Maenner fuers Leben
sage ich.
«Schon passiert. Ich habe an der Bar gestanden und euch beiden Idioten zugeschaut, und dabei habe ich mir einen Pretty Woman Special bestellt. Wusstest du, dass der Film hier gedreht wurde?»
«Wirklich? Den Film fand ich klasse. Haben wir den nicht zusammen gesehen?»
Sie zuckt die Achseln. «Ich weiß nur noch, dass er die Prostitution verherrlicht», sagt Suzanne. «Aber zurück zu deinem traumhaften Ex …»
«Er ist nicht traumhaft.»
«Ist er doch, und das weiß du», sagt sie. «Seine Augen sind der Wahnsinn.»
Ich versuche, mein Lächeln zu unterdrücken, aber ich kann es nicht. Seine Augen sind der Wahnsinn.
«Jetzt komm. Erzähl mir, was da läuft, ja?»
Ich seufze laut, schlage die Hände vors Gesicht und sage: «Okay. Aber du darfst nicht über mich urteilen.»
«Wann hätte ich je über dich geurteilt?»
«Meinst du das ernst?» Ich spähe sie zwischen den Fingern hindurch an und muss lachen. «Wann hättest du je nicht über mich geurteilt?»
«Stimmt auch wieder», sagt sie. «Aber ich verspreche dir, diesmal urteile ich nicht.»
Ich seufze noch einmal, und dann erzähle ich ihr die ganze Geschichte, angefangen mit dem Herzklopfen auf der Kreuzung. Suzanne unterbricht mich nicht ein einziges Mal – außer um mir noch einen Drink zu bestellen, als eine Kellnerin uns eine Silberschale mit Salzgebäck bringt. Schließlich frage ich sie, ob sie mich für einen schrecklichen Menschen hält.
Suzanne tätschelt mein Bein, wie sie es früher immer getan hat, als wir klein waren, wenn mir auf dem Rücksitz im Buick-Kombi unserer Mutter schlecht wurde. «Noch nicht», sagt sie.
«Was soll das heißen?»
«Das soll heißen, der Abend ist erst einen Martini alt … und hier bahnt sich was an.»
«Suzanne», sage ich und bin entsetzt über das, was sie da andeutet. «Ich würde Andy niemals betrügen. Niemals.»
«Ellen.» Suzanne zieht die Brauen hoch. «Wer spricht denn vom Betrügen?»
Zwei Stunden, drei Drinks und endlose Gespräche später sind Suzanne und ich in unserem Zimmer, betrunken und glücklich. Wir plündern die Minibar und stellen lachend fest, dass einem sechs Dollar für eine Tüte Süßigkeiten gar nicht so unerhört vorkommen, wenn man solchen Hunger hat, und ich denke an Leo.
«Sollen wir die Rezeption anrufen und uns ein Restaurant empfehlen lassen?», frage ich. «Mexikanisch wäre nicht schlecht …»
«So ein Zufall.» Suzanne grinst spöttisch und greift zum Hörer. «Oder wir könnten Zimmer sechshundertzwölf anrufen … oder, noch besser, wir gehen gleich zu ihm hinauf.»
Ich schüttele den Kopf und erkläre, es komme nicht in Frage, dass wir uns mit Leo zum Abendessen treffen.
«Bist du gaaanz sicher?»
«Hundertpro.»
«Weil ich denke, es könnte Spaß machen.»
«Mir zuzusehen, wie ich mich quäle?»
«Nein. Es könnte Spaß machen, weil ich zufällig Leo gern mag.»
Ich weiß nicht, ob sie sich über mich lustig machen oder mich auf die Probe stellen will oder ob sie sich nur an ihr Versprechen hält, nicht über mich zu urteilen, aber ich reiße ihr den Telefonhörer aus der Hand – und die Tüte M&Ms.
«Ach, komm», drängt sie. «Willst du denn nicht wissen, was Leo all die Jahre getrieben hat?»
«Ich weiß, was er getrieben hat. Er arbeitet immer noch als Journalist.» Ich streife die Schuhe ab, schlüpfe in ein Paar weiße Frotteepantoffeln mit dem Logo des Hotels und werfe mir eine Handvoll M&Ms in den Mund. «Deshalb bin ich ja hier – schon vergessen?»
«Ja, aber abgesehen von seiner Arbeit … Du weißt nichts über sein Leben. Du weißt nicht mal, ob er verheiratet ist.»
«Er ist nicht verheiratet.»
«Bist du sicher?»
«Er trägt keinen Ring.»
«Das heißt nichts. Viele verheiratete Männer tragen keinen Ring.»
«Ich bin entsetzt», brumme ich.
«Das heißt ja nicht unbedingt, dass sie auf Spielchen aus sind.» Suzanne hat offenbar ihre üblichen Tiraden über unberingte Schürzenjäger im Cockpit und geile Geschäftsleute in der ersten Klasse vergessen. «Dass er keinen Ring trägt, das kann einfach … die alte Schule sein. Dad hat seinen Trauring nie getragen, und ich glaube, man kann ziemlich sicher sein, dass er nicht auf der Pirsch war.»
«Kann man zur alten Schule gehören, wenn man nicht mal vierzig ist?»
«Natürlich. Das hat etwas mit einer altmodischen Seele zu tun … und ich glaube, Leo ist eine altmodische Seele.» Das sagt sie beinahe bewundernd, und ich denke plötzlich, es ist fast immer
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