Maenner in Freilandhaltung
ich habe gleich eine wichtige Besprechung.«
Das traf sich gut.
»Um uns brauchst du dir keine Sorgen zu machen«, versicherte ich meinem Schwager. »Geh ruhig zu deiner Besprechung. Wir können warten.«
»Ehrlich?« Unsicher ließ Daniel den Blick zwischen seinen vor Energie strotzenden Kindern und den hohen Regalen mit Aktenordnern hin- und herwandern. Ein eins a Klettergerüst. »Passt du auf, dass die Lümmel keinen Unfug machen? Ich werde versuchen, die Besprechung möglichst schnell über die Bühne zu bringen. Danach gehen wir dann alle zusammen in der Kantine ein Eis essen.«
Beim Stichwort Eis brachen die Jungs zum zweiten Mal an diesem Tag in lautes Freudengeheul aus.
»Oh Gott, ist irgendetwas passiert?« Eine Blondine mit großen blauen Kulleraugen und einem neckisch auf und ab wippenden Pferdeschwanz steckte den Kopf zur Tür herein.
»Nein, nein, alles in Ordnung«, beruhigte Daniel sie. »Susanne, du kommst wie gerufen. Dann kann ich euch gleich miteinander bekannt machen. Das ist meine Schwägerin Louisa, und das ist Susanne, meine rechte Hand.«
Da ich gerade damit beschäftigt war, Finns Rotznäschen zu putzen, nickten wir uns nur freundlich zu.
Soso. Nicht Sekretärin oder Assistentin, sondern rechte Hand. Dann blieb nur zu hoffen, dass sich diese Hand nicht irgendwohin verirrte, wo sie nichts zu suchen hatte.
»Erinnerst du dich noch an meine Söhne?«, fragte Daniel Susanne.
»Klar erinnere ich mich an deine Söhne. Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, saßen die Zwillinge noch im Kinderwagen und haben Daumen gelutscht.«
Während Daniel und Susanne sich darüber unterhielten, wie schnell doch die Zeit verging, hatte ich Gelegenheit, Daniels Sekretärin etwas genauer in Augenschein zu nehmen. Im Gegensatz zu ihrer Kollegin am Empfang wirkte Susanne frisch und rein wie der Frühling. Zu einer weißen Sommerhose trug sie ein rosafarbenes Twinset, und um den Hals hatte sie sich ein kleines, ebenfalls rosafarbenes Tüchlein mit weißen Punkten geschlungen. Ob es am Outfit lag oder am Pferdeschwanz, auf alle Fälle machte Susanne auf mich einen durch und durch unschuldigen Eindruck. Sie hätte bestimmt eine prima Pfadfinderin abgegeben. Schwer vorstellbar, dass sie überhaupt Sex hatte, geschweige denn mit ihrem verheirateten Vorgesetzten! Andererseits waren Affären zwischen Chefs und ihren Sekretärinnen aus dem Büroalltag ebenso wenig wegzudenken wie Leitz-Ordner oder Fotokopiergeräte. Hannahs Exmann war das beste Beispiel.
»Möchten Sie einen Kaffee? Oder einen Cappuccino?«, fragte Susanne freundlich, als Daniel zu seiner Besprechung verschwunden war.
»Machen Sie sich meinetwegen bloß keine Umstände. Aber wenn Sie einen Cappuccino mittrinken ...«
Kurze Zeit später kehrte Susanne mit zwei Tassen Cappuccino und ein paar Keksen für die Kinder in Daniels Büro zurück. Ich hatte ihre Abwesenheit genutzt und mich in der Zwischenzeit mal ein wenig umgeschaut. Es war genau so, wie ich es vermutet hatte. Nichts, aber auch wirklich gar nichts deutete darauf hin, dass Daniel neben seiner Arbeit auch noch ein Privatleben hatte. In dem von Chrom und Glas beherrschten Raum gab es nicht das kleinste Anzeichen dafür, dass Daniel außer einem toughen Manager auch ein liebevoller Ehemann und Vater war. Letzteres hielt Hannah, Rebecca und Vicky zwar nicht davon ab, sich Daniel an den Hals zu schmeißen, aber auf dem Land war die Auswahl an männlichen Singles ja auch um ein Vielfaches kleiner als hier in der Großstadt. Wobei die Quantität ja nicht unbedingt etwas über die Qualität aussagte. Jan beispielsweise ...
Aufhören! Aufhören, und zwar sofort! Jetzt hatte ich es gerade mal geschafft, Simon für eine Weile aus meinem Kopf zu verbannen, da schlich sich der nächste Unruhestifter klammheimlich in meine Gedanken. Rasch lenkte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Kinder, die Daniels Schreibtischstuhl als Karussell benutzten.
»Nicht so wild«, ermahnte ich Christopher, der seine kichernden und jauchzenden Geschwister immer schneller im Kreis herumwirbeln ließ.
»Ach, lassen Sie ihnen doch die Freude.« Susanne lachte. »Es sind halt aufgeweckte Jungs.«
»Ja, Daniel kann sich wirklich glücklich schätzen«, nahm ich den Ball auf, den sie mir zugespielt hatte. »Er hat tolle Kinder und ’ne tolle Frau. Eine richtig glückliche Familie. Wo findet man so etwas heutzutage noch? Letztes Jahr beispielsweise waren sie in den Ferien auf Föhr ...«
Ich beschrieb das
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