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Maenner fuers Leben

Maenner fuers Leben

Titel: Maenner fuers Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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frage ich – nicht weil ich es wirklich wissen will, sondern weil ich ihr ansehe, dass sie unbedingt gefragt werden möchte. Ich wette, da ist ein Junge im Spiel. Es ist immer ein Junge im Spiel.
    Und richtig, sie sagt: «Ich will zu meinem Freund. Er wohnt in Tribeca.»
    Es klingt stolz, wie sie «Tribeca» sagt – als hätte sie das Wort erst ein paarmal ausgesprochen. Vielleicht hat sie gerade erst erfahren, dass es «Triangle Below Canal Street» bedeutet. Ich weiß noch, wie ich das gelernt habe – so, wie ich früher die Houston Street falsch ausgesprochen habe – nämlich wie die Stadt in Texas –, bis Margot mich korrigierte und zugab, dass sie den gleichen Fehler noch einen Tag zuvor selbst gemacht habe.
    «Hm», brumme ich. «Tolle Gegend.»
    «Ja», sagt sie gedehnt, und es klingt, als komme sie aus Minnesota oder aus Kanada. «Er hat kürzlich ein irres Loft gefunden.» Sie inszeniert das Wort «Loft», wie er es sicher auch getan hat, um sie zu beeindrucken. Ich frage mich, ob sie die «irre» Behausung schon gesehen hat. Ich stelle mir vor, dass sie eng und grau ist – und trotzdem irgendwie wundervoll.
    Ich lächle und nicke. «Und wo wohnen Sie?»
    Sie zieht eine verknautschte Jeansjacke aus ihrem Trolley, und ich denke: Jeans zu Jeans – nicht gut. Sie knöpft sie fast bis obenhin zu, was den Look noch schlimmer macht, und sagt: «In Toronto. Mein Freund ist Maler.»
    Das ist eine Feststellung von herrlicher Zusammenhanglosigkeit, die noch einmal beweist, dass sie ihn liebt und dass alles sich um ihn dreht.
    Gefährlich , denke ich, aber ich lächle wieder und sage: «Das ist schön.» Wie mögen sie sich kennengelernt haben? Wie lange sind sie schon zusammen, und wird sie zu ihm nach New York ziehen? Wie wird ihre Geschichte enden? Falls sie endet …
    Die Schlange schiebt sich voran und bringt mich Zoll für Zoll näher zu Leo.
    «Und Sie … kommen Sie nach Hause?», fragt sie.
    Ich sehe sie verständnislos an, und sie erklärt: «Ich meine, wohnen Sie in Queens?»
    «Oh … Nein», sage ich. «Ich treffe mich dort mit jemandem. Zum Arbeiten.»
    «Sie sind Fotografin?»
    Einen Moment lang bin ich erstaunt über ihre Intuition, aber dann fällt mir ein, dass ich meine Kameratasche mit meinem Equipment dabeihabe.
    «Ja», sage ich und fühle mich von Minute zu Minute mehr wie ich selbst.
    Ich bin Fotografin. Ich bin in New York. Ich werde Leo sehen .
    Sie lächelt. «Cool.»
    Plötzlich haben wir den Anfang der Warteschlange erreicht, und ich verabschiede mich von meiner neuen, namenlosen Freundin.
    «Wiedersehen», sagt sie, und sie sieht so glücklich aus. Sie winkt – eine seltsame Geste, wenn man so dicht hinter jemandem steht.
    «Viel Glück», sage ich.
    Sie bedankt sich, aber ihr Blick ist fragend, als wisse sie nicht, was Glück mit all dem zu tun habe. Eine Menge , möchte ich ihr gern sagen. Glück hat mit allem eine Menge zu tun. Aber ich lächle nur und wende mich ab, um dem Taxifahrer mein Gepäck zu übergeben.
    «Wohin?», fragt er, als wir beide einsteigen.
    Ich nenne ihm die Adresse, die ich schon so lange auswendig kenne, und überprüfe in meinem Taschenspiegel nervös mein Make-up. Ich trage nur Lidschatten und Lipgloss und widerstehe der Versuchung, mehr aufzutragen. Ich habe mich auch mit einem Pferdeschwanz und einem schlichten Outfit begnügt: Jeans, ein weißes Buttondown-Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln und flache schwarze Schuhe. Vielleicht geht es bei diesem Trip nicht nur um Arbeit, aber zumindest bin ich angezogen, als wäre da nichts weiter.
    Nervös ziehe ich mein Telefon aus der Tasche, und im selben Moment kommt eine SMS von Leo: Bist du schon da?
    Mit klopfendem Herzen sehe ich ihn vor mir: Frisch geduscht schaut er auf die Uhr und wartet auf mich.
    Ich antworte: Bin im Taxi. Bald da.
    Einen Augenblick später schickt er ein Smiley, und das entspannt und überrascht mich gleichzeitig. Leo war nie der Emoticon-Typ, abgesehen von dem gelegentlichen Doppelpunkt-Strich-Slash-Gesicht :-/, das er manchmal ans Ende seiner E-Mails gehängt hat, um sich über meine leicht asymmetrischen Lippen lustig zu machen – was Andy übrigens nie aufgefallen ist. Zumindest hat er nie etwas dazu gesagt.
    Ich schaue lächelnd auf mein Handy – trotz meiner Stimmung, die zwar nicht schlecht, aber keineswegs smiley-mäßig ist. Dann stecke ich mir die Ohrstöpsel in die Ohren, schalte meinen iPod ein und höre «La Cienega Just Smiled» von Ryan Adams, einen meiner

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