Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maedchenjagd

Maedchenjagd

Titel: Maedchenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Taylor Rosenberg
Vom Netzwerk:
Damen und Herren, das Gericht zieht sich für eine Pause von fünfzehn Minuten zurück. Wir setzen die Sitzung Punkt elf Uhr fort.« Nach einem kurzen Hammerschlag verließ sie eilig den Gerichtssaal.
    Shana war in ihrem letzten Studienjahr Jura an der Stanford University. Lily versuchte seit Wochen erfolglos, sie telefonisch zu erreichen. Früher hätte sie sich nichts dabei gedacht. Das Studium in Stanford war anspruchsvoll, und ihre Tochter brachte beinahe jede Minute damit zu, zu lernen. Die verbleibende Zeit widmete sie ihrem Freund.
    Shana hatte Lilys zweiten Mann Bryce gehasst und ihre Mutter deshalb selten besucht. Aber es hatte nicht nur an Bryce gelegen. Lily und ihre Tochter hatten ein grausames Martyrium in Ventura durchlitten. Ein Mann war in Lilys Haus eingebrochen und hatte sie und ihre Tochter mit vorgehaltenem Messer vergewaltigt. Shana war damals erst zwölf Jahre alt gewesen, und seitdem waren sechzehn Jahre verstrichen, doch niemand überwand ein solches Trauma jemals vollständig. Sogar Lily war für ein paar Jahre nach Santa Barbara gezogen, um die Erinnerung hinter sich zu lassen. Sie hatte dort ein Haus gemietet und hatte als Staatsanwältin gearbeitet. Als ihr ein Posten als Richterin in Ventura angeboten worden war, hatte sie nicht widerstehen können, zumal Shana kurz vor dem Ende ihres Studiums stand und ohnehin bald in die Welt hinausziehen würde. Lily hatte gehofft, dass ihre Tochter zu der gleichen Überzeugung gelangen würde wie sie selbst, nämlich dass es nicht die Stadt, sondern das Verbrechen war, mit dem sie fertigwerden musste, und dass es nichts nützte, davor wegzulaufen. Irgendwann würde Shana sich ihren Dämonen stellen müssen, sonst würde sie sie niemals bezwingen, wie Lily nur zu gut wusste.
    John und Lily waren seit sieben Jahren geschieden gewesen, als John ermordet wurde. Dieses Ereignis hatte Shana augenscheinlich noch stärker belastet als die Vergewaltigung. Es scherte Shana nicht, dass ihr Vater Alkoholiker geworden war und nicht mehr für den eigenen Lebensunterhalt aufkommen konnte. Sie bewunderte ihn noch immer und bestand darauf, bei ihm in Los Angeles zu wohnen, wo sie kurzzeitig an der UCLA studierte. Entmutigt und alleingelassen, heiratete Lily Bryce, doch als sich herausstellte, dass er sie von Anbeginn betrogen hatte, ließ sie sich von ihm scheiden. Jetzt lebte sie mit Christopher Rendell zusammen, einem gutaussehenden, intelligenten und liebenswerten Richter. Sie hatte ein Haus am Strand gekauft, das auch Shana ganz bestimmt lieben würde, zumal es weit entfernt von dort war, wo sie gewohnt hatten, als sie vergewaltigt worden waren.
    Seitdem Chris sie gebeten hatte, seine Frau zu werden, hatte sie Shana wiederholt aufgefordert, sie in Ventura zu besuchen, um ihn kennenzulernen. Auch ihre Tochter schien eine ernsthafte Beziehung zu einem jungen Mann zu haben, mit dem sie schon seit Jahren befreundet war, aber sie hatte ihr Versprechen, ihn nach Hause mitzubringen, nie gehalten. Shana verbrachte nicht einmal die Sommerferien in Ventura. Sie hatte sich geweigert, in ein Studentenheim zu ziehen, also hatte Lily für sie eine Wohnung in Palo Alto angemietet. Dort blieb Shana das ganze Jahr über.
    Lily machte sich zunehmend Sorgen um Shana. Noch vor wenigen Jahren hatte man durch ein Gespräch mit dem Mitbewohner seines Kindes herausfinden können, was los war. Heutzutage aber gab es keine Festanschlüsse mehr in den Wohnheimen und Studentenapartments. Alle vertrauten ganz auf ihre Mobiltelefone.
    Auf dem Weg in ihr Büro sah sie Chris in der Tür stehen, und sie beschleunigte ihr Tempo. Nach all dem Horror, den sie in ihrem Leben durchgemacht hatte, hatte Lily endlich wahre Liebe und Glück gefunden. Sie griff nach seiner Hand, führte ihn an ihrer Assistentin vorbei in ihr Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
    »Diese verdammten Fernseh- und Presseleute«, sagte sie. »Ich hätte sie nicht zur Verhandlung zulassen sollen. Eigentlich war Silverstein schuld, dieses übereifrige kleine Arschloch.«
    »Was ist passiert?«
    »Ich erzähl es dir beim Mittagessen. Ich muss schnell ein paar Telefonate erledigen.« Sie betrachtete ihn. »Du scheinst eine Menge Freizeit zu haben. Ist wenig los?«
    »Heute ist es angenehm«, antwortete er. »Gestern aber war es richtig fies.« Er legte seine Arme um sie und zog sie zu sich. Gleich darauf schlüpfte er mit seiner Hand unter ihre Robe und fasste ihr unter den Rock. »Ich hoffe, dass ich dir wichtiger bin als

Weitere Kostenlose Bücher