Männer schweigen: Ein Sylt-Krimi
seines Hauses entdeckt. Mönchinger steht zufällig gerade in der Küche an der Kaffeemaschine und den Wagen da draußen hat er noch nie gesehen. Mit lauter Stimme ruft er nach oben in die Etage mit den Schlafzimmern: »Erwartest du Besuch?«
»Natürlich nicht. Wie kommst du denn darauf?«, antwortet ihm eine Frauenstimme.
Vor dem Haus öffnet sich die Autotür, und der Kommissar, der ihn gestern mit der angeblichen Todesnachricht schockiert hat, steigt aus. Kurz überlegt Mönchinger, dann fällt ihm der Name des Beamten auch wieder ein. Kreuzer. Bastian Kreuzer. Noch bevor der Kommissar klingeln kann, hat Hubert Mönchinger schon die Vordertür seines Bungalows geöffnet.
»Guten Morgen. Haben Sie Neuigkeiten?«, ruft er dem unerwarteten Besucher schon von weitem entgegen.
»Leider nicht. Ich würde aber trotzdem kurz hereinkommen wollen, wenn Sie erlauben.«
»Bitte.« Mönchinger führt den Kommissar in die Küche und schließt sorgfältig die Tür hinter sich. »Die 48 Stunden sind um, oder? Jetzt können Sie auch offiziell nach Marga suchen.«
»Genau so ist es. Aber vorher wollte ich mich schnell noch bei Ihnen versichern, dass sich nichts an den Umständen geändert hat. Oder ist Ihnen noch irgendetwas eingefallen, das ich wissen sollte?«
Mönchinger zögert kurz, doch dann schüttelt er entschieden den Kopf.
»Nein. Es war alles so, wie ich es Ihnen gesagt habe. Marga und ich haben einvernehmlich zu Abend gegessen, dann bin ich aufgebrochen, und dann ist Marga nicht mehr ans Handy gegangen.«
Kommissar Bastian Kreuzer lässt sich schwer auf einen der Küchenstühle fallen.
»Ich darf doch, oder? Ist das Kaffee, der hier so gut riecht? Spendieren Sie mir einen?«
»Ja, gern, allerdings bin ich ein wenig in Eile.«
»Eine Verabredung?«
»So könnte man es ausdrücken.«
»Am Sonntagmorgen kurz nach neun? Wollen Sie in die Kirche?«
»Warum nicht«, antwortet Hubert Mönchinger knapp.
»Na, aber für die Suche nach Ihrer Frau werden Sie doch wohl ein wenig Zeit erübrigen können«, erklärt der Kommissar und lehnt sich entspannt zurück. Als es in der oberen Etage poltert, runzelt er die Stirn. »Sie haben Besuch?«
»Nein, nein, das ist nur …«
Hubert Mönchinger unterbricht sich, als erfordere das Herausnehmen von zwei Kaffeebechern aus einem der Hängeschränke seine ganze Konzentration.
»Das ist nur was? Beziehungsweise wer?«, will der Kommissar jetzt wissen.
»Meine Schwester«, erklärt Mönchinger zögernd. »Am Sonntag schläft sie immer gern lang.«
»Ist sie übers Wochenende zu Besuch gekommen, um Ihnen zur Seite zu stehen?«
Hubert Mönchinger mustert den Kommissar mit einem misstrauischen Blick. Macht der Mann sich über ihn lustig? Aber Bastian Kreuzer blickt dem Hausherrn fest und treuherzig in die Augen. Hubert Mönchinger holt tief Luft.
»Nein. So ist das nicht. Christa lebt bei uns.«
»Bei Ihnen und Ihrer Frau?«
»Ja. Das Haus gehört Christa und mir je zur Hälfte, und es war immer groß genug für uns beide. Christa hat mir den Haushalt geführt, bis ich Marga kennengelernt habe. Und danach auch noch. Marga hatte nie etwas dagegen. Sie interessiert sich nicht für solche Dinge. Habe ich das nicht erwähnt?«
»Nein, haben Sie nicht. Und wissen Sie was? Das finde ich, gelinde gesagt, doch sehr merkwürdig. Schließlich hätten Sie von selbst darauf kommen können, dass uns auch die Aussage Ihrer Schwester zu dem Abend interessieren müsste, an dem Ihre Frau verschwunden ist.«
»Sie war nicht da«, erklärt Hubert Mönchinger schnell.
»Könnte ich das vielleicht von ihr selbst erfahren?«
»Jetzt?«
»Warum nicht?«
»Sie wird noch nicht angezogen sein.«
Der Kommissar verzichtet auf jede Antwort und zieht lediglich die Augenbrauen spöttisch in die Höhe. Hubert Mönchinger gießt Kaffee in beide Becher, wobei er einen Gutteil verschüttet. Nachdem er die Pfütze weggewischt hat, reicht er dem Kommissar einen der Becher und sagt leise: »Ich hole sie.«
Als er die Küche verlässt, nimmt er möglichst unauffällig sein Handy mit, das neben der Kaffeemaschine gelegen hat. Bastian Kreuzer flucht leise. Zu gern hätte er heimlich einen Blick auf die Liste der abgehenden Anrufe geworfen.
Sonntag, 19. Juni, 09.15 Uhr,
Haus Dünenkante, List
Als Manfred Pabsts Handy klingelt, regt sich nur auf Marleens Seite des Bettes etwas. Die junge Frau schläft immer schlecht, wenn sie bei dem renommierten Analytiker übernachtet, denn so ganz kann sie es
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