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Maenner fuers Leben

Maenner fuers Leben

Titel: Maenner fuers Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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Hals besonders anmutig aussah. Dann verschränkte sie die Arme vor dem grauen Designerkleid, und die schweren goldenen Amulette an ihrem Armreifen glitten zu ihrem Ellbogen hinauf.
    «Was ist mit dir, Andrew?», fragte sie.
    Mein Gesicht wurde warm, und ich richtete den Blick fest auf den Eiffelturm-Anhänger, zweifellos ein Geschenk von Margots Vater, den ich bis zu diesem Tag Mr.   Graham nannte und der als Einziger an diesem Abend nicht mitspielte; er saß vor dem Kamin und las das Wall Street Journal , und gelegentlich schlug er im Wörterbuch nach und spielte den Schiedsrichter, wenn ein Wort umstritten war.
    «Was soll mit mir sein?» Andy wich der Frage seiner Mutter aus und machte ein amüsiertes Gesicht.
    «Er hat mit Felicia Schluss gemacht», berichtete Margot. «Das hab ich dir doch erzählt, oder?»
    Stella nickte, aber sie ließ Andy nicht aus den Augen. «Gibt’s vielleicht doch noch eine Versöhnung mit Lucy? Ein so liebes, hübsches Mädchen», sagte sie wehmütig. «Ich hatte Lucy so gern.»
    Jetzt brach James zusammen und krähte wie Ricky Ricardo in Hoppla, Lucy : «Luuuuu-cy! Ich bin zu Hauuuuuse!»
    Wir alle lachten, undAndy warf mir mit hochgezogenen Brauen einen kurzen verschwörerischen Blick zu. «Nein. Über Lucy bin ich hinweg», sagte er, und unter dem Tisch stieß sein nackter großer Zeh gegen meinen bestrumpften. «Aber nächste Woche hab ich ein Date.»
    «Wirklich?», fragten Stella und Margot wie aus einem Munde.
    «Yep», sagte Andy.
    «Was Vielversprechendes?», fragte Margot.
    Andy nickte, und Mr.   Graham blickte mit milder Neugier von seiner Zeitung auf. Margot hatte mir mal erzählt, ihr Vater habe nur einen Wunsch: Andy möge eines Tages nach Atlanta zurückkommen und seine Kanzlei übernehmen. Die Heirat mit einem Yankee-Mädchen würde diesen Traum zunichtemachen.
    Und richtig, Mr.   Graham spähte über seine Zeitung hinweg und fragte: «Ist sie zufällig aus dem Süden?»
    «Nein», sagte Andy. «Aber ich glaube, ihr würdet sie alle wirklich gernhaben.»
    Ich lächelte und wurde rot, und als ich auf die Leiste mit meinen Buchstaben hinunterschaute, nahm ich es als gutes Omen, dass ich ein O , ein K , ein A und ein Y legen konnte.

    So fing es mit Andy und mir an. Deshalb ist ein Besuch bei Margots Familie (irgendwann zwischen dem ersten Date und der Hochzeit habe ich angefangen, sie Andys Familie zu nennen) für mich immer so etwas wie eine Reise in die Erinnerung – wie die Lektüre eines alten Liebesbriefs oder die Rückkehr an den Schauplatz eines der ersten Dates. All das geht mir durch den Kopf, als Andy und ich jetzt, ungefähr acht Tage nach der großen Neuigkeit, zu einem Wochenendbesuch nach Atlanta fliegen.
    Es ist ein ruhiger Flug, und im kobaltblauen Februarhimmel ist kein Wölkchen zu sehen, aber ich bin trotzdem ein bisschen angespannt. Das Fliegen macht mich nervös; vielleicht habe ich die Scheu meiner Mutter geerbt, die sich immer geweigert hat, ein Flugzeug zu besteigen. Nicht, dass meine Eltern sich je hätten leisten können, irgendwohin zu fliegen. Deshalb schmerzt es mich auch, wenn ich sehe, wie mein Vater jetzt jeden Winter mit Sharon nach Florida jettet, wo sie dann eine glitzerbunte Karibik-Kreuzfahrt antreten. Ich möchte, dass mein Vater glücklich ist, aber manchmal finde ich es unfair, dass Sharon die Früchte seines Arbeitslebens ernten darf. Ich weiß schon lange, dass das Leben nicht gerecht ist, aber das macht es mir nicht leichter.
    Jedenfalls gibt die Flugbegleiterin jetzt fröhlich bekannt, dass wir uns dem Hartsfield-Jackson-Airport nähern; wir sollen unsere Tische hochklappen und die Rückenlehnen in eine aufrechte Position bringen. Andy befolgt die Anordnung und legt sich die USA Today mit dem Kreuzworträtsel auf den Schoß. Er klopft mit dem Stift auf das Heft und sagt: «Ein Wort für ‹Höhepunkt› mit sechs Buchstaben?»
    «Gipfel», sagte ich.
    Andy schüttelt den Kopf. «Passt nicht.»
    Ich versuche es nochmal. «Klimax?»
    Er nickt. «Danke», sagt er und ist sichtlich stolz auf mein Kreuzworträtseltalent. Er ist der Rechtsanwalt, aber ich bin der Wortschmied. Wie seine Mutter ziehe ich ihm beim Scrabble und Boggle inzwischen fast regelmäßig das Fell über die Ohren – wie eigentlich bei allen Brettspielen. Andy macht das nichts aus; er konkurriert nicht.
    Als das Flugzeug sich sanft in die Kurve legt, umklammere ich mit der einen Hand meine Armlehne und mit der anderen Andys Bein. Ich schließe die Augen und

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