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Maedchenmoerder Ein Liebesroman

Titel: Maedchenmoerder Ein Liebesroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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kleinen, nach billigem Raumspray riechenden Hotelzimmer auf dem Bett lag, allein mit der harten Kopfkissenrolle und Deiner Warnung, ich solle nie wieder wagen, Dir in die Quere zu kommen? Die Fenster standen offen, das Holzrollo war heruntergelassen, von der Straße drangen spanische Sprechsalven herauf, und ich lauschte, ob ich irgendwo Deine Stimme heraushörte, obwohl ich eigentlich sicher war, dass Du nicht in die Bar direkt neben dem Hotel gegangen bist. Wärst Du dort gewesen - ich hätte Deine Nähe gespürt. Stattdessen trieb ich hilflos in meiner Angst umher, die mich überkommen hatte, als Du dem Patron Deinen Personalausweis über den Tresen gereicht hattest und dieser nach längerem Palaver - habe ich richtig verstanden, dass er auch meinen Ausweis sehen wollte? -, und dieser in einem Seitenraum verschwunden und wenige Sekunden später das Surren einer Kopiermaschine ertönt war. Ich konnte nicht begreifen, warum Du so leichtsinnig warst, dem Patron Deinen Ausweis zu geben. Ich konnte nicht begreifen, warum wir in einem Land unterwegs sein mussten, in dem man ohne Personalausweis offensichtlich nicht im Hotel übernachten durfte. Und vor allem konnte ich nicht begreifen, warum Du immer noch so böse auf mich warst.
     
     
    ( Jetzt verstehe ich, dass es eine Folge meines Versagens in Gerona gewesen sein muss...)
     
     
    Als ich die Sprechsalven unten auf der Straße, die Stille im Zimmer und das Warten, dass es an der Tür klopfte oder die Polizei, ohne anzuklopfen, gleich das Zimmer stürmte, endgültig nicht mehr ertrug, stand ich auf, um den Fernseher einzuschalten. Die Fernbedienung roch, als ob sie einmal in Suppe gefallen wäre oder als ob sie jemand, der zuvor fettiges Hühnchen gegessen hatte, zu lange in der Hand gehabt hätte. Vergeblich versuchte ich zu verstehen, worum es bei der Spielshow im Fernsehen ging. Der Quizmaster redete auf eine schöne Frau ein, an der alles groß war, der Mund, die Augen, die Hände, die Locken. Die Frau sah aus, als sei sie unmittelbar vor der Sendung aus einem Hochglanzmagazin ausgeschnitten worden. Ich fragte mich, wie es sich anfühlte, so groß und schön und - mir fiel kein besseres Wort ein - so glatt zu sein. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie so jemand lebte. In einer Küche, die jeden Tag dreimal gewischt wurde? Mit Fensterscheiben, die bis zur Unsichtbarkeit geputzt waren? Mit Kleiderschränken, in denen nur Bügel derselben Art hingen und in denen alle T-Shirts und Blusen zu exakt gleich großen Rechtecken gefaltet und »auf Kante« gestapelt waren - so wie meine Großmutter vergeblich versucht hatte, es mir beizubringen? Dabei wirkte die Frau im Fernsehen noch nicht einmal spießig, ihre großen Augen blitzten, und ihr großer Mund war ständig am Lachen.
    Es gelang mir nicht, die Frage zu unterdrücken, was für ein Opfer sie in Deinen Händen wäre. Wie würde sie Dich angucken, sobald sie begriffen hätte, dass sie Dir ausgeliefert war? Würden ihre großen Hände aufhören, mutig die Luft zu zerteilen und sich stattdessen zitternd ineinanderkrallen? Oder würde sie Dich aus ihren großen Augen anblitzen und Dir aus ihrem großen Mund eine Salve Spanisch entgegenschleudern, so wie sie jetzt den Moderator anblitzte, der ihr offensichtlich eine unanständige Frage gestellt hatte? Wie lange würde ihr Körper, der sicher ebenso glatt und unverschwitzt wie ihre Kleidung war, die Dinge, die Du ihm antatest, ertragen?
    Und plötzlich erfasste mich eine neue Angst: die Angst, die Guardia Civil - oder welche Abteilung der spanischen Polizei auch immer - könnte Dich längst verhaftet haben. Ich spürte, dass etwas nicht stimmte, ich fühlte , dass Du in Not warst. (Oder war es der Moment, in dem Du über die Studentin hergefallen bist?) Ich bereute, nicht auf die Uhr geschaut zu haben, als Du weggegangen bist, sonst hätte ich wenigstens gewusst, ob ich schon drei oder vier Stunden allein war. Ich griff nach der ranzigen Fernbedienung und begann zu zappen. Thunfisch in der Dose, Saturn (¡ La avaricia me vicia !), ein Film mit Brad Pitt, den ich irgendwann gesehen hatte, aber jetzt nicht noch einmal sehen wollte, schon gar nicht auf Spanisch. Ich erschrak, als ich einen Radfahrer in einem orangen Trikot sah, der sich mit verzerrtem Gesicht einen steilen Anstieg hinaufquälte. Und dann hörte ich plötzlich Deutsch und schaute in das Gesicht eines Mädchens, das gequält lächelte, ziemlich langweilig und alles in allem furchtbar aussah, und ich wunderte

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