Männer sind Helden
was wissen Sie schon darüber.“
Aus Arbeitgebersicht konnte ich mich nicht beschweren, weil Frau Rohrbein für zwei arbeitete. Als ich aber eines Morgens in der Toilette über eine grasgrüne Babybadewanne stolperte, hatte ich endgültig die Faxen dicke. Wutschnaubend wollte ich meine Damen zur Rede stellen, aber die waren mit verklärten Gesichtern in einen Katalog für Babyklamotten vertieft und bemerkten mich überhaupt nicht. Ich schlug die Tür zu meinem Büro hinter mir zu: Meine nächste Renogehilfin wird ein Mann!
Am Silvestermorgen rief mich Rudi an: „Kannst du reden?“
Isabel war gerade im Badezimmer, also bejahte ich seine Frage.
„Ich habe jemanden gefunden, der uns helfen kann, die Frauen zu belauschen.“
Ich nahm das Telefon vorsichtshalber mit ins Wohnzimmer. „Wer ist das denn?“
„Ein Mandant von mir, er ist Privatdetektiv und kennt alle technischen Raffinessen. Er kann uns eine Wanze besorgen. Er wäre auch bereit, sie unauffällig am Tisch der Frauen zu installieren.“
Ich war sofort Feuer und Flamme: „Wann wollen wir es machen?“
„In drei Wochen, dann ist der Privatdetektiv aus dem Urlaub zurück.“
Nachdem wir uns einen guten Rutsch ins Neue Jahr gewünscht hatten, rief ich Udo an, um ihn von unserem Plan zu berichten. Er hielt das Ganze für eine unheimlich gute Idee.
Abends waren Isabel und ich auf einen Silvesterball eingeladen, den Kollegen von mir organisiert hatten. Isabel trug ein rotes Kleid und die Rubinohrringe, die ich ihr zu Weihnachten geschenkt hatte.
„Du siehst hinreißend aus“, sagte ich, als ich ihr die Tür meines Porsches öffnete. Das Fest fand auf einem Gutshof auf dem Lande statt. Der Einladung war eine Wegbeschreibung beigelegt gewesen, trotzdem verirrten wir uns und standen plötzlich vor einem Gatter, hinter dem im Lichtkegel der Scheinwerfer Langhornrinder zu sehen waren. Ein Tier hob den mächtigen Kopf und brüllte uns freundlich an.
„Ich glaube, hier ist es nicht“, stellte ich sachlich fest, drehte um und fand schließlich doch die richtige Abzweigung: „Gut Hohenstein“ stand auf einem verwitterten Holzschild geschrieben.
Das Gut lag malerisch am Ende einer langen Allee und wurde von mehreren Scheinwerfern, die am Boden befestigt waren, angestrahlt. Auf dem Parkplatz stand eine Edelkarosse neben der anderen – vom Rolls-Royce bis zum Jaguar.
„Das verspricht ja, ein gediegener Abend zu werden“, sagte Isabel und blickte neugierig aus dem Fenster. Im Foyer standen bereits um die hundert Gäste, mit Sektgläsern in der Hand. Der Portier wies uns an, unsere Garderobe im Seitenflügel abzugeben. Dort warteten weißhaarige Herren, um die wertvollen Pelze ihrer Damen den Garderobefrauen anzuvertrauen. „Das scheint eine Herren-Angelegenheit zu sein“, flüsterte Isabel und legte mir ihr rotes Cape über den Arm. Sie kicherte: „Ich gehe mir solange die Nase pudern.“
Wir trafen uns im Foyer, wo sie mit einem Sektglas auf mich wartete.
Nachdem fast alle Gäste eingetroffen waren, schlenderten wir in den Ballsaal, der sich im ersten Stock befand. Dieser Raum war wirklich beeindruckend, riesig groß, mit Kristallspiegeln an den Seitenwänden und silbernen Leuchtern, in denen Hunderte von Kerzen brannten. An einem Ende befand sich eine kleine Bühne, auf der Musiker in rotschwarzen Uniformen ihre Instrumente einstimmten. Der Ballabend begann mit einem klassischen Konzert, dem die Gäste stehend lauschten. Ich blickte mich unauffällig um. Überall sah ich bekannte Gesichter. Rechtsanwaltskollegen, Richter, aber auch bekannte Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft.
Nach dem Konzert hielt der Hausherr, Graf Hohenstein, eine kurze Ansprache und eröffnete das Buffet, welches in einem Nebenraum aufgebaut war. Auf endlos langen, festlich dekorierten Tischreihen waren alle Köstlichkeiten angerichtet, die man sich vorstellen kann. Es gab Fischspezialitäten, Garnelen, Hummer, kalten Fasan mit Preiselbeeren, knusprig gebratenes Spanferkel, Früchte, Schokoladencreme und Eisvariationen. Dazu wurde Champagner in großen Kelchen ausgeschenkt. Kaum hatte ich ein Glas geleert, war ein freundlicher Kellner zur Stelle, der es wieder auffüllte. Dieses Fest war wirklich gediegen.
Isabel und ich tanzten wie im Rausch, bis kurz vor Mitternacht. Die Gäste wurden gebeten, sich draußen zu versammeln, um gemeinsam das Feuerwerk zu erleben. Ich hatte Isabels Cape geholt, und nun standen wir frierend in der Menge, den Blick gen Himmel
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