Maedchengrab
Daumen Richtung Treppe. »Mach schon, bevor ich dir den Kopf abreiße!«
»Sieh noch mal genau hin«, sagte Christie ruhig. Hammell schaute und sah drei Männer oben an der Treppe. Türsteher. Männer, deren Namen und Gesichter er nicht kannte. Darryl Christies Männer.
»Ich habe alles«, fuhr Christie fort, seine Stimme immer noch eiskalt. »Passwörter, Kontonummern, alles. Die Off shore-Banken und die Nummern, von denen du glaubst, dass sie keiner kennt. Was für Al Capone gut genug war, wird für dich gerade billig sein. Das Finanzamt wird seine wahre Freude an dir haben …«
» Was wird deine Mutter dazu sagen?«
»Gar nichts, weil du nicht noch einmal auch nur in ihre Nähe kommen wirst. Von jetzt an hältst du dich von meiner Familie fern.« Christie machte eine Pause. »Es sei denn, du möchtest, dass ich ihr von dir und meiner Schwester erzähle.«
Hammells Miene gefror.
»Annette hatte mir alles erzählt«, fuhr Christie fort. »So war sie – sie konnte nichts für sich behalten. Fast hätte ich dir dafür eins über den Schädel gezogen – dafür und für alles andere.«
»Ich werde auf gar keinen Fall irgendwas unterschreiben.«
»Dann trifft morgen ein Memorystick beim Finanzamt ein. Du hast nicht mal mehr Zeit, das Land zu verlassen – geht ja auch gar nicht, ich hab deinen Pass.«
Die drei Türsteher standen jetzt direkt hinter Hammell und warteten auf Anweisungen. Als Hammell Anstalten machte, sich auf Christie zu stürzen, packten sie ihn an den Schultern und hielten ihn zurück.
»Ich hab dich zu dem gemacht, der du bist«, knurrte Hammell und versuchte sich loszureißen. »Ich hab dir einen Job gegeben, dich in mein Haus eingeladen …«
»Und schon bald werde ich genau so ein Haus haben«, sagte Christie. »Aber es wird immer einen Unterschied zwischen uns beiden geben.«
Hammell funkelte ihn wütend an. »Und der wäre?«, fragte er unwillkürlich. Christie beugte sich dichter zu ihm heran.
»Ich vertraue niemandem «, bekundete er und machte den Türstehern Zeichen, Hammell ins Büro zu führen.
»Ich unterschreibe einen Scheiß!«, schrie Hammell, als sie ihn wegzogen. Aber Darryl war sich sicher, dass er unterschreiben würde. Als er die SMS tippte, stützte er sich mit den Unterarmen auf das Geländer der Galerie. Die Nachricht war für seinen Vater bestimmt. Sie war kurz und knapp.
Alles in Butter.
Obwohl er wusste, dass das nicht ganz stimmte …
59
Nach einer unruhigen Nacht traf Rebus auf dem Parkplatz des Präsidiums in der Fettes Avenue ein und fand ihn halb leer. Es war noch nicht ganz hell, die Straßenlaternen brannten noch. Er schloss seinen Wagen ab und betrat das Gebäude. An der Rezeption saß dieselbe Beamtin, die ihn damals bei der SCRU angerufen und Bescheid gegeben hatte, dass unten eine Besucherin wartete, die zu DI Magrath wolle. Hätte Rebus gerade Zigarettenpause gemacht, wäre jemand anders aus dem Team drangegangen.
Dann wäre alles ganz anders gekommen.
Er nahm lieber die Treppe als den Fahrstuhl – jedes bisschen Bewegung tat ihm gut, hatte ihm sein Arzt bei der letzten Routineuntersuchung erklärt. Trotzdem musste er sich am Geländer hochziehen und auf halber Strecke eine Verschnaufpause einlegen. Der Gang war menschenleer, ebenso die Büros, an denen er vorbeikam. Er öffnete die Tür zur SCRU und blieb an der Schwelle stehen. Der Raum wirkte wie in der Zeit stehen geblieben – halb gepackte Kisten; die Putzkräfte hatten die Papierkörbe geleert, die nun darauf warteten, erneut gefüllt zu werden; Marker und Büroklammern; benutzte Kaffeebecher. Auf seinem Schreibtisch fand er ein leeres Blatt Papier, er datierte es und notierte die Eckdaten seines Treffens mit Sally Hazlitt. Dann unterschrieb er, öffnete Hazlitts Akte und befestigte die Notiz am Deckblatt. Cowans Schreibtisch war, wie ihm auffiel, aufgeräumt wie immer – für den Fall, dass einer der Vorgesetzten reinschauen würde. Ein Tacker mit dem Namen COWAN stand dort, Cowan hatte ihn selbst gekauft, nachdem jeder einzelne seiner Vorgänger spurlos verschwunden war. Rebus nahm ihn vom Schreibtisch und steckte ihn ein, so wie er auch alle anderen eingesteckt hatte, dann verließ er den Raum und ging die Treppe wieder runter.
Es war kein schlechter Tag für eine Spazierfahrt, und er verspürte keine Lust, irgendwo anzuhalten. Er hatte den Saab auf dem Weg in die Fettes Avenue aufgetankt und wusste, dass er der Fahrt in den Norden abermals gewachsen war. Sobald alles vorbei war,
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