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Männer sind Helden

Männer sind Helden

Titel: Männer sind Helden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Berlin , Jeannette Zeuner
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Nur wegen des Weihnachtsbaumes?“ Isabel schubste ihre rote Plastikente an, die vor ihr friedlich im Wasser schwamm. „Zum Heiligen Abend gehört ein schöner Weihnachtsbaum, so ist das jedenfalls immer bei uns zu Hause gewesen.“
    Sie war mit meiner Arbeit dann doch ganz zufrieden. Wir schmückten die Tanne gemeinsam und tranken dazu die Flasche Champagner leer. Um acht Uhr feierten wir Bescherung. Isabel freute sich sehr über ihre Ohrringe. Ich bekam von ihr ein ganz tolles Hemd, eine Jazz-CD und einen Porsche mit Fernsteuerung. „Damit du drinnen nicht auf dein geliebtes Auto verzichten musst.“
    Bei Isabels Eltern lernte ich Tom kennen, ihren Bruder, der seinen sechsjährigen Sohn Justin dabeihatte. Wir saßen gerade gemütlich am Frühstückstisch, als die Tür aufging und Justin ins Zimmer marschierte. In der einen Hand hielt er eine triefend nasse Katze, die kläglich miaute, und in der anderen eine Taucherbrille. „Papi, Maunzi kann überhaupt nicht tauchen!“, schrie der Zwerg und knallte seinem Vater die Taucherbrille auf den Schoß: „Die taugt nichts, ich will eine Neue.“
    Tom reagierte gelassen: „Justin, so geht das aber nicht. Das ist ein Geschenk deiner Großeltern. Du wirst dich jetzt sofort für dein Verhalten entschuldigen.“ Justin dachte gar nicht daran, sondern streckte seinem Vater die Zunge raus, ließ die Katze fallen, die schleunigst das Weite suchte, und rannte zur Tür hinaus. Eine Minute später bewies ein lautes Klirren aus der Küche, dass Justins Tatendrang ungebrochen war. Tom raufte sich den Kopf: „Was habe ich nur falsch gemacht? Der Junge bringt mich noch einmal um den Verstand.“
    Eine Tracht Prügel könnte vielleicht nicht schaden, dachte ich.
    „Du lässt einfach zu viel durchgehen“, meinte Isabels Vater, der sich gerade seine erste Morgenpfeife angezündet hatte. „Das hast du nun von deiner antiautoritären Erziehung.“
    Bist du allein erziehender Vater?“, fragte ich, denn von der Mutter des Sprösslings war die ganze Zeit noch nicht die Rede gewesen.
    „Nein, ich bin nur Hausmann, das ist alles. Meine Frau ist Informatikerin, und ich studiere nebenbei.“
    Ich wurde neugierig. Schon so oft hatte ich Berichte über Hausmänner gelesen, aber nie daran geglaubt, dass es solche Männer wirklich gibt. Und nun saß einer leibhaftig vor mir. Ich wusste, es war platt, aber ich fragte trotzdem: „Ist das nicht ziemlich langweilig?“
    Tom lachte und strich seine zerzausten Haare nach hinten: „Diese Frage habe ich schon oft gehört.“ Er machte eine kurze Pause und blickte in die Runde: „Mir macht die Kindererziehung unheimlich viel Spaß. Langeweile kenne ich überhaupt nicht. Ich habe den ganzen Tag zu tun: Einkaufen, Putzen, mit Justin auf den Spielplatz gehen, oder ich bin zum Kaffeetrinken bei unseren Nachbarinnen verabredet.“
    Ich verkniff mir ein Lachen. „Und worüber unterhältst du dich mit deinen Nachbarinnen?“
    Tom nahm sich ein Stück Christstollen: „Ach, es gibt soviel zu bequatschen. Wir reden über die Probleme unserer Kinder beim Einschlafen, über ihre Eßgewohnheiten, ihre Krankheiten.“ Er machte eine bedeutungsvolle Pause und zwinkerte mir zu: „Und wir besprechen natürlich auch unsere Schwierigkeiten, die wir mit unseren Partnern haben.“
    In dieser Hinsicht beneidete ich Tom ein bisschen. Durch seine Gespräche war er bestimmt weitaus mehr dazu in der Lage, die Seele der Frauen zu begreifen. Auf der anderen Seite war er überhaupt nicht der Typ Mann, wie Frauen ihn sich wünschen. Ich meine, er sah gar nicht so schlecht aus, mit seinen breiten Schultern, den dunklen Haaren und der Motorradlederkluft. Aber er war überhaupt nicht tough, sondern weich, nachgiebig und gefühlvoll . Kurz: Ein Softie aus der Tüchertasche. Frauen wollen doch die Schulter zum Anlehnen, einen Helden, der Drachen töten und Wege freimachen kann. Oder war da irgendeine Entwicklung an mir vorbeigelaufen? Nur eine hoffnungslose Emanze konnte auf einen Mann wie Tom abfahren. Kurze Zeit später wurde ich eines Besseren belehrt, denn Toms Frau war überhaupt kein Emanzentyp, eher genau das Gegenteil. Marie, so hieß sie, war klein, zierlich und wirkte schüchtern. Als sie mich begrüßte, spürte ich kaum ihren Händedruck. „Ich freue mich sehr, Sie kennen zu lernen“, sagte sie und blickte scheu zu mir hoch. Ihre Augen waren flaschengrün und bildeten einen verwirrenden Kontrast zu ihrem hellen Teint und den kurzen, dunkelblonden Locken. Im

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