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Maenner und andere Katastrophen - Roman

Maenner und andere Katastrophen - Roman

Titel: Maenner und andere Katastrophen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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auskommen«, sagte Herr Schimmler-Kottenbrocke und neigte sich vertrauensvoll zu mir hinüber. »Zwischen uns mag vielleicht eine kleine Kluft in Sachen Bildung und Intellekt klaffen, aber vor Gott sind wir doch alle gleich, Frau eh-eh.«
    »Raabe«, sagte ich und erhielt endlich meine Hand zurück. Herr Schimmler-Kottenbrocke wünschte mir viel Erfolg und Gottes Segen für meine Arbeit und ging rückwärts und lächelnd durch die Tür.
    Kaum war er weg, kam Stefanie ins Zimmer gehuscht.
    »Na, wie fandest du unseren Herrn Schimmel-Kotzbrocken?«, fragte sie.
    »Nomen est omen«, sagte ich und musste lachen. »Zwischen uns klafft ja auch eine kleine Bildungskluft, nur meinen Namen konnte er sich nicht merken.«
    »Ich kenne den jetzt schon vier Jahre«, sagte Stefanie, »und meine Namen kennt er auch noch nicht. Aber es vergeht kein Tag, an dem er mir nicht unsere Bildungskluft aufs Butterbrot schmiert. Natürlich immer hinter von jovialer Fürsorge durchschleimter Herzlichkeit versteckt.«
    »Das hast du schön gesagt«, meinte ich bewundernd.
    Die Briefe auf den Tonbändern beanspruchten meine ganze Aufmerksamkeit. Schließlich hatte ich die ersten vierzehn eingegeben und machte mich daran, sie auszudrucken. Das war nicht so einfach. Um den Drucker bedienen zu können, musste man den Computer eine ganze Reihe von rätselhaften Befehlen erteilen, die erneut Stefanies Anwesenheit forderten. Mit ihrer Hilfe gelang es mir, die Bedienungstücken des Druckers zu überlisten und die ersten Briefe dem sympathischen Herrn Römer nebenan zur Unterschrift vorzulegen. Er fand genau die richtigen Worte, mich meine Kopfschmerzen vergessen zu lassen und für immer zu seiner arbeitswütigen Sklavin zu machen.
    »Sie muss der Himmel geschickt haben«, sagte er. »Was Sie an einem Tag in diesem Büro vollbracht haben, grenzt an ein Wunder.«
    Ich strahlte ihn dankbar an und stürzte eifrig zurück an meinen Computer, um mich seines Lobes würdig zu erweisen.
    Erst um vier Uhr nachmittags fand ich Zeit, Bille in der Buchhandlung anzurufen.
    »Fräulein Roth ist heute nicht hier«, sagte Billes Kollegin. »Die hat sich krankgemeldet. Es ging ihr gar nicht gut.«
    Das konnte ich mir vorstellen. Aber Bille sollte sich mal ein Beispiel an mir nehmen. Seit halb sieben ununterbrochen auf den Beinen, hatte ich mir schon ein ganzes Computerprogramm und ein Ablagesystem mit zweihunderteinundsiebzig verschiedenen Ordnern Untertan gemacht. Wie Herr Römer schon gesagt hatte, es grenzte an ein Wunder.
    Ich wählte Billes Privatnummer und ließ es rücksichtslos elfmal klingeln.
    »Hallo«, flüsterte schließlich ihre Stimme ins Telefon.
    »Ich bin's«, sagte ich betont heiter.
    »... kann nicht ... echen«, hauchte Bille.
    »Nicht brechen?«
    »Och, ge ... ochen ab ich on den anzen orgen«, jammerte Bille, »eshalb ann ich ja nich echen.«
    »Den Genever habe ich jedenfalls ganz allein getrunken«, sagte ich. Das musste doch mal gesagt werden.
    »Dafür hatte ich den Sekt und den Wein und das Bier für mich ganz allein«, verteidigte sich Bille mit neuerwachter Kraft. »Aber kein Wort mehr darüber.«
    »Und was du gedacht hast, als du heute Morgen aufgewacht bist?«, fragte ich schadenfreudig.
    »Ich bin tot und in der Hölle«, sagte Bille.
    Ich lachte vorsichtig.
    »Und wie ging es den beiden anderen?«
    »Keine Ahnung. Ich hab mich totgestellt, bis sie weg waren«, sagte Bille. »Weißt du, wer der eine war?«
    »Der grabschende Grünschnabel?«, fragte ich. »Der heißt Andreas oder Armin oder so.«
    »Auf jeden Fall hat der in meine Badewanne gekotzt«, sagte Bille. Das war nicht schön von ihm.

Sonntag
    Obwohl der Wettermann Regen angesagt hatte, schien die Sonne schon am frühen Morgen so heiß, dass ich es wieder nicht schaffte auszuschlafen. Dabei hatte ich Erholung nach dieser Woche dringend nötig. Acht Stunden Arbeit - und das jeden Tag - strengten doch weitaus mehr an, als ich gedacht hatte.
    Aber es machte wider Erwarten auch Spaß. Der nette Herr Römer lobte mich weiterhin zwanzigmal am Tag. Vermutlich hatte er längst erkannt, dass sein Lob mich zu Höchstleistungen anspornte, aber ich nahm seine Worte trotzdem sehr ernst, sog seine Anerkennung in mich auf wie ein Schwamm und versuchte, es am nächsten Tag noch besser zu machen. Langsam hatte das Büro wieder ein anderes Gesicht bekommen, nicht zuletzt, weil ich täglich eine Überstunde drangehängt hatte, um die Ablageberge abzutragen.
    Ich hatte festgestellt, dass man die

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