Maedchengrab
lügt nicht. Ich habe ihr gesagt, dass einer meiner Männer sie nach Inverness fahren würde, aber sie wollte nicht.«
»Darf ich fragen, warum?«
» Weil sie ein stures kleines Fräulein ist und dachte, sie würde sich vielleicht dafür bedanken müssen.« Hammells Tonfall verriet seine Verärgerung. »Das Geld für den Zug hat sie allerdings nicht abgelehnt. Und bevor ich richtig gemerkt habe, was los ist, stand sie am Busbahnhof – der Bus ist billiger als der Zug, und den Differenzbetrag wollte sie behalten.«
»Haben Sie ihr heimlich nachspioniert?«, fragte Clarke.
»Sozusagen.«
» Warum?«
»Um mich zu vergewissern, dass sie die Wahrheit gesagt hat. So wie ich sie kenne, hätte sie auch einfach einen ihrer Junkie-Freunde in Sighthill besuchen und ein paar Tage dort übernachten können.«
»Also sind Sie ihr bis zum Busbahnhof gefolgt?«
»Erst mal bis Waverley Station. Dort hat sie sich die Preise angesehen, aber dann doch keine Fahrkarte gekauft. Also bin ich ihr bis zum St Andrew Square hinterher … Und dann, na ja, das haben Sie ja aufgezeichnet.«
»Sie haben sich gestritten«, sagte James Page.
»Ich habe ihr nur gesagt, dass sie den verfluchten Zug nehmen soll. Aber sie ist stur geblieben.«
»Und Sie haben uns nichts davon erzählt, weil …?«
»Zum einen, weil es keine Rolle spielt.«
»Und zum anderen?«, fragte Clarke.
Einen Augenblick lang huschten Selbstzweifel über Hammells Gesicht. »Ich wollte nicht, dass Gail davon erfährt.«
» Warum nicht?«
Hammell rutschte auf seinem Stuhl herum. »Ich war nicht sicher, wie sie’s aufnehmen würde – dass ich ihrer Tochter nachschnüffele. Aber so bin ich nun mal. Ich behalte gerne die Kontrolle.«
Page dachte darüber nach, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. Er wollte etwas fragen, aber Clarke kam ihm zuvor.
» Was können Sie uns über Thomas Robertson erzählen?«
»Hören Sie, ich will ganz ehrlich zu Ihnen sein – die Karten auf den Tisch legen …«
»Dafür sind wir Ihnen sehr verbunden, Mr Hammell«, versicherte ihm Page.
»Na schön.« Hammell hielt inne. »Das ist der, von dem Sie denken, dass er Annette entführt hat.«
» Waren Sie deshalb in Aberdeen?«
»Robertson ist vorbestraft.«
»Aber nicht wegen Entführung.«
»Nein, aber wahrscheinlich kennt er dort, wo er herkommt, ein paar andere Kriminelle.«
»Und Sie wollten herausfinden, ob einer von denen sie hat? Warum sollte jemand so etwas machen?«
»Um mir eins auszuwischen.«
»Und haben Sie was rausbekommen?«
»Die halten alle die Klappe. Aber Robertsons Name macht jetzt die Runde – die wissen, dass ich mich mit ihm unterhalten will …«
Im Raum herrschte erneut Schweigen, bis Siobhan Clarke eine Frage stellte.
» Wer hat Ihnen gesagt, dass wir uns für Thomas Robertson interessieren?«
» Was?« Hammells Augen verengten sich.
»Das ist nicht allgemein bekannt.«
»Nicht?«
»Nein.«
»Na ja, inzwischen hat sein Name jedenfalls die Runde gemacht.«
»Ja, aber wer hat Ihnen davon erzählt?«
Sein Blick begegnete ihrem. »Das weiß ich nicht mehr«, sagte er mit emotionsloser Stimme.
Aus irgendeinem Grund wusste Siobhan Clarke trotzdem Bescheid.
Wer hätte es sonst gewesen sein können?
» Was machst du hier?«
Rebus sah von seinem getoasteten Sandwich auf. »Das ist ein Café, oder?«, entgegnete er. »Ich esse was.«
» Wie immer?«, rief der Mann hinterm Tresen Clarke zu.
»Nur einen Milchkaffee«, sagte sie und setzte sich Rebus gegenüber.
» Wusste nicht, dass du das Monopol auf diesen Laden besitzt«, merkte Rebus an, blickte durch das Fenster auf den Leith Walk.
»Tu ich auch nicht.«
»Aber du ärgerst dich, weil ich hier bin.«
»Ich ärger mich über dich, Punkt.«
Rebus legte sein Sandwich hin und wischte sich die Finger an der Papierserviette ab.
» Was hab ich denn jetzt schon wieder verbrochen?«
»Du bist los und hast mit Frank Hammell gesprochen, oder?«
»Hat er das gesagt?«
»Das musste er gar nicht.«
» Weiß Page davon?«
Sie schüttelte den Kopf. Der Kaffee kam. Instant, ein paar Granulatkörnchen schwammen noch oben.
» Wirst du’s ihm sagen?«
Sie sah ihn an. » Wenn Fox und seine Leute davon wüssten, würden sie vor Freude auf der Straße tanzen.«
»Als Thomas Robertson stiften gegangen ist, war mein erster Gedanke, dass Hammell ihn sich gekrallt hat.«
» Was du lieber für dich behalten hast.«
»Ich hab Hammell einen Besuch abgestattet. Er hat es geleugnet.«
»Und dabei
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