Maedchengrab
es vielleicht noch mal brauchen.« Dann überraschte sie ihn mit einer Umarmung und einem Küsschen auf die Wange, bevor sie in der Station verschwand. Rebus stieg in den Wagen, legte das Schild auf den Beifahrersitz und starrte es an.
POLIZEI IM EINSATZ
Einsatzpolizei – Polizei im Einsatz, was war das überhaupt für ein Unterschied? Warum nicht einfach POLIZEI ? Er betrachtete das Wort, das in seinem Leben eine so große Rolle gespielt hatte, wobei er sich mit jedem Jahr, das verstrich, fragte, was es eigentlich bedeutete und wie er da reinpasste. Du kannst hier wirklich nichts tun … Sein Handy teilte ihm mit, dass er eine Nachricht bekommen hatte.
Irre ich mich, oder ist das der Versuch, einen Weltrekord im besonders langsamen Zigarettenrauchen aufzustellen?
Wieder einmal Cowan. Rebus entschied sich gegen eine Antwort. Stattdessen nahm er eine Visitenkarte aus der Tasche. Nina Hazlitt hatte sie ihm im Tausch gegen eine von seinen gegeben. Auf der eine Seite Angaben zu DI Gregor Magrath, auf der anderen eine hingekritzelte Telefonnummer mit Hazlitts Namen darunter. Er legte sie auf den Sitz neben sich, schob sie unter das Plastikschild und ließ den Motor an.
3
Es dauerte fast eine Woche, bis die ersten Akten eintrafen. Rebus hatte einen ganzen Tag damit verbracht, die richtigen Leute in den richtigen Abteilungen der Central Scotland Constabulary und der Northern Constabulary ausfindig zu machen. Central war für das Gartencenter in der Nähe von Auchterarder zuständig, wobei man Rebus zunächst gesagt hatte, er müsse mit der Tayside Police sprechen. Northern war sowohl für Aviemore wie auch für Strathpeffer zuständig, aber dort gab es wiederum verschiedene Bereiche, was bedeutete, dass er sowohl mit Inverness als auch mit Dingwall telefonieren musste.
Angeblich sollte ja alles vereinfacht werden. Es gab Pläne, die acht Regionen zu einem einzigen Polizeiapparat zusammenzufassen, aber das half Rebus nicht, als er merkte, dass der Telefonhörer in seiner Hand heiß wurde.
Bliss und Robison hatten gefragt, was er vorhabe, und er hatte sie zu einem Getränk in die Cafeteria eingeladen und es ihnen erklärt.
»Und wir sagen dem Chef nichts davon?«, hatte Robison gefragt.
»Nicht wenn ihr nicht müsst«, hatte Rebus erwidert.
Schließlich sah ja ein Aktenordner wie der andere aus, oder nicht? Die erste Akte, die eintraf, kam aus Inverness. Die Unterlagen rochen feucht, und die Schutzhülle des Ordners wies blasse Stockflecken auf. Das war die Akte über Brigid Young. Nachdem Rebus sich eine halbe Stunde darin vertieft hatte, kam er zu dem Schluss, dass hier viel unnützes Material gesammelt worden war. In Ermangelung von Hinweisen hatten die örtlichen Beamten jede Person vernommen, die sie zu fassen bekamen, und damit nichts erreicht, außer den Ordner um unzählige Seiten ausschweifender Gesprächsprotokolle anwachsen zu lassen. Die Fotos vom Fundort des Wagens brachten beinahe genauso wenig Licht ins Dunkel. Young hatte einen weißen Porsche mit cremefarbenen Sitzen gefahren. Ihre Handtasche war nicht gefunden worden und ebenso wenig ihr Schlüsselanhänger. Die Aktentasche stand auf dem Beifahrersitz. Kein Terminkalender, der fand sich an ihrem Arbeitsplatz in Inverness. Sie hatte ein Meeting in Culbokie gehabt und war unterwegs zu einem weiteren in einem Hotel am Ufer des Loch Garve. Ihr Handy hatte sie nicht benutzt. Weder hatte sie sich damit Hilfe organisiert wegen des platten Reifens, noch hatte sie dem Kunden im Hotel Bescheidgegeben, dass sie aufgehalten worden war. Dafür gab es einen einfachen Grund: Sie hatte das Handy bei dem vorangegangenen Termin vergessen. Der Ordner enthielt auch Familienfotos und Zeitungsausschnitte. Man würde Brigid Young wohl eher als gutaussehend denn als hübsch bezeichnen: Sie hatte ein starkes, breites Kinn und eine sehr sachliche Art, in die Kamera zu blicken, als wäre der Fototermin nur eine von vielen Aufgaben auf ihrer Liste. Auf einem Notizzettel stand, dass die Aktentasche genau wie alles andere im Wagen der Familie zurückgegeben worden war, ebenso der Porsche selbst. Einen Ehemann gab es nicht: Sie hatte allein in einem Haus am River Ness gelebt. Die Mutter wohnte ebenfalls in der Gegend, in demselben Haus wie Brigids Schwester. Die Akte war seit 2002 immer wieder sporadisch ergänzt worden. Zum ersten Jahrestag von Brigids Verschwinden hatte es einen Aufruf mit der Bitte um Hinweise gegeben, und der Fall war in einer Sendung des Lokalfernsehens
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