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Maenner fuers Leben

Maenner fuers Leben

Titel: Maenner fuers Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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ist, mit dir in meinem Garten herumzualbern»).
    Erleichtert lege ich auf, und zum ersten Mal, seit ich Leo wiedergesehen habe, ist mir fast leicht ums Herz. Dieser Anruf ist zwar vielleicht kein Abschluss im klassischen Sinn, aber eine Art Abschluss ist es doch, und was noch wichtiger ist – es ist ein Abschluss nach meinen Bedingungen. Ich habe das letzte Wort gesprochen. Und das bedeutet umso mehr, weil ich ja eine perfekte Ausrede hatte ( Drake Watters, um Himmels willen! ), mich noch einmal mit Leo zu treffen, fröhlich mit ihm zu plaudern und mich womöglich in ein ernstes Gespräch zu verwickeln («Was ist eigentlich wirklich damals zwischen uns passiert?»). Ich habe die Gelegenheit zurückgewiesen. Ja, ich habe die Tür zugeschlagen. Nicht, weil ich eine Freundschaft mit Leo nicht bewältigen könnte, sondern einfach, weil ich sie nicht haben will. Ende der Geschichte.
    Ich stelle mir vor, wie Leo meine Nachricht hört, und frage mich, ob er am Boden zerstört oder nur ein bisschen enttäuscht sein wird oder ob es ihm großenteils egal ist. Aber so oder so, er wird ganz sicher überrascht sein, dass seine Macht, die einmal so allumfassend war, restlos abgestorben ist. Ich glaube, er wird den Hinweis verstehen und mit seinem Fotojob woanders hingehen. Und ich werde einfach mit der Tatsache leben müssen, dass ich Drake Watters hätte fotografieren können. Ich lächle und fühle mich stark und glücklich und rechtschaffen, und dann gröle ich mit meiner grässlichen, unmusikalischen Singstimme die einzige erhebende Zeile aus «Crossroads»: Wenn es hell wird, Baby, bin ich endgültig fort .
    Sieben belanglose Tage später, als ich den Gedanken an Leo fast vollständig losgeworden bin, arbeite ich in meinem Labor im vierten Stock eines Lagerhauses in der 24th, Ecke 10th Avenue. Ich teile mir den Raum – und die Miete – mit Julian und Sabina, zwei Fotografen, die im Team arbeiten, und Oscar, einem selbständigen Drucker, Papierrestaurator und Kunstverleger. Wir vier sind jetzt seit über zwei Jahren in dem kahlen Arbeitsraum zusammen und dadurch gute Freunde geworden.
    Sabina, eine bleiche, schmächtige Frau, deren anämisches Aussehen nicht zu ihrer frechen Persönlichkeit passt, redet die meiste Zeit und fast so viel wie Oscars Radio; er hört BBC, und zwar in einer frustrierenden Lautstärke: Ich kann es nie ganz verstehen, aber ich kann es auch nicht ausblenden. Gerade unterhält sie uns mit einer Geschichte über die neueste Großtat ihrer dreijährigen Drillinge: Sie haben die komplette alte Manschettenknopf-Sammlung ihres Mannes ins Klo gespült, eine Überschwemmung im dritten Stock ihres Wohnhauses verursacht und einen großflächigen Wasserschaden in dem Apartment unter ihnen angerichtet. Sie lacht, während sie die grausigen Einzelheiten schildert: «Was kann man sonst tun, außer zu lachen?» Mir kommt der Gedanke, dass sie insgeheim entzückt über diese Geschichte ist, denn sie beklagt sich oft, ihr Mann sei materialistisch und steif. Ich höre Sabinas Geschichten gern, vor allem wenn ich an geistlosen Retuschierarbeiten sitze, wie es jetzt gerade der Fall ist. Genau gesagt, ich entferne eine Ansammlung von Aknepickeln aus dem Gesicht eines halbwüchsigen Teenagers in der Anzeige eines kleinen Plattenlabels.
    «Was meint ihr, Leute? Soll ich dem Bengel ein kleines Kinn-Implantat verpassen?»
    Oscar, ein nüchterner Brite mit trockenem Humor, blickt kaum auf von einer seiner zahllosen kleinen Schubladen mit Blei-, Antimon- und Holzlettern. Beim Hereinkommen habe ich ihm über die Schulter geschaut, und ich weiß, dass er für einen Kunstband seine viktorianische Lieblingsschrift «Etrurian» benutzt. Ich sehe Oscar gern bei der Arbeit zu, vielleicht weil sie ganz anders ist als meine, aber wahrscheinlich vor allem weil sie so würdevoll altmodisch ist.
    «Lass den armen Jungen in Ruhe», sagt er und befeuchtet sein Papier, und dann brummt er etwas über den «Humbug mit der digitalen plastischen Chirurgie».
    «Ja, Ellen. Sei nicht immer so oberflächlich, ja?» Julian, der eben von seiner x-ten Zigarettenpause zurückkommt, gibt seinen Senf dazu, als hätte er selbst nicht schon bei zahllosen magersüchtigen Mädels die Oberschenkel geglättet.
    «Ich werd’s versuchen», sage ich lächelnd.
    Von meinen drei Werkstattkollegen ist mir Julian wahrscheinlich der liebste. Zumindest haben wir viel gemeinsam. Er ist ungefähr so alt wie ich, und er ist mit einer Anwältin verheiratet, einer

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