Maenner in Freilandhaltung
geht vor. Wir reden später weiter.«
»Das wird nicht gehen. Sorry.« Ich hob bedauernd die Hände. »Ich hab den Kindern versprochen, dass ich nach der Besprechung mit Hans-Hermann sofort zurückkomme.«
Das stimmte zwar, dennoch wäre es auf ein Stündchen mehr oder weniger nicht angekommen. Aber ich hatte das dringende Bedürfnis, allein zu sein, um die Ereignisse der letzten Stunde, die wie eine Gerölllawine auf mich niedergeprasselt waren, erst einmal zu verarbeiten.
»Versprochen ist versprochen, das verstehe ich. Aber du bist ja bald wieder hier. Dann können wir uns noch mal ganz in Ruhe unterhalten. Weißt du schon, wann genau du zurückkommst?«
Ich hoffte inständig, dass meine Schwester bald wieder auftauchen würde. Vier Wochen waren auf den Tag genau herum. Kommenden Samstag hatte Christopher Geburtstag. Ehrensache, dass ich den noch mit ihm zusammen feiern würde.
»Möglicherweise am Sonntag«, sagte ich deshalb.
»Oh, schade, kommendes Wochenende werde ich vermutlich keine Zeit haben«, druckste Simon herum und fuhr sich durch die blonden Haare. »Ich habe mich mit Pia zu einem Mixed-Turnier im Tennisclub angemeldet.«
»Es eilt ja nicht.«
»Ganz genau, im Wesentlichen ist ja alles zwischen uns geklärt.«
»Ja ... ich muss aber los jetzt. Hans-Hermann sollte man lieber nicht warten lassen.« Im Gehen drehte ich mich noch einmal um. »Dir und Pia drücke ich natürlich ganz fest die Daumen.«
Simon, der gerade sein Sektglas zum Mund führte, hielt mitten in der Bewegung inne. »Äh ... wie meinst du das?«
»Na, für das Tennisturnier.«
»Ach so, ja. Danke.«
Kapitel 20
Partner zu werden in einer der renommiertesten Steuerkanzleien Düsseldorfs – wer so ein Angebot bekam, musste vor Freude völlig aus dem Häuschen sein. Und vor gut einem Monat wäre ich das garantiert auch gewesen, doch irgendetwas hatte sich verändert. Nicht irgendetwas hatte sich verändert, ich hatte mich verändert, musste ich mir der Ehrlichkeit halber eingestehen. Oder hast du womöglich bloß Angst vor deiner eigenen Courage?, fragte ich mich unsicher, während mir in der Dusche das heiße Wasser auf den Kopf prasselte. Partner zu werden bedeutete eine Menge Verantwortung. Vielleicht hatte ich einfach nur kalte Füße bekommen. Bei unserem Gespräch hatte ich Hans-Hermann um eine Woche Bedenkzeit gebeten. Dann waren fünf Wochen vorbei, die maximale Zeit, die er mir für meinen Sonderurlaub bewilligt hatte. Zwar war Hans-Hermann ziemlich überrascht gewesen, dass ich sein Angebot nicht sofort mit Kusshand angenommen hatte, war aber letzten Endes doch mit mir einer Meinung gewesen, dass man eine so weitreichende Entscheidung nicht übers Knie brechen sollte. Vermutlich dachte er sogar, dass ich ihn absichtlich zappeln ließ, um mich in eine bessere Verhandlungsposition zu bringen. Was natürlich absoluter Blödsinn war!
Bislang hatte ich noch mit niemandem über das Angebot geredet. Nicht einmal mit Pia oder mit Jette. Zwar hatte Daniel bei meiner Rückkehr bemerkt, dass etwas nicht mit mir stimmte, aber ich hatte behauptet, einfach bloß müde zu sein. Nachdem ich eine Nacht über Hans-Hermanns Angebot geschlafen und den ganzen Mittwoch über gegrübelt hatte, ging ich noch einmal völlig nüchtern und emotionslos alle Fakten durch. Ich wollte Partner werden – schließlich hatte ich seit Jahren auf dieses Ziel hingearbeitet. Nur ein Idiot würde eine solche Chance ausschlagen. Und ich war ganz bestimmt kein Idiot. Was Simon betraf, konnte ich mich darüberhinaus glücklich schätzen, dass er mit mir noch mal bei null anfangen wollte. Beruflich waren wir ein echtes Dreamteam – ob wir privat auch so gut harmonierten, würde sich zeigen.
Ich stieg aus der Dusche, rubbelte mich mit einem Handtuch ab und schlüpfte in die Klamotten, die ich für das Treffen mit Jan bereitgelegt hatte. Am liebsten hätte ich mich vor der Verabredung gedrückt, aber so kurz vorher abzusagen, wäre wirklich unfair gewesen. Außerdem: Was sprach dagegen, gemeinsam einen netten Abend zu verbringen? Schließlich hatte Jan selbst gesagt, dass es sich nur um ein Essen handelte. Falls er sich mehr davon versprach, würde ich ihn wohl enttäuschen müssen und ein offenes Wort mit ihm reden.
Als ich gerade dabei war, mir die Wimpern zu tuschen, hörte ich unten im Flur die Haustür klappern und kurz darauf Daniels Stimme: »Hallo! Ich bin wieder zu Hause! Wo seid ihr denn?«
Na endlich! Der Mann hatte echt Nerven, eigentlich
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