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Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi

Titel: Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
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alten schmalen Friesenhaus in der Nähe des Kampener Dorfparks residiert, ist es laut und schwül.
    Ronald Specht, der Galerist, ein etwa vierzigjähriger schmächtiger Mann mit spitzer Nase und leicht hervorquellenden Augen, der die dunklen schulterlangen Haare stets in einem kurzen Nackenzopf zusammenfasst, eilt von Gruppe zu Gruppe, unterbricht debattierende Kritikerrunden und flirtende Paare ebenso wie fotogeile B-Promis, die sich in der Hoffnung auf ein gelungenes Bild immer wieder auffällig unauffällig vor den Meisterwerken in Pose werfen.
    »Bitte kommen Sie doch nach draußen. Wir haben die Mikrophonanlage auf dem Vorplatz aufgestellt, und ich würde gern zu Ihnen allen sprechen.«
    Niemand hat den Inhaber der Galerie je in einer anderen Farbe als Schwarz gesehen, und auch heute Abend trägt Ronald Specht zur schwarzen Designerjeans ein ebensolches T-Shirt. Sein linkes Handgelenk schmückt ein geflochtenes Lederband, und die nackten Füße stecken in dunklen Wildlederslippern, mit denen er fast geräuschlos durch die beiden Räume seiner Galerie huscht.
    Auf dem Kiesweg und dem Rasen vor dem Friesenhaus wird es langsam eng. Die Stehtische vor der Bar eines bekannten Champagnerherstellers sind schon seit einer Stunde dicht umringt, auf den drei Teakholzbänken vor den Rhododendronbüschen, die das Grundstück zu den Nachbarn abgrenzen, sitzen einige der schönsten Frauen der Republik und lassen sich von einer Riege Herren bewundern, die im Halbkreis um sie herumstehen.
    Nach einem kurzen Mikrophoncheck beginnt Ronald Specht zu reden. Er begrüßt die Anwesenden, nennt einzelne Kritiker und Sammler mit Namen und wendet sich dann den vier Herren an seiner Seite zu.
    »Obwohl ich davon ausgehen darf, dass fast alle der Anwesenden die stolzen Besitzer der vier Faustschen Meisterwerke kennen, möchte ich doch einige Worte zu ihrer Biographie verlieren.«
    Der Galerist macht eine kleine Kunstpause, in der er sich mit einer affektierten Geste über die glatt rasierten Wangen fährt. Dann redet er in der etwas gestelzten Sprache weiter, die ihm eigen ist.
    »Zunächst möchte ich Carl Freiherr von Brüssow sehr herzlich willkommen heißen, der für diesen ganz besonderen Abend seine Ländereien in der Uckermark verlassen hat, um heute hier bei uns zu sein. Carl von Brüssow ist, wie Sie vielleicht wissen, einer der ältesten Freunde des so tragisch verstorbenen Künstlers gewesen. Die beiden kannten sich schon von Kindesbeinen an. Umso mehr freut es uns, dass der Freiherr sich entschließen konnte, eines der Werke seines Freundes in unsere Galerie einzuliefern.«
    Specht wirft einen kurzen Blick hinüber zu einem sehr aufrecht stehenden grauhaarigen Herrn mit imposanter Hakennase und jagdgrüner Bundfaltenhose unter einer cremefarbenen Joppe, so als wollte er das Gesagte bestätigt wissen. Der Freiherr nickt knapp und wendet dann den Blick ab, als ginge ihn dies alles wenig an. Schnell wendet sich der Galerist dem nächsten Verkäufer zu.
    »Heiner Schwartz muss ich Ihnen wohl kaum vorstellen. Sein Brotberuf ist Unternehmer, aber seine mäzenatische Großzügigkeit und die immense Sammelleidenschaft machen ihn seit langem zu einer prägenden Figur in der Kunstszene. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass er vor gut zwanzig Jahren zum ersten Sammler Artur Fausts wurde und mittlerweile insgesamt stolze 14 Werke des Meisters besitzt. Oder bin ich da falsch informiert?«
    Heiner Schwartz, ein bescheiden gekleideter Mann, wirkt peinlich berührt angesichts der Nennung seines Besitzes, denn jeder der Anwesenden weiß genau, dass ein echter Faust schon zu Lebzeiten des Malers nicht unter 300000 Euro zu haben war. Die aktuellen Preise dürften sich vermutlich in noch ganz anderen Dimensionen bewegen. Die angebotenen Exponate sind jedenfalls nicht mit Festpreisen versehen, sondern sollen gegen Gebot veräußert werden. Jedem ist allerdings klar, dass es sich kaum lohnen wird, mit einem Gebot, das unter einer halben Million liegt, hier einzusteigen. Dieser Umstand trägt erheblich zu der nur als prickelnd zu bezeichnenden Stimmung bei. Es ist ein wenig wie am Weihnachtsabend, wenn alle Kinder dem Auspacken ihrer Geschenke entgegenfiebern.

Samstag. 4. August, 21.06 Uhr,
Dorfteich, Wenningstedt
    Laut fluchend knallt Fred Hübner sein Rennrad gegen die Kellerwand. Gestern ist der sportliche Endfünfziger damit noch von Wennigstedt bis hinunter zum Rantumbecken und wieder zurück gefahren. Und jetzt ist die Kiste platt.

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