Maedchenjagd
jeden Morgen sah, war der Garten. »Ich habe beim Gericht geparkt«, sagte sie und blickte geradeaus. John hatte vor etwa sechs Monaten beschlossen, den Rasensprenger neu zu installieren, und hatte den ganzen Garten umgegraben. Auf der einen Seite hatte er Rasen angelegt, aber die andere Hälfte hatte er einfach umgegraben belassen, nachdem er den Rasensprenger nicht in Gang gebracht hatte.
»Mein Auto ist bei der Bar. Ich fahr dich hin«, sagte Richard. »Du solltest nachts nicht allein herumlaufen.«
»Danke.« Am Wochenende saß John auf einem Liegestuhl auf der Rasenseite und sonnte sich, als ob der Erdhaufen neben ihm gar nicht existierte. Egal, wie oft sie ihm sagte, dass es sie störte und wie lächerlich es aussah, er machte keine Anstalten, etwas daran zu ändern. Sie wollte nicht nach Hause. Sie wollte nicht diejenige sein, die alle Entscheidungen traf, die Zuchtmeisterin, die Starke. Sie wollte lachen und sich vergnügen, wollte sich attraktiv und begehrenswert fühlen. Sie wünschte sich, dass ein Geburtstag ein Anlass zum Feiern war.
Schweigend gingen sie nebeneinanderher. Sie würde sich mit dem Augenblick begnügen müssen. Bald wäre er vorüber, und sie würde zu Hause im Bett neben John liegen. Nach all den Jahren der Enthaltsamkeit und Johns Anschuldigungen, dass sie ihn betrog, wünschte sie sich zum ersten Mal, dass es stimmte. Und es konnte niemand anderes als der Mann neben ihr sein, der Mann, den sie in ihren Träumen herbeirief. Doch er war verheiratet, und es gab keinen Grund, zu glauben, dass er sich körperlich zu ihr hingezogen fühlte. Wenn John kein Interesse mehr an ihr hatte, warum sollte es ein anderer Mann haben? Sie war nicht mehr begehrenswert. Sie musste sich damit abfinden. So wie sie sich mit allem anderen in ihrem Leben abgefunden hatte.
Er öffnete die Beifahrertür seines weißen BMW und warf ein Bündel, das aussah wie seine Sportsachen, auf den Rücksitz. Als er auf dem Fahrersitz saß, steckte er den Schlüssel in die Zündung, ließ seine Hände in den Schoß fallen und drehte sich zu ihr. Er beugte sich hinüber, küsste sie direkt auf den Mund und vergrub seine Hände in ihrem dichten Haar. Seine Bartstoppeln kratzten ihre empfindliche Haut, aber sie bemerkte es nicht.
»Komm mit zu mir«, flüsterte er. »Bitte, ich will dich.«
»Aber …« Lily dachte an seine Frau und seinen Sohn im Teenageralter, daran, dass sie selbst nach Hause musste, dass sie es jetzt vielleicht wollte, aber später bereuen würde. Seine Lippen wanderten in ihren Nacken und bissen sie zärtlich in ihr Ohr. Seine Hände pressten sie an seinen Körper.
Eine warme Welle überflutete sie, und sie drückte sich enger an ihn. Jeder einzelne Nerv ihres Körpers war lebendig. Alles wurde hinweggespült: der Job, John, Shana, ihr Geburtstag, ihre Erziehung, ihre Umsicht.
»Bitte«, sagte er und hob ihr Kinn an, so dass sie ihm in die Augen sehen musste. »Es ist niemand da, wenn es das ist, woran du denkst. Und es wird heute Nacht auch niemand nach Hause kommen.« Er nahm ihre Hand und legte sie auf seine Erektion. Sie ließ sie dort liegen, während er sie wieder küsste.
Sie war eine normale Frau mit normalen Bedürfnissen. Richard würde sie nicht als Abfalleimer missbrauchen, wie John es ausdrückte. Richard würde sie wieder instand setzen, er war der Heiler, der Magier. Er würde sie unter Strom setzen und das Licht einschalten. Sie war nicht zerbrochen. Sie war einfach nur aus dem Verkehr gezogen worden.
»Fahr«, sagte sie, »und zwar schnell. Fahr schnell.«
Eine Stunde später standen sie vor dem Spiegelglasfenster in seinem Wohnzimmer und blickten hinaus auf die Lichter von Ventura. Er war nackt, sie war in ein großes Badetuch gewickelt. Das Haus befand sich in den Ausläufern der Berge, war modern und hatte hohe Decken und eine freie, luftige Atmosphäre. Ihr Blazer, ihre Schuhe, ihr Büstenhalter und die Strumpfhose waren im Zimmer verstreut. Sie hatten es nicht bis ins Schlafzimmer geschafft.
Kaum dass sie im Haus gewesen waren, hatte sie sich ausgezogen, fast noch schneller als er, und sie waren einander dicht gegenübergestanden, die Arme an der Seite.
»Ich habe gewusst, dass dein Körper so aussehen würde«, sagte er.
»Wie sieht er denn aus?«
»Sinnlich. Er sieht aus wie ein Berg Erdbeerjoghurt. Ich möchte ihn schmecken.«
Sie liebten sich auf dem Sofa, das zu kurz war, so dass die Füße an einem Ende überstanden, ein Knäuel von Armen und Beinen. Es war das
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