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Maedchengrab

Maedchengrab

Titel: Maedchengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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vorbei.«
    »Und, hast du’s gemacht?«
    Er nickte langsam. »Sie war aber nicht zu Hause.«
    » Weil du ihr nicht gesagt hast, dass du kommst.«
    »Ich hab’s versäumt. Weißt du, Siobhan, ich hätte sie fast mal verloren. Vor Jahren, lange bevor du zum CID gekommen bist. Irgendein Irrer hatte sie sich geschnappt …«
    »Also nimmst du diesen Fall persönlich?« Sie nickte, hatte begriffen. »Haben die dir das nicht auf dem College beigebracht? Gefühle haben bei der Arbeit nichts zu suchen.« Sie starrte ihn an, während er mit den Schultern zuckte. »Du bist schon manchmal echt kompliziert.«
    » Wer ist das nicht?«
    »Ich dachte, die Schotten sind alle ganz normal?«
    »Und die Delphine auch – komm, wir gucken, ob wir einen sehen.«
    Sie gingen Seite an Seite, Rebus hatte den Reißverschluss seiner Jacke bis ans Kinn hochgezogen, wünschte, er hätte irgendeine Art Mütze, um sich vor dem Wind zu schützen. Als sie näher kamen, sah er zirka ein halbes Dutzend Menschen alle in dieselbe Richtung schauen, fast wie Statuen, wenn auch mit Kameras. Einer hatte sogar ein Stativ und ein Zoomobjektiv dabei, außerdem ein Fernglas, einen Klappstuhl und eine Thermoskanne. Das war der einheimische Experte, wie Rebus vermutete, und er fragte ihn, ob es schon etwas zu sehen gegeben hatte. Der Mann nickte in die Richtung, in die alle blickten. »Ungefähr zehn oder zwanzig Meter in die Förde rein«, sagte er. Also drehte sich Rebus um und hielt ebenfalls Ausschau. Clarke hatte die Arme um ihren Oberkörper geschlungen, ihre Wangen waren gerötet, und sie blickte mit leicht zusammengekniffenen Augen aufs Wasser.
    »Ist das einer?«, fragte sie und zeigte in die Ferne.
    »Nein, noch nicht«, sagte der Mann.
    Sie hielt weiter Ausschau, als der Mann ihr einen Rat gab: »Je genauer man hinsieht, umso mehr entdeckt man – besonders wenn man etwas entdecken möchte.«
    »Allzu wahr«, pflichtete ihm Rebus kaum hörbar bei. Siobhan blieb der Mund offen stehen, als eine schlanke blassblaue Gestalt sich beinahe genau an der Stelle, auf die der Mann gezeigt hatte, aus dem Wasser erhob. Einen Augenblick später war die Kreatur wieder verschwunden, aber direkt dahinter schwamm offenbar ein zweiter Delphin. Und dann ein dritter. Die Schaulustigen lachten und jubelten.
    »Fressenszeit«, erklärte der Experte. » Wenn die Strömung stimmt, dann bleiben sie hier, bis sie sich die Bäuche vollgeschlagen haben.«
    »Hast du’s gesehen?«, fragte Clarke Rebus.
    »Ich hab’s gesehen«, erwiderte er. Aber seine Aufmerksamkeit wurde vom gegenüberliegenden Ufer beansprucht. Augenscheinlich standen dort Festungsmauern.
    »Fort George«, sagte der Mann auf dem Klappstuhl, als könne er Rebus’ Gedanken lesen. Als die Delphine wieder aus dem Wasser sprangen, machte er sich an seiner Kamera zu schaffen. Clarke hatte ihr Handy aus der Tasche gezogen und machte ebenfalls ein Foto, war aber vom Ergebnis enttäuscht. Sie hielt das Display so, dass Rebus es sehen konnte. Die Entfernung war zu groß, und die Delphine der Farbe des sie umgebenden Wassers zu ähnlich.
    »Hier«, sagte der Mann und reichte ihr sein Fernglas. Sie dankte ihm, hielt es sich vor die Augen und stellte es scharf. Rebus hatte die Hände in den Taschen vergraben. Ein paar der Zuschauer waren Touristen – sonnengebräunte Gesichter, brandneue Wanderjacken, mit denen sie sich gegen alles gewappnet fühlten, was das schottische Klima für sie bereithalten mochte. Immer wenn jemand Blickkontakt suchte, grinsten sie. Eine Frau hatte ihren Hund dabei, ging aber schon bald wieder weiter und warf einen Ball, den der Collie apportieren sollte. Nach ein paar Minuten verzog sich Rebus an eine windgeschützte Stelle an der Mauer des Leuchtturms, um sich eine Zigarette anzuzünden. Die Show war anscheinend sowieso vorbei. Clarke hatte das Fernglas zurückgegeben und ließ sich ein paar Bilder aus der Sammlung des Fotografen zeigen. Dann holte sie Rebus ein, und gemeinsam gingen sie wieder zurück zum Wagen.
    »Spaß gehabt?«, fragte er sie.
    Sie nickte. »Ist ganz gut, sich immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass es da draußen auch noch eine andere Welt gibt. Man kann hier sogar Seehunde sehen, wenn man lange genug bleibt.«
    »Oder Selkies.«
    »Hast du das Buch zu Ende gelesen?«
    Er schüttelte den Kopf, umrundete eine Pfütze auf dem Parkplatz. Vor dem Saab lag ein Steinhaufen, er ging hin, um einen Blick darauf zu werfen. Ein Schild klärte ihn darüber auf, dass es sich um

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