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Maedchenfaenger #4

Titel: Maedchenfaenger #4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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der Tod angenehmer schien als ein Leben in einem finsteren Kerker - wenn er nicht wiederkam und sie wirklich hier starb, wurde ihre Leiche möglicherweise nie gefunden. Würde ihre arme Mutter je erfahren, was aus ihr geworden war? Oder würden ihre Eltern noch jahrelang glauben, dass sie sich in Las Vegas, L.A. oder New York her­umtrieb? Würde sie hier unten wie eine Mumie vertrocknen, bis irgendein Dinosaurierjäger sie in ein oder zwei Jahrhun­derten ausbuddelte und sich fragte, warum zum Teufel sie hier beerdigt war?
    «Wie kommst du mit deinem Tunnel voran?», fragte Lainey. «Bin auf Stein gestoßen.»
    «Oh. Hast du aufgegeben?»
    «Nein, niemals.» Katy ballte die Fäuste. Sie spürte ihre wunden Fingerspitzen auf den Handflächen, die abgebrochenen Nägel, blutige Stümpfe. Es fühlte sich an, als hätten sie tagelang geblutet. «Ich grabe einfach außen herum. Wenn er nicht wiederkommt, ist das vielleicht unser einziger Weg. Wie läuft es bei dir?»
    «Ich habe aufgegeben. Meine Finger tun zu sehr weh.»
    «Lainey ...»
    «Ich will nach Hause, Katy. Ich will keinen Tunnel graben, durch den ich eh nicht durchpasse.»
    «Du musst positiv denken.»
    «Willst du nicht nach Hause, Katy?»
    Katy schloss die Augen. Sie redete nicht gerne von zu Hause. Es schmerzte zu sehr. «Doch. Deswegen grabe ich ja weiter. Sich nach Hause zu sehnen, ins eigene Bett, das holt uns nicht hier raus, Lainey. Hier kommt keine gute Fee vorbei, bei der du einen Wunsch frei hast, und die Hacken zusammenschlagen hilft auch nicht viel.» Sie seufzte und lehnte sich an die Wand. «Erzähl mir noch was von deinem Bruder. Wie ist es, einen Bruder zu haben? Und warum nennst du ihn Bradley das Balg?»
    «Ich weiß es nicht mehr. Ich erinnere mich nicht, warum ich ihn das Balg genannt habe», flüsterte Lainey. «Oder wie er mir auf die Nerven gegangen ist. Jetzt fehlt er mir einfach nur. Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sage. Brad fehlt mir. Ich vermisse sogar, dass er in mein Zimmer kommt und meine Comics klaut, weil er Angst vor dem Gewitter hat und sie unter der Decke lesen will. Ich vermisse seine blöde, schnorchelnde Lache, wenn er was richtig lustig findet. Ich dachte immer, er lacht künstlich, aber ich weiß jetzt, dass er wirklich so lacht.»
    «Und deine Mutter? Erzähl mir von deiner Mutter.»
    «Sie ist wahrscheinlich völlig verzweifelt, aber sie sagt es kei­nem, verstehst du? Sie behält ihre Gefühle immer für sich. Immer. Wir haben uns nicht besonders gut verstanden, bevor das hier passiert ist, das hab ich dir ja erzählt. Und Liza - meine Schwes­ter, du weißt schon -, sie ist manchmal abgehauen, und Mom war stinksauer. Wenn sie es nochmal tut, hat sie gesagt, braucht sie überhaupt nicht mehr wieder aufzutauchen. Und Liza, na ja, wahrscheinlich hat sie nicht mal gemerkt, dass ich weg bin. Sie ist immer unterwegs. Hat jede Menge Typen und so ...» Lainey brach ab und rieb sich über die Augenbinde. «Wahrscheinlich ist sie sauer, weil ich mir ihre Jeans und ihr Make-up ausgeliehen habe.»
    «Ich wünschte, ich könnte die Uhr zurückdrehen», sagte Katy leise. «Alles anders machen, weißt du? Ich fand zu Hause alles schrecklich. Ist das nicht komisch? Manchmal muss es einem erst richtig schlecht gehen, damit man kapiert, wie gut man's hatte. Ich habe alles falsch gemacht. Es war meine Schuld. Aber jetzt ist es zu spät, ich kann es nicht mehr wiedergutmachen.»
    «Sag das nicht!», schrie Lainey, so laut sie konnte.
    Ein langes Schweigen trat ein.
    «Glaubst du, irgendwer sucht nach uns, Katy? Glaubst du, irgendwen kümmert es überhaupt?»
    Mit blutigen Fingern wischte sich Katy die Tränen von den Wangen. Darauf würde sie auf keinen Fall antworten, weder laut noch im Stillen. Sie tastete nach der Grube, die sie vor lan­ger Zeit begonnen hatte. Ihre Finger blieben an rauem Kalkstein hängen, und sie tastete sich an dem Stein entlang bis zu der Stel­le, die einfach aus Erde zu bestehen schien. Hier ging sie wieder ans Werk und begann, weiter fieberhaft an ihrem Tunnel zu graben, während sie den Schmerz in den Fingern, im Rücken, im Magen und die Angst in ihrer Brust ignorierte. «Deswegen müssen wir hier raus, Lainey», flüsterte sie. «Und zwar so schnell wie möglich.»

 

51
     
    «Wo ist sie?», fragte Bobby, als er die Haustür aufgeschlossen hatte. Charlotte Knox, LuAnns engste Freundin aus dem Krankenhaus, saß im schwach erleuchteten Wohnzimmer auf einem Sessel, ein People-Heft auf dem

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