Männer sind Helden
ein, selbst wenn der schwul sein sollte. Lieber ein warmer Bruder als eine schwangere Schwester.“
Isabel ließ ihre Gabel fallen: „Also Alex, du bist wirklich der schlimmste Chauvi, mit dem ich je zusammen gewesen bin. Ich dachte solche Typen wären längst ausgestorben. Einen Rechtsanwaltsgehilfen, das ist ja lächerlich!“ Ihre Unterlippe zitterte, und ich versuchte, sie zu beschwichtigen.
„Du musst dich mal in meine Lage versetzen, Schatz. Ich bin doch nur ein kleiner selbständiger Anwalt. So etwas kann ich mir nicht leisten. Wenn die Vertretung ebenfalls schwanger wird, könnte mich das in den Ruin treiben.“
27. Kapitel
Isabel und ich wollten den Heiligen Abend bei uns zu Hause verbringen. Am ersten Weihnachtstag waren wir bei ihren Eltern zum Frühstück eingeladen, und danach würden wir zu meinen Eltern fahren. Meine Schwester Caroline hatte sich ebenfalls angekündigt, mit ihrem neuen „Lebensgefährten“, wie sich meine Mutter ausdrückte.
Am Vormittag des 24. war ich in die Stadt gegangen, um, wie geplant, Weihnachtsgeschenke einzukaufen. Die Kaufhäuser und Geschäfte waren menschenleer, nur in den Parfümerien standen die Männer Schlange, um ihre „Last-Minute-Geschenke“ zu besorgen. Für meine Mutter fand ich ein Designertuch aus Seide, meinem Vater kaufte ich ein Buch über die Geschichte des Bieres und ein Poloshirt zum Golfspielen und für meine Schwester erstand ich ein sündhaft teures Parfum und eine dazu passende Körperlotion. Ich fand mich sehr spendabel.
Um zwölf Uhr war ich mit Isabel vor dem Weihnachtsbaumstand bei uns um die Ecke verabredet. Ich erkannte sie schon von weitem, denn sie trug ein rotes Cape, das sie sich vor einigen Tagen neu gekauft hatte. „Du siehst toll aus!“ begrüßte ich sie.
„Oh danke! Was hältst du von diesem Baum dort drüben?“ Sie deutete auf eine hoch gewachsene Edeltanne.
„Was soll die denn kosten?“
„Der Verkäufer sagt achtzig Euro.“
„Achtzig Euro für einen Weihnachtsbaum, der in zwei Tagen auf dem Müll landet? Das ist zuviel.“ Ich ging zu dem Verkäufer, einem breitschultrigen Kerl im grauen Arbeitskittel, dem ein Zigarrenstummel aus dem linken Mundwinkel hing. „Guter Mann, was kostet dieser Baum dort drüben?“ Ich zeigte auf die Edeltanne, die Isabel ausgesucht hatte.
„Achtzig Euro. Das habe ich Ihrer Freundin bereits gesagt.“
„Ja, aber gleich ist es ein Uhr, und kein Mensch wird Ihnen dann mehr einen Weihnachtsbaum abkaufen. Also?“
Er nahm seinen Zigarrenstummel aus dem Mund und schnippte mir die Asche vor die Füße. „Das ist mein schönster Baum. Der kostet achtzig Euro und damit basta.“
„Aber Sie werden ihn wohl kaum bis zum nächsten Jahr aufheben können, oder?“
„Das lassen Sie mal meine Sorge sein.“
Ich gab mich geschlagen. „Was ist denn mit der Tanne daneben?“ Der Verkäufer holte den Baum hervor und stellte ihn vor sich auf. Es war ebenfalls eine Edeltanne, allerdings sah sie etwas mitgenommen aus. Einige Äste waren abgeknickt, andere waren schon kahl. „Das ist mein Superangebot“, sagte der Verkäufer. „Ich gebe sie Ihnen für, sagen wir mal, dreißig Euro.“
„Für zwanzig nehme ich sie.“
Isabel hob die Hände: „Alex, das ist doch nicht dein Ernst!“, aber ich hatte dem Verkäufer schon das Geld in die Hand gedrückt. Der Kerl gab Isabel ein paar grüne Zweige, die er vom Boden aufhob. „Hier, damit können sie die Edeltanne ja noch ein wenig ausbessern.“
Wir schleppten die Tanne nach Hause, und von weitem sahen wir bestimmt aus wie ein glückliches, junges Paar. In Wirklichkeit war Isabel stocksauer, dass ich einen so mickrigen Weihnachtsbaum gekauft hatte. Kaum hatten wir die Wohnung betreten, verzog sie sich auch schon wortlos ins Badezimmer und ließ die Wanne mit Wasser vollaufen.
Ich stellte den Weihnachtsbaum auf und bohrte kleine Löcher in den Stamm, die ich mit Ponalkleber füllte. Dann steckte ich die Zweige dort hinein. Nun sah die Tanne schon viel fülliger aus. Ich ging zum Kühlschrank und holte eine Flasche Champagner heraus, die ich extra für diesen Tag eingekauft hatte. Isabel lag noch in der Wanne, als ich das Badezimmer betrat. „Wollen wir uns wieder vertragen?“, fragte ich sie und stellte ihr Glas auf den Beckenrand. „Ich habe die Tanne schon aufgebaut. Sie sieht gar nicht mal so übel aus.“
Isabel trank einen Schluck aus ihrem Glas und sagte nichts weiter als: „Mmmh.“
„Warum bist du eigentlich so sauer?
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