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Maedchengrab

Maedchengrab

Titel: Maedchengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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ist.«
    Hammell schenkte sich einen weiteren großzügigen Wodka ein. Rebus konnte ihn riechen. Der schlimmste Geruch auf der Welt …
    »Cafferty ist sowieso am Ende. Game over.« Hammell kippte das Glas, leerte es in einem Zug.
    »Können Sie mir mehr über Annette erzählen?«, fragte Rebus. »Oder geht mich das auch nichts an?«
    »Annette ist ein richtiges kleines Fräulein – muss immer ihren Kopf durchsetzen.«
    »Hab ich mir gedacht«, sagte Rebus und nickte verständig. »Mit dem Bus nach Inverness …«
    »Einer meiner Jungs hätte sie gefahren!«, schimpfte Hammell.
    »Haben Sie ihr das vorgeschlagen?«
    »Natürlich, aber sie musste es ja unbedingt so machen, wie sie wollte – und das hat sie jetzt davon!« Hammell gab ein verärgertes Brummen von sich und schenkte sich erneut ein.
    »Geben Sie ihr die Schuld?«
    » Wäre sie vernünftig gewesen, hätte sie auf uns gehört, und nichts von alldem wäre passiert.« Er hielt inne, starrte in sein Glas, schwenkte dessen Inhalt. »Hören Sie, Sie kennen mich, oder? Sie wissen, wer ich bin … Es macht mich wahnsinnig, dass ich nichts tun kann.«
    »Sie haben eine Belohnung ausgesetzt.«
    »Und gebracht hat das nur, dass jetzt jeder Irre oder geldgeile Penner im Umkreis von vierhundert Meilen bei euch auf der Matte steht.«
    »Ich glaube kaum, dass Sie etwas tun können, was wir nicht bereits täten. Problematisch wird es nur, wenn Sie auf eigene Faust tätig werden.«
    »Ich sag’s noch mal: Ich weiß nichts über diesen Robert son. Aber wenn Sie Hilfe brauchen, um ihn zu finden …« Hammell fixierte Rebus.
    »Ich glaube nicht, dass das nötig ist – oder klug wäre.«
    Hammell zuckte mit den Schultern. »Das Angebot steht. Und wie sieht’s mit einem Bonus aus? Banker müssen ja nicht die Einzigen sein, oder?« Er hatte in eine seiner Hosentaschen gegriffen und ein dickes Bündel Fünfzigpfundscheine ausgepackt.
    »Nein«, sagte Rebus.
    »Aha«, stellte Hammell fest, als würde er die Wahrheit kennen. »Cafferty zahlt Ihnen schon ausreichend Vorschuss.«
    Rebus fand, dass es jetzt an der Zeit war zu gehen, aber Hammell sah das offensichtlich anders.
    »Man hat mir erzählt, Sie wären wie er, und das stimmt. Ihr beiden könntet Brüder sein.«
    »Jetzt bin ich beleidigt.«
    Hammell grinste. »Nicht doch. Allerdings hat einer von Caffertys Sorte immer schon gereicht.« Er starrte in seinen Drink, bevor er ihn an die Lippen hob. »Schade, dass Sie, als es sich im Krankenhaus ergab, nicht die Finger von ihm gelassen haben …«

28
    Es war zwei Uhr morgens, als Darryl Christie wieder zu Hause in Lochend eintraf. Seine Mutter war vor dem Fernseher eingeschlafen, es lief einer der Shoppingkanäle. Er weckte sie und schickte sie ins Bett, wobei sie unbedingt noch umarmt werden wollte. Dafür nahm er ihr das Versprechen ab, es mit dem Alkohol und den Pillen nicht zu übertreiben.
    Joseph und Cal hatten die Küche aufgeräumt und nach dem Essen Geschirr gespült. Darryl sah im Kühlschrank nach – jede Menge Fertiggerichte und Milch. Die zwei Zwanzigpfundscheine, die er für Lebensmittel auf den Tisch gelegt hatte, waren noch da. Oben lagen seine beiden Brüder in ihren Etagenbetten, der kleine Fernseher war noch warm, und über dem Boden verteilten sich Videospiele. Ein paar davon sahen aus, als würden sie Annette gehören. Joseph hatte gefragt, ob er ein oder zwei ausleihen dürfe, und Darryl hatte es erlaubt.
    »Ich hoffe, ihr beiden schlaft schon«, warnte er sie, obwohl sie bestimmt nicht die Augen aufmachen und zugeben würden, dass sie nur schauspielerten. Er schloss die Tür, schlüpfte ins Zimmer seiner Schwester und machte Licht. Die Wände waren schwarz gestrichen und mit Postern und Aufklebern geschmückt. Da klebten kleine Sternchen und Planeten an der Decke, die im Dunkeln leuchteten – ein Weihnachtsgeschenk von ihm. Er setzte sich einen Augenblick auf ihr Bett. Er konnte ihr Parfüm riechen, vermutete, dass es vom Kissen kam. Er schnüffelte daran. Sie schien gar nicht fort zu sein – jeden Moment konnte sie reinplatzen und fragen, was er da machte. Als sie jünger waren, hatten sie oft gestritten – Ohrfeigen, Tritte und Bisse waren an der Tagesordnung gewesen. Aber in letzter Zeit nicht mehr, inzwischen lebten sie in verschiedenen Welten.
    »Komm bloß wieder nach Hause, du blöde Kuh«, sagte Darryl leise, stand auf und ging nach unten. Er legte sich vollständig bekleidet auf sein schmales Bett, ließ das Licht im Wintergarten aus, so

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