Maenner in Freilandhaltung
aufgekreuzt ist, um mich über dich auszuhorchen.«
»Ja?«, fragte ich hoffnungsvoll. Vielleicht war ja doch noch nicht alles verloren. »Was wollte er denn wissen?«
»Wie die Zoomtaste am Fotokopierer funktioniert.«
»Sehr witzig!« Ich warf einen Bierdeckel nach Pia. »Was wollte er über mich wissen?«
»Moment, lass mich mal einen Moment überlegen.« Wie zum Beweis, dass sie auch wirklich nachdachte, legte sie die Stirn in Falten. »Er hat mich gefragt, wann du deine Steuerberaterprüfung gemacht hast, ob du schon mal verheiratet warst, welche Stellung du im Bett bevorzugst ...«
»Hör auf, solche blöden Witze zu machen. Ich finde das nicht komisch«, maulte ich, konnte mir jedoch ein kleines Grinsen nicht verkneifen. »Nein, aber jetzt mal im Ernst: Was hast du Simon über mich erzählt?«
»Nichts, was er nicht auch in deiner Personalakte nachlesen könnte. Ich bin doch nicht blöd. Wenn er etwas über dich wissen will, soll er dich gefälligst selbst fragen.«
Das hatte er ja auch getan, zumindest was den Sport betraf. »Ich zermartere mir die ganze Zeit den Kopf darüber, woran es gelegen hat, dass der Abend so in die Hose gegangen ist. Möglicherweise bin ich einfach zu nervös gewesen, oder wir sind beide mit einer zu hohen Erwartungshaltung an den Abend rangegangen.« Geistesabwesend nagte ich auf meiner Unterlippe herum. »Wenn wir uns in der Kanzlei unterhalten, quatschen wir doch auch in einer Tour. Da gibt es nie diese peinlichen Gesprächspausen. Meistens sprechen wir allerdings über die Arbeit.«
»Aber über irgendetwas werdet ihr gestern Abend doch geredet haben«, sagte Pia, die offenbar auch keinen Rat wusste. »Hat er dir beispielsweise erzählt, dass er Wasserski und Snowboard fährt?«, fragte sie mit glänzenden Augen, während sie den dritten Löffel Zucker in ihren Milchkaffee schaufelte. »Einen Marathon ist er übrigens auch schon gelaufen.«
»Was du nicht sagst.«
»Na ja, streng genommen war es nur ein Halbmarathon, aber auch das ist schon eine beachtliche Leistung.«
Ob Marathon oder Halbmarathon – mir gelang es nicht einmal, halb so viel Begeisterung dafür aufzubringen wie Pia. Natürlich wusste ich, dass meine Freundin genau wie Simon eine echte Sportskanone war, aber war das wirklich schon alles? Oder ging ihr Interesse an ihm womöglich über seine sportlichen Qualitäten hinaus?
»Kann es sein, dass Simon dir gefällt?«, fragte ich, um einen möglichst beiläufigen Tonfall bemüht, und musterte Pia dabei aufmerksam.
Entgegen meiner Erwartung erwiderte sie meinen Blick unbefangen. »Natürlich gefällt er mir.« Pia lachte. »Zeig mir die Frau, die so einen Supertypen nicht toll finden würde. Aber unser Verhältnis ist wirklich rein kollegial.«
Alles klar, dann haben Pia und Simon wohl eine Betriebssportgemeinschaft gegründet, dachte ich ironisch. Deshalb die gemeinsamen Tennisstunden.
»Mach dir keine Sorgen«, beruhigte mich Pia, die meine Zweifel zu spüren schien. »Ich komm dir ganz bestimmt nicht in die Quere.«
Kapitel 12
Pia war nicht die Einzige, der ich mit Misstrauen begegnete. Daniel war am Dienstagabend schon wieder spät aus dem Büro heimgekommen. Angeblich Überstunden. Sein Arbeitseifer war mir jedoch suspekt. Gut, ich hatte auch keine geregelte Vierzigstundenwoche, aber aufgrund der Vorgeschichte war in Daniels Fall ein gewisser Argwohn sicherlich angebracht. Ich hoffte inständig, dass er sich nicht auf eine billige, abgeschmackte Büroaffäre eingelassen hatte. Das war eindeutig unter seinem Niveau. Aber ich wollte mich lieber nach allen Seiten absichern.
»Kinder, wir besuchen euren Vater!«, verkündete ich an diesem Nachmittag.
»Jipiii!«, kam es dreistimmig zurück. Schwer zu sagen, worüber die Jungs sich mehr freuten: darüber, ihren Papa zu sehen, oder über einen Ausflug in die nahe liegende Großstadt, in der sich Daniels Firma befand.
Auch mir kam diese Ablenkung sehr gelegen. Ich grübelte ständig darüber nach, was bei meinem Date mit Simon schiefgelaufen war. Er hatte zwar heute noch einmal angerufen, um sich zu erkundigen, ob es mir wieder besser ging, und eigentlich hatte er am Telefon sehr lieb und fürsorglich geklungen, trotzdem machte ich mir Vorwürfe. Für die Magenkrämpfe konnte ich nichts, allerdings war die Verabredung schon vorher nicht wirklich rund gelaufen. Und das hatte ganz sicher nicht allein Simon zu verschulden. Egal wie man es auch drehte und wendete: Ich hatte es vergeigt, so sah’s aus.
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