, doch es war, als stünden Berge zwischen ihnen.
    «Sieht aus, als wäre sie ausgerissen.»
    «Oh», murmelte sie blinzelnd und ging an ihm vorbei ins Schlafzimmer.
    Er rasierte sich, während sie sich schweigend anzog. Als er aus dem Bad kam, saß sie auf der Bank am Fußende des Betts und schlüpfte in die Schuhe. Er knöpfte sich das Hemd zu

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