Maenner fuers Leben
Schuldenerlass für die Dritte Welt und von seiner Kritik an unserer gegenwärtigen Regierung, und ich kann mich auf nichts von alldem konzentrieren. Stattdessen ringe ich mit meinen widersprechenden Empfindungen und beschließe, einen klaren Schnitt zu machen. Als sich eine Gesprächspause ergibt, sage ich so entschieden wie möglich: «Tja. Wir sollten dann los.»
Leo nickt, und sein Gesichtsausdruck ist wieder gleichmütig wie gewohnt. «Okay», sagt er.
«Also nochmal danke für alles», sage ich.
«Ich danke dir », sagt er und zieht sich noch weiter zurück. «Ich bin gespannt auf deine Fotos.»
«Und ich auf deinen Artikel. Ich weiß, er wird großartig sein.» Ich fühle, wie die Hochstimmung, die mich noch vor ein paar Minuten durchströmt hat, aus meinem Körper weicht. Höhen und Tiefen , denke ich. So war es immer mit Leo – Höhen und Tiefen.
Suzanne tut, als studiere sie ein gerahmtes Konzertplakat an der Wand hinter uns. Sie will uns noch einen letzten Augenblick lang ungestört lassen, und Leo nickt noch einmal dankend. Einen Moment lang sieht es aus, als wolle er mich noch einmal, wenn auch formell, umarmen. Aber dann tut er es nicht. Er wünscht uns nur noch einen guten Flug.
Aber ich höre: Noch ein gutes Leben .
Im Taxi auf der Fahrt zum Hotel zieht Suzanne mitfühlend die Brauen zusammen. «Du siehst traurig aus», sagt sie leise. «Bist du traurig?»
Ich bringe nicht die Kraft zum Lügen auf; also nicke ich und sage, ja – obwohl «tief unglücklich» es in Wahrheit vermutlich besser trifft.
«Ich weiß nicht, warum», sage ich. «Es ist einfach alles … so unheimlich. Ihn wiederzusehen …»
Suzanne nimmt meine Hand. «Das ist normal.»
«Ist es das wirklich? Es fühlt sich nämlich nicht normal an. Und ich glaube ganz sicher nicht, dass Andy es normal finden würde.»
Suzanne schaut aus dem Fenster und stellt die ultimative Frage. «Hast du noch Gefühle für ihn, oder glaubst du, es ist nur Nostalgie?»
«Ich glaube, es ist ein bisschen mehr als Nostalgie», gebe ich zu.
«Habe ich mir gedacht», sagt Suzanne und fügt dann, als sei es ihr gerade eingefallen, hinzu: «Aber wenn’s dir hilft – ich kapiere total, was du in ihm siehst. Dunkel, sexy, intelligent …»
Mir entfährt ein kurzes, gequältes Lachen. «Das hilft mir, ehrlich gesagt, überhaupt nicht. Überhaupt nicht. Aber trotzdem danke.»
«Sorry», sagt sie.
«Und weißt du, was auch nicht hilft?», frage ich, als unser Taxi in die Hotelzufahrt einbiegt und mehrere Pagen den Wagen umringen.
Suzanne schaut mich erwartungsvoll an.
«Wenn Leo mir erzählt, er kann sich beim besten Willen nicht erinnern, warum wir uns getrennt haben.»
«Fuck» , sagt sie und macht große Augen. «Das hat er gesagt?»
«So ungefähr.»
«Das ist ein Hammer.»
Ich nicke und bezahle das Taxi. «Ja … Glaubst du, er will Spielchen mit mir spielen?»
Suzanne überlegt. «Warum sollte er das tun?»
«Ich weiß es nicht.» Wir gehen durch die Drehtür in die Lobby, um unser Gepäck aus der Aufbewahrung zu holen. «Vielleicht, damit mir mit unserer Vergangenheit wohler ist? Oder vielleicht ist es auch nur … ein Machtspielchen.»
«Ich kenne ihn nicht gut genug», sagt sie. «Was glaubst du?»
Ich zucke die Achseln und sage, dass ich es eigentlich nicht glaube – alles nicht. Es ist nicht Leos Stil, jemandem grundlos zu einem besseren Befinden zu verhelfen. Aber manipulative Spielchen sind auch nicht seine Sache.
Wir setzen uns auf zwei Stühle in der Lobby, und Suzanne macht ein nachdenkliches Gesicht. «Tja», sagt sie schließlich, «höchstwahrscheinlich hat er es einfach so gemeint, wie er es gesagt hat: dass er sich wirklich nicht mehr erinnern kann, warum – oder wie – es zu Ende gegangen ist. Und vielleicht hat er auch gemeint, er wünscht, dass es anders gelaufen wäre.»
Ich fahre mir mit den Händen durch das Haar und seufze müde. «Das hältst du für möglich?»
Suzanne nickt. «Natürlich. Und ist das nicht sehr befriedigend? Davon träumt doch jede Frau, die abserviert worden ist. Dass der Typ es eines Tages bereut und zurückkommt und es ihr sagt. Und das Schöne dabei ist: Du bereust überhaupt nichts.»
Ich starre sie an.
«Stimmt’s?» Ihre Frage klingt bedeutungsschwanger. Ein Ein-Wort-Test der Entscheidung, die ich getroffen habe. Für Andy. Für alles in meinem Leben.
«Stimmt», sage ich mit Nachdruck. «Absolut nichts.»
«Na dann», sagt Suzanne wie üblich im Brustton der
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