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Maengelexemplar

Titel: Maengelexemplar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Kuttner
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aussieht wie Mecklenburg-Vorpommern, und legt lauter Gegenstände in meiner Wohnung in Höhen ab, die ich ohne Leiter nicht erreiche. Er checkt seine Mails und lacht über irgendwas im Internet. Ich bin verwirrt und suche leise Körperkontakt. Er fasst mir an den Hintern und fragt mit breitem Grinsen: »Macht dir doch nichts aus, wenn ich ein bisschen an dir rumfummele?« Dann küsst er mich irgendwo hin und geht.
    Ich bleibe zu Hause und bin überrumpelt. Ich kann schon nachvollziehen, warum Frauen sich nach einer so enormen Nähe, wie Sex sie vermittelt, verlieben. Oder zumindest nicht sofort umschalten können. Und da sitze ich und bin noch ganz unumgeschaltet.
     
    Im Laufe des Tages kommt eine MMS von David mit einer Zeichnung. Er hat Mecklenburg-Vorpommern gemalt. Das ist in meiner Welt eine Entschuldigung. Oder ein Zugeständnis. Eine Verbindung. Ich bin wieder versöhnt.
     
    Am Tag unserer Kinoverabredung gehen wir tatsächlich ins Kino. Ein zweites Date. Wir begrüßen uns eher unherzlich und linkisch, Freund Witz hilft uns beiden ganz gut durch die Situation. Ich bin unsicher, weil ich nicht weiß, was wir sind. Wie wir jetzt sein müssen.
    Im Kino frage ich David, ob ich lieber rechts oder links von ihm sitzen soll. Er sagt: »Am liebsten auf mir.« Das frisch aus dem Nest gefallene Vögelchen Ich findet das niedlich und malt einen weiteren Strich in der Spalte »Zugeständnis«.
    Es ist ungemütlich auf Davids Schoß. Aber er hält mich die ganze Zeit fest und drückt mich so dolle, dass ich kaum atmen kann. Ich werde gestreichelt und geküsst, aber die Umarmungen überwiegen. Ich mache noch zwei Striche in meiner Liste. Hier schlägt Nähe Sexualität. Nach der Hälfte des Films setze ich mich neben David. Wir halten unsere Hände, und ich erwische David mehrfach dabei, mich anzusehen. Ich erwidere seinen Blick standhaft.
Soso
, denke ich.
Du glaubst also, dass ich mich in dich verlieben werde? Ha! Kuck dich mal an!
    Nach dem Kino schlafen wir bei David und wiederholen nach dem Aufwachen das kalte Morgenritual. David macht Witze, ich bin verwirrt.
    Wir gehen frühstücken und treffen Freunde von ihm. Wir frühstücken also zu viert. Ich höre den Jungs zu und denke über die Situation nach. Ich versuche, mich so interessant wie möglich zu verhalten. Ich bin lustig und schlau. Ich falle nicht auf David rein, liebe Freunde von David. Seht doch her, wie aufgeklärt ich bin, ich weiß Bescheid über euren Freund. Die anderen haben sich vielleicht unglücklich verliebt, aber mir wird das nicht passieren.
    David lacht mit uns allen. Er wirkt entspannt, mir zugeneigt, aber nicht nah. Wir könnten auch zusammen studieren oder uns an der Tankstelle getroffen haben.
    Ich schraube mich also zurück. Meine Erwartungen und meine Bedürfnisse. Ich war zu schnell. Wie immer.
    Als Davids Freunde gehen, sage ich ein ziemlich undefiniertes »So«.
    Und David sagt ein ziemlich definiertes »Ich möchte gern noch mehr Zeit mit dir verbringen. Ich find es schön mit dir. Sollen wir noch was machen?«
    Ich bin überrascht und freue mich sehr. Willkommen zurück, liebe Erwartungen und Bedürfnisse! Kommt, ihr und David und ich, wir verbringen alle den Tag zusammen!
     
    Wir gehen ins Museum. Wir wollen uns deutsche Geschichte ansehen. Bereits im zwölften Jahrhundert fangen wir an, zu küssen. Wir kommen gar nicht los voneinander. Wir küssen und drücken uns, als müsste ich gleich in einen Zug steigen. Wir sitzen auf Museumsbänken und sprechen über unsere Krankheiten, unsere Köpfe, mögliche Zusammenhänge. Immer wenn wir einen trockenen Mund bekommen, küssen wir wieder. Wir kleben aneinander. Wir kommen nicht weiter als bis in das sechzehnte Jahrhundert deutscher Geschichte, dann werden wir gebeten zu gehen. Das Museum schließt.
    Draußen ist es kalt und feucht, aber ich bin berauscht. Die ganze Körperlichkeit macht mich ganz warm. Ich fühle mich wieder im Nest. Ich bin duselig. Wir stolpern ziellos durch die Stadt, und ich schubse unsere Gespräche immer wieder auf Davids Drohung.
    »Warum glaubst du, dass ich mich verlieben werde? Warum nicht du? Oder keiner von uns beiden? Oder beide?«, frage ich.
    »Weil es immer so ist«, sagt David eher resigniert als stolz.
    »Ach komm, du wirst dich auch schon mal verliebt haben.«
    »Nicht in den letzten Jahren. Mein Leben ist zu durcheinander dafür.«
    »Das ist doch Quatsch«, finde ich. »Es muss nur die Richtige kommen«, sage ich weise und zeige vor meinem geistigen

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