Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maedchengrab

Maedchengrab

Titel: Maedchengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
Vom Netzwerk:
durch einige andere Fahrzeuge getrennt.
    »Ich glaube, es funktioniert«, meinte Clarke. »Jedenfalls haben sie uns noch nicht entdeckt.«
    Doch schon bald bogen die Fahrzeuge, die ihnen Deckung gaben, in Neubaugebiete ab, so dass nur noch der Mercedes und der Audi übrig blieben – fünfzig Meter lagen zwischen ihnen.
    »Soll ich anhalten und ihm Vorsprung lassen?«
    »Ich weiß es nicht«, gestand Rebus.
    » Wir könnten überholen und ihnen den Weg versperren – erzähl mir nicht, dass Magrath noch nicht starr ist vor Angst.«
    »Zu früh.«
    Sie sah ihn erneut an. Sein Blick wich nicht von dem Mercedes, die linke Hand umklammerte immer noch den Türgriff. Sie befanden sich in der tiefsten Provinz, ließen Aviemore immer weiter hinter sich und fuhren in eine Wildnis aus Wald und Bergen.
    »Ich könnte noch mal überholen«, schlug Clarke vor und bremste, als sie sah, dass der Wagen vor ihnen, ohne zu blinken, auf einen Feldweg abbog. Dort war zwar ein Gatter, doch es stand offen. Clarke fuhr daran vorbei und weiter, während Rebus den Rücklichtern des Mercedes hinterhersah, bis sie von Bäumen geschluckt wurden.
    »Das reicht«, sagte er. Clarke hielt an und wendete in drei Zügen, dann machte sie das Licht aus und ließ den Wagen langsam an das offene Gatter heranrollen.
    »Genau wie Hammell gesagt hat«, murmelte sie. Der Mercedes war nicht mehr zu sehen. Clarke kurbelte ihre Scheibe herunter und horchte. »Die fahren noch.«
    »Dann fahren wir auch.«
    Der Audi schob sich vorsichtig den Feldweg entlang, die beiden vorderen Scheiben waren heruntergelassen. Rebus streckte trotz Schneegestöbers und klirrend kalter Nachtluft den Kopf hinaus, guckte und lauschte. Die Strecke führte bergauf in einen nach Kiefern duftenden Wald, der ihn an Edderton erinnerte. Als sie an eine Gabelung gelangten, hielt Clarke an, machte vorsichtshalber den Motor aus.
    »Hörst du was?«
    »Nein«, sagte Rebus.
    »Auch kein Licht zu sehen.«
    »Meinst du, die haben angehalten?« Er hatte die Stimme gesenkt.
    »Möglich.«
    »Links oder rechts?«
    »Sag du.«
    »Der Boden ist gefroren – schwer zu sagen, ob da Spuren sind oder nicht.«
    »Und du willst bei den Pfadfindern gewesen sein.«
    Rebus überlegte einen Augenblick. »Rechts«, sagte er. Dann: »Nein, links.«
    »Sicher?«
    »Ziemlich.«
    »Du meinst, du rätst?«
    »Die Chancen stehen fifty-fifty, Siobhan.«
    »Ich glaube nicht, dass Magrath davon begeistert wäre. Wie wär’s, wenn wir die Scheinwerfer anmachen und wie der Teufel losbrettern?«
    »Oder den Rest des Weges zu Fuß gehen.«
    »Zu Fuß?« Sie hatte die Augen ein kleines bisschen weiter aufgerissen und die Stirn in Falten gelegt.
    »Zu Fuß.«
    »Zusammen oder getrennt?«
    »Verfluchte Scheiße, Siobhan, muss ich denn alles allein entscheiden?«

69
    Kenny Magrath wurde der Sack vom Kopf gezogen. Er hatte ein paar Schläge abbekommen, und seine Augen brannten. Er blinzelte, bis er die Welt wieder scharf sah. Am dunstigen Himmel stand ein fast voller Mond, und es roch nach Moos. Magrath atmete durch die Nase, sein Mund war zugeklebt, seine Hände hinter dem Rücken gefesselt. Drei Männer bildeten eine Art Dreieck um ihn herum. Sie kamen ihm sehr groß vor, bis er merkte, dass er in einem nicht sehr tiefen Grab stand. Er wollte schreien, und eine Blutblase platzte aus einem seiner Nasenlöcher. Als er Anstalten machte, aus der Grube herauszuklettern, trat einer der Männer einen Schritt auf ihn zu und hob einen Spaten. Magrath wusste, was das bedeutete, und blieb, wo er war. Der Wagen, mit dem sie ihn hergebracht hatten, stand ungefähr ein Dutzend Meter weit entfernt, das Abblendlicht war eingeschaltet, beleuchtete die Szene, gelegentlich wurde eine Schneeflocke wie in Zeitlupe darin sichtbar.
    »Du hast meine Schwester umgebracht«, sagte jemand. Magrath sah sich um, konnte den Sprecher nicht ausmachen, bis sich Darryl Christie leicht vorbeugte und ihn ansah. Er trug Jeans, ein dunkles Polohemd und Turnschuhe. Magrath schüttelte den Kopf, spürte erneut Übelkeit aufwallen, sein Gehirn pochte vor Schmerz.
    »Dieses Grab wurde für einen anderen ausgehoben«, fuhr Christie fort. »Damals war’s der Falsche. Du bist der, den ich suche, also versuch erst gar nicht, es zu leugnen.«
    Aber Magrath konnte nicht anders, seine gedämpfte Stimme erhob sich schrill. Christie wandte sich ab, als würde ihn die Vorstellung langweilen. Er streckte dem Mann neben sich die Hand hin. Dieser legte den Spatenstiel hinein.

Weitere Kostenlose Bücher