Maedchenjagd
John, ich habe endlich den richtigen Mann gefunden. Ich kann doch nichts dafür, dass er in einer anderen Stadt eingesetzt wurde. In Ventura gibt es derzeit zwei freie Stellen. Weißt du, wie selten so was vorkommt? Wenn Brooks und ich uns nicht beeilen, sind sie weg.«
»Ich werde darüber nachdenken.«
»Das ist nicht fair«, wandte Mary ein. »Du willst mich hier halten, damit du auf mich aufpassen kannst. Weil Dad dein Leben gerettet hat, meinst du, dass du ihm das schuldig bist. Es gibt Agenten mit doppelt so viel Erfahrung, die seit Jahren eine Versetzung hierher beantragt haben. Vater würde sich wünschen, dass ich glücklich bin und dass meine Mutter die Gelegenheit kriegt, ihr Enkelkind zu erleben. Mom wird nicht jünger, Onkel John. Sie fährt seit einem Jahr nicht mehr Auto, und sie wird nicht mehr lange allein leben können. Brooks und ich haben ein Zuhause für sie in Ventura.«
Adams sah aus, als gebe er sich geschlagen. »Du weißt, dass ich es nicht mag, wenn du mich bei der Arbeit Onkel John nennst. Wir haben das alles bei deiner Einstellung besprochen.«
Sie fixierte ihn. »Wenn du es nicht für mich tun willst, dann tu es für meinen Vater.«
»Okay«, sagte er und hob die Arme. »Wenn es unbedingt sein muss, dann werde ich die verdammten Papiere eben weiterleiten.«
Mary stürmte zu ihm und küsste ihn auf die Wange. »Danke! Du hast meinen Tag gerettet.«
»Nun, und du hast mir meinen ruiniert.«
»Ach, komm, Onkel John«, sagte sie und zerzauste ihm das Haar. »Wir werden uns doch auch so wiedersehen. Ich komme und besuche dich, und du kannst zu uns …« Seine Position beim FBI war so wichtig, dass er seit Jahren keinen Urlaub mehr genommen hatte. Eine Träne stahl sich über ihre Wange, und schnell wischte sie sie mit der Hand ab. Er war wie ein Vater für sie gewesen, seit sie in Quantico war, und es fiel ihr schwer, loszulassen. Sie hatte schon einmal einen Vater verloren. »Ich finde schon einen Weg, wie wir uns sehen können, versprochen. Wir können skypen. Ich weiß, dass du nicht nach Ventura kommen kannst, aber Brooks und ich werden dich besuchen. Und wir werden auf jeden Fall das Baby mitbringen, damit du es kennenlernst.«
»Du bist schon schwanger? Mann, der Kerl hatte es aber eilig.«
»Ich bin noch nicht schwanger«, sagte Mary. »Aber ich könnte es werden, wenn ich mal anfange, im gleichen Bett zu schlafen wie mein Mann.«
Adams schob sie fort. Seine Zimmertür stand offen, und sie wusste, dass er befürchtete, einer der Agenten könnte vorbeikommen und sie sehen. »Wer wird den Fall bearbeiten?«
»Ich.« Mary ging wieder auf angemessene Distanz. »Mein zukünftiger SAC wird schon nichts dagegen haben. So viel ist in Ventura ohnehin nicht los, ich werde genug Zeit haben.«
Er hob eine Augenbraue. »Bist du da nicht allzu zuversichtlich?«
»Vielleicht«, sagte Mary lächelnd. Sie wollte erzählen, dass ihr neuer Chef ihr Ehemann sein würde, ließ es aber bleiben. Sie hatte ihren Mädchennamen behalten, deshalb wusste man beim FBI nicht, dass sie und Brooks verheiratet waren. Sie wollte es so lange wie möglich dabei belassen. Wenn sie schwanger würde, wollte sie ohnehin aussteigen. »Ich sag Bescheid, wenn es ein Problem gibt.«
Adams sah nicht auf. Grummelnd sagte er: »Zurück an die Arbeit, Stevens. Bis die Bestätigung da ist, gehörst du immer noch mir.«
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3
Mittwoch, 13 . Januar
Ventura, Kalifornien
E ndlich beruhigte sich der Tumult im Gerichtssaal, und Lily blickte Silverstein an. »Sie können fortfahren, Herr Staatsanwalt.«
»Am Abend von Brandons Tod«, begann Silverstein mit leiser Stimme, damit die Geschworenen genauer hinhören mussten, »hatten die warmen Santa-Ana-Winde die Temperatur auf dreißig Grad ansteigen lassen. Im Kofferraum allerdings, in dem Brandon eingesperrt war, sah die Sache anders aus. Dort herrschte eine Gluthitze von knapp fünfzig Grad. Stellen Sie sich das Grauen vor, das ein Zweijähriger durchlebt, der im Stockdunkeln eines Kofferraums nach Luft schnappt und verzweifelt um Hilfe schreit, bis er schließlich einem Hitzschlag erliegt. Die Grausamkeit, der dieses Kind ausgesetzt war, kann sich nur mit der Bösartigkeit jener Frau messen, die ihn geboren hat.«
Silverstein war dabei, erschwerende Umstände anzuführen, und Lily deutete mit einem Blick an, dass sie drauf und dran war, ihn zu unterbrechen. Sobald er den Wink verstanden und zu sprechen aufgehört hatte, wandte sie sich an die Geschworenen. »Meine
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