Maenner fuers Leben
sollten in Atlanta heiraten.
Damals bemühte ich mich, dieses Gefühl zu rechtfertigen. Ich sagte mir, ich hätte Pittsburgh nicht ohne Grund verlassen. Ich wollte ein anderes Leben haben – kein besseres, aber ein anderes. Und dazu gehörte auch eine andere Art von Hochzeit. Ich wollte nicht in meiner zugigen katholischen Pfarrkirche heiraten, ich wollte keine Kohlrouladen von folienbespannten Warmhalteplatten essen, und ich wollte nicht in der Veteranenhalle zum Ententanz abhotten. Ich wollte nicht, dass mir die Hochzeitstorte ins Gesicht geworfen wird, ich wollte nicht, dass mein Bräutigam mir ein Strumpfband aus blauer Spitze mit den Zähnen abnimmt, und ich wollte nicht, dass ein neunjähriges Mädchen meinen Brautstrauß auffängt, weil buchstäblich jeder andere weibliche Gast längst verheiratet ist und Kinder hat. Ich wollte am Ende nicht von den Freunden meines Mannes – soweit sie noch stehen konnten – mit Reis beworfen werden und dann in einer schwarzen Stretch-Limo mit leeren Konservendosen an der hinteren Stoßstange zum Days Inn gefahren werden, wo wir übernachten würden, um dann am nächsten Tag nach Cancun zu fliegen und unsere Flitterwochen mit einem Pauschalurlaub zu verbringen. Nicht, dass ich irgendetwas davon mit Naserümpfen betrachtet hätte – ich hatte nur eine andere Vorstellung von einer «Traumhochzeit».
Jetzt wird mir klar, dass es nicht nur darum ging, was ich für mich selbst wollte. Ich war auch unsicher, was die Grahams und ihre Freunde über mich denken könnten. Ich habe nie versucht zu verbergen, wie ich aufgewachsen bin, aber ich wollte nicht, dass sie genau hinschauten, weil ich befürchtete, jemand könnte zu dem entsetzlichen Schluss kommen, ich sei nicht gut genug für Andy. Und diese Empfindung, diese Angst , wurde offensichtlich, als es darum ging, ein Hochzeitskleid auszusuchen.
Das alles fing an, als Andy bei meinem Vater um meine Hand anhielt. Er war tatsächlich nach Pittsburgh geflogen, um meinen Dad ins Bravo Franco, sein Lieblingsrestaurant in der Stadt, einzuladen und ihn dort von Mann zu Mann um Erlaubnis zu bitten. Diese Geste brachte ihm bei meinem Dad eine Menge Punkte ein; Dad klingt immer so stolz und glücklich, wenn er davon erzählt, dass ich lange Zeit scherzhaft sagte, er habe wohl Angst gehabt, er werde mich niemals unter die Haube bringen (ein Witz, den ich mir verkneife, seit zu befürchten ist, dass dies womöglich Suzannes Schicksal ist). Bei diesem Essen, nachdem mein Dad freudestrahlend seinen Segen gegeben hatte, wurde er sehr ernst und erzählte Andy von dem Hochzeitsfonds, den er und meine Mutter vor langer Zeit für ihre Töchter eingerichtet hatten: ein Sparbuch mit siebentausend Dollar zu unserer freien Verwendung. Außerdem, sagte er zu Andy, wolle er mein Hochzeitskleid bezahlen, denn das habe meine Mutter immer tun wollen, und sie habe in den Tagen vor ihrem Tod noch davon gesprochen, wie sehr sie es bedaure, dies nicht mehr tun zu können.
Nach unserer Verlobung erzählte Andy mir das alles; er war dankbar für die Großzügigkeit meines Dads und sagte, er habe meinen alten Herrn wirklich gern und er wünschte, er hätte auch meine Mutter noch zu diesem Essen einladen können. Ohne dass wir es erwähnten, wussten wir natürlich beide, dass siebentausend Dollar bei den Kosten unserer luxuriösen Hochzeit ein Tropfen auf den heißen Stein sein würden – und dass die Grahams für die ziemlich beträchtliche Differenz aufkommen würde. Und mir war es recht. Mir war es recht, die Rolle der würdigen Schwiegertochter zu übernehmen, und niemals hätte ich die Gefühle meines Vaters verletzt, indem ich ihm sagte, sein Beitrag werde kaum die Kosten für all die pinkfarbenen Rosen decken.
Das Problem war das Kleid. Irgendwann bestand mein Dad darauf, dass ich ihm die Rechnung direkt zuschickte. Damit stand ich vor zwei unerquicklichen Möglichkeiten: Ich konnte mir ein billiges Kleid aussuchen, oder ich konnte eins nehmen, das mein Vater sich nicht leisten konnte. Dieses Dilemma im Hinterkopf zog ich mit Stella, Margot und Suzanne los, um ein Brautkleid zu kaufen, und dauernd linste ich auf die Preisschilder und versuchte, etwas zu finden, das weniger als fünfhundert Dollar kostete – was in Manhattan aber einfach nicht möglich ist, zumindest nicht in den Couture-Geschäften in der Madison und der Fifth Avenue, in denen Margot uns angemeldet hatte. Rückblickend weiß ich, dass ich Margot das alles hätte anvertrauen können:
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