Mädchenhass und Jungenliebe (Junge Liebe )
dass sie am ganzen Körper massive Blessuren hatte, die schon etwas älter sind, also am besagten Tag entstanden sein können.“
Jetzt wollte ich auch mal was sagen und nicht meine Mutter reden lassen.
„Das hat die dumme Kuh sich ja super ausgedacht. Die wollte mich fast vergewaltigen und nicht umgekehrt und als ich sie weggeschubst hab, hat sie sich halt verletzt.“
Aber schon wieder unterbrach meine Mutter mich.
„Mein Sohn wird jetzt gar nichts mehr sagen, ohne, dass wir einen Rechtsanwalt hingezogen haben.“
Die Kommissare standen auf.
„Das ist sein gutes Recht. Geht davon aus, dass wir uns sehr bald wieder melden werden. Der Haftrichter wird diese Sache prüfen.“
Ich verstand offenbar weniger als meine Mutter.
„Ihr glaubt doch nicht, dass irgendein Richter auf dieser Welt meinen Sohn in U-Haft steckt, bloß weil seine geistesgestörte Ex-Freundin solche haarsträubenden Märchen erzählt?“
Sie war wütend und ließ das alle spüren.
„Wie gesagt, der Fall wird bearbeitet. Silke, wir sehen uns morgen auf dem Präsidium.“
„Notgedrungen.“
„Bis dann.“
Meine Mutter schloss hinter den Kollegen die Tür und zeigte mir sofort ihr Grinsen, das sie immer trägt, wenn sie sich überlegen fühlt.
„Die glauben das doch selbst nicht. Mach dir keine Sorge, ich werde mit Karl-Heinz sprechen.“
Karl-Heinz Schmitz war ein Schulfreund meiner Mutter und mittlerweile ein angesehener Anwalt in der Stadt.
Es tat gut, dass meine Mutter hinter mir stand, allerdings hatte ich schon das Gefühl, dass sie sich etwas zu wenig Sorgen machte. Immerhin stand ich im Verdacht, ein Kapitalverbrechen begangen zu haben.
Am nächsten Tag in der Schule wurde ich von unserem Schulleiter persönlich aus dem Unterricht geholt.
Lara war überhaupt nicht da gewesen und sonst schien noch niemand von dem absurden Vorwurf, der gegen mich im Raum stand, etwas erfahren zu haben.
Im seinem Büro bat der Schulleiter mich, Platz zu nehmen.
Er war alt - schon jenseits der sechzig. Er hatte eine Halbglatze mit schneeweißem Haar an den Rändern, das schmale Gesicht voller Falten und vor Nikotinentzug zitternde Hände.
Seine tiefe Stimme war gelassen und autoritär zugleich.
Bei den Schülern war er im Allgemeinen recht beliebt, ich hatte persönlich allerdings noch nie etwas mit ihn zu tun gehabt.
„David, ich habe von der Polizei erfahren, dass konkret gegen dich ermittelt wird. Du bist Verdächtiger in einem Vergewaltigungsfall.“
Darauf musste ich reagieren. Ich sagte ruhig, aber bestimmt:
„Bloß weil meine Exfreundin zu blöd ist, über unsere Trennung hinwegzukommen, braucht sie doch nicht solche Vorwürfe in den Raum zu stellen.“
„Halt“, unterbrach er mich. „Vor mir brauchst du dich nicht rechtfertigen. Ich kann noch keine Meinung zu dieser Sache haben. Ich kenne nur die Anschuldigung.“
Er legte eine kleine Pause ein, als ob es ihm selbst nicht gefiele, was er zu sagen hatte.
„Und dies zwingt mich, dich vorerst vom Unterricht zu beurlauben, bis diese Sache geklärt ist.“
Ich konnte nichts tun. Der Schulleiter hatte ja recht - bloß machte ich mir Sorgen, dass ich die Versetzung nicht schaffen würde, wenn ich noch einmal Unterricht versäume. Und dass sich diese Sache über ein paar Wochen hinziehen würde, war gewiss.
Als ich die Treppe runterging, um die Schule zu verlassen, hatte die Pause schon angefangen. Ich ging langsam und dachte nach.
Hatte Lara schon immer den Plan gehabt, diese Begegnung als Vergewaltigung dastehen zu lassen? Saß ich also fast zwei Wochen mit ihr zusammen im Klassenzimmer, während sie schon vorhatte, mich anzuzeigen?
Klar, dass sie solange gewartet hatte. So konnte man keine Spuren - beziehungsweise keine nicht vorhandenen Spuren - mehr finden.
So wie ein Schicksal das nächste jagt, begegnete ich Henning und Sarah auf dem Schulhof, den ich gerade in Richtung Bushaltestelle verlassen wollte.
Ich versuchte ihm ins Gesicht zu sehen, aber er wollte mich nicht anschauen.
Henning schaute weg.
Sarah hingegen sagte mir im Vorbeigehen unmissverständlich:
„Du bist so ein widerwärtiges Arschloch. Das hätte ich nie von dir gedacht, echt nicht.“
Klar, dass sie ihrer großen Schwester jedes Detail des Vergewaltigungsmärchens glaubte.
Was sie nicht wusste, war, dass mir ihre Meinung über mich am Arsch vorbeiging.
Sie hatte, was ich nicht hatte - Henning, den süßesten Jungen im Universum und dafür hasste ich sie.
Meine
Weitere Kostenlose Bücher