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Maenner fuers Leben

Maenner fuers Leben

Titel: Maenner fuers Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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zu breit war, um Vertrauen zu erwecken, machte die Sache noch schlimmer – aber das war vielleicht nur eine Vermutung meinerseits, denn er fuhr in einem blitzenden Cadillac davon, nachdem er meiner Mutter die Hand geküsst und sie zum Kichern gebracht hatte. Trotzdem spürte ich bei meiner Mutter keine echte Nostalgie und keine nachträglichen Zweifel – obwohl sie mir diesen ziemlich unromantischen Hinweis gegeben hatte –, aber vielleicht war ich auch nur noch nicht alt genug, um einen Blick dafür zu haben.
    Aber jetzt frage ich mich, was sie in dem Augenblick wirklich dachte und wie es ihr in Wahrheit ging – mit meinem Vater und mit Mike. Hat sie ihre Entscheidungen jemals bereut? Waren sie eindeutiger als meine, oder gibt es in Herzensfragen immer auch Schattierungen? Ich wünschte, ich könnte sie fragen, aber plötzlich kann ich ihre Antwort fühlen, als ich Andy in unserer Küche vor mir sehe, mit loser Krawatte und zerknautschtem Anzug. Ich sehe ihn, wie er aufmerksam die Anweisungen auf einer Schachtel mit Tiefkühlpizza liest und sich überlegt, ob er sie in die Mikrowelle schieben oder sich die Extramühe machen und den Backofen vorheizen soll, während er die ganze Zeit nach besten Kräften versucht, mich und seinen Zettel auf der Theke zu vergessen.
    Wenn du gehst, komm nicht wieder .
    Ich bekomme Angst, als ich begreife, dass Andy, nur weil ich meine Entscheidung getroffen habe, nicht unbedingt die gleiche treffen wird. Besonders, wenn ich ihm erzähle, was ich soeben mit Leo getan habe – und davon werde ich ihm erzählen müssen. Panik steigt in mir auf, als ich spüre, wie Andy mir entgleitet. Plötzlich will ich mehr als alles andere auf der Welt sein Gesicht sehen. Ein drohender Verlust kann diese Wirkung haben.
    «Planänderung», sage ich und beuge mich nach vorn.
    «Wohin jetzt?», fragt der Fahrer.
    Mit klopfendem Herzen nenne ich ihm die Adresse meiner alten Wohnung hervor. Unserer alten Wohnung. Ich muss dorthin. Ich muss mich erinnern, wie es war. Wie es wieder werden kann – mit viel Arbeit und etwas Glück.
    Mein Fahrer nickt gelassen und biegt in die Second Avenue ein. Schilder, Lichter, Taxis, Menschen huschen verschwommen an meinem Fenster vorbei. Ich schließe die Augen. Als ich sie wieder öffne, sind wir in der 37th Street. Ich atme tief ein und langsam wieder aus. Ich bin bedrückt und zugleich erleichtert, als ich das Taxi bezahle. Ich steige aus und nehme mein Gepäck in Empfang.
    Als ich allein auf dem Gehweg stehe, schaue ich an unserem Haus hinauf in die schwarze Nacht, die das Gebäude umgibt. Dann setze ich mich auf die abgenutzten Steinstufen und wühle das Telefon aus der Tasche. Bevor ich es mir anders überlegen kann, wähle ich Andys Handynummer und erschrecke, als ich sein «Hallo» höre.
    «Hi», sage ich, und es kommt mir vor, als sei es Tage – nein, Jahre her, dass wir zuletzt miteinander gesprochen haben.
    Ich warte darauf, dass er etwas sagt, aber er tut es nicht, und ich sage: «Rate mal, wo ich bin.»
    «Wo?» Er klingt fern, müde und sehr wachsam, und offensichtlich ist er nicht in der Stimmung für Ratespielchen. Ich kann es ihm nicht verdenken.
    «Vor unserer alten Wohnung», sage ich fröstelnd.
    Er fragt nicht, warum. Vielleicht weiß er, warum. «In unserer Wohnung brennt Licht.» Ich schaue zu unseren Wohnzimmerfenstern hinauf und stelle mir die warme, behagliche Szene dahinter vor. Es könnte sein, denke ich plötzlich, dass den neuen Bewohnern elend zumute ist, aber irgendwie bezweifle ich es.
    «Ach ja?», sagt Andy abwesend.
    «Ja.» Ich höre im Hintergrund jemanden reden. Vielleicht ist es der Fernseher. Vielleicht ist er aber auch gar nicht zu Hause, sondern in einer Bar oder einem Restaurant, wo er bereits die Singles-Szene in Augenschein nimmt. Meine Gedanken überschlagen sich, als ich überlege, was ich als Nächstes sagen soll, aber alles erscheint mir falsch und lügenhaft.
    «Hasst du mich?», frage ich schließlich, und ich weiß, dass ganz ähnliche Worte zwischen mir und Leo gewechselt wurden, als er mich fragte, ob ich ihn nach unserer Trennung gehasst hätte. Warum erscheint einem der Hass so oft wie eine Komponente der Liebe – oder zumindest wie ein Maßstab für die Liebe? Ich halte den Atem an und warte auf seine Antwort.
    Schließlich seufzt er. «Ellen. Du weißt, dass ich dich nicht hasse.»
    Noch nicht , denke ich, und ich fürchte, ich werde nie den Mut aufbringen, ihm zu sagen, was ich getan habe. Aber ich bete

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