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Maenner und andere Katastrophen - Roman

Maenner und andere Katastrophen - Roman

Titel: Maenner und andere Katastrophen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Überstunden besser bezahlt bekam als die gewöhnlichen Arbeitsstunden, und eins war sicher: In diesem Büro waren die Überstunden noch wochenlang begründbar.
    Alle, auch der händeschüttelnde Herr Schimmel-Kotzbrocken, hatten die Fortschritte im Büro mit schmeichelhaftem Lob kommentiert. Nur die grässliche Mehlig mochte mich immer noch nicht. Sie nannte mich weiter unwirsch »Frau Dings« und mahnte mich täglich, die Ordnung von Frau Meister, der Dame, die rechtmäßig in dieses Büro gehöre, bloß nicht zu zerstören.
    Rebecca und ich beschlossen angesichts des Sonnenscheins, die geplante Besprechung für ihre Modenschau am Abend in den Volksgarten zu verlegen, und verbrachten den Vormittag damit, kleine, leckere Köstlichkeiten für ein Picknick vorzubereiten. Rebeccas Modenschau sollte im September stattfinden, und es war höchste Zeit, das Ganze zu organisieren. Mo, Kaspar und unsere Tante Paula sollten dabei helfen. Ich rollte kleine Hackfleischbällchen und warf sie in die Fritteuse, und Rebecca buk einen riesigen Berg hauchdünne Crepes. Ich aß von beidem etwa zehn Stück.
    Am Nachmittag rief Bille an, um eine frisch gebackene Kirsch-Quark-Torte mit mir zu teilen. Nichts lieber als das. Ich zog mein heißestes Sommerkleid an - nur für den Fall, dass der begehrenswerte Burghart auch vorbeikam - und setzte mich hungrig in die Bahn. Es war so warm, dass meine Oberschenkel auf dem Sitz in der Straßenbahn festklebten und sich nur mit einem peinlich schmatzenden Laut ablösten.
    Als ich bei Bille ankam, hatte ich das Gefühl, einen Vierundzwanzig-Stunden-Marsch hinter mich gebracht zu haben. Ich konnte mich gerade noch mit letzter Kraft auf ihren Balkon schleppen und über die Kirsch-Quark-Torte hermachen. Sie war wirklich ausgezeichnet.
    Als wir beim dritten Stück angelangt waren, klingelte es. Während Bille zur Tür eilte, setzte ich mich lässig in den Korbsessel, der mit dem Rücken zur Sonne stand und drapierte mein heißes Kleid gefällig um meinen schweißverklebten Körper.
    Es war tatsächlich Burghart mit dem wunderbaren Grübchenlächeln. Er setzte sich auf den dritten Stuhl, und wir traten ihm mit dem Großmut der Gesättigten das letzte Viertel der Torte ab.
    »Ich soll euch schön von Achim grüßen«, sagte Burghart. »Ihr beide habt großen Eindruck auf ihn gemacht.«
    »Er hat auch großen Eindruck in meine Badewanne gemacht«, sagte Bille. »Heiß heute, was?«
    »Letztes Jahr um diese Zeit war ich auf Sardinien«, seufzte Burghart.
    »Ich auch«, sagte Bille erfreut.
    »Sardinien ist die schönste Insel der Welt«, fand Burghart.
    »Das finde ich auch«, echote Bille.
    »Ich war schon vierzehnmal dort«, sagte Burghart. Es war mir ein Rätsel, wie er da noch Gelegenheit gehabt hatte, alle anderen Inseln dieser Welt kennen zu lernen, und zu einem Urteil über die schönste zu kommen.
    »Ich erst zweimal«, sagte Bille bescheiden.
    Dass ich beide Male auch dabei gewesen war, vergaß sie geflissentlich zu erwähnen. Ich beugte mich vor und lauerte auf eine Gelegenheit, mich als ebenfalls ortskundig zu präsentieren.
    Burghart zählte alle Ortschaften der Insel auf, und Bille rief jedes Mal aus: »Ja, da war ich auch!«
    Ich hätte es genauso machen können, aber das erschien mir zu plump und uncool. Obwohl Billes primitive Methode ihren Zweck nicht verfehlte. Burghart begann in Bille eine verwandte Seele zu sehen, und seine Augen leuchteten, als er dazu überging, die Surfreviere zu beurteilen. So wie es sich anhörte, war er ein unerhört versierter Windsurfer, und Bille beeilte sich zu sagen: »Zwei meiner Freunde hatten auch ein Surfboard dabei.«
    Ich räusperte mich, um sie daran zu erinnern, dass ich auch noch da war. Die zwei Freunde, von denen Bille sprach, waren schließlich mein Holger und der Freund meiner Freundin Katja gewesen.
    »Hast du Fotos?«, fragte Burghart, als er feststellte, dass wir offenbar in einer Bucht Muscheln gesammelt hatten, die er in den vierzehn Jahren nicht ein einziges Mal betreten hatte.
    Bille holte einen Schuhkarton aus dem Regal. Ich freute mich, weil Burghart jetzt sehen würde, dass ich auch mit dabei gewesen war, ohne dass ich ein Wort sagen musste.
    Es waren wundervolle, sehr schmeichelhafte Fotos. Ich fand, wir sahen alle wirklich cool, sportlich und gutgelaunt aus, fast wie in diesem Werbefilm für weißen Rum aus der Karibik. »Living life the easy way!«
    »Wo ist denn euer Zelt?«, fragte Burghart.
    »Wir hatten keins, es hat sowieso nie

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