Maenner und andere Katastrophen - Roman
Exhibitionistenmäntelchen an die Garderobe und nahm mich dann zur Begrüßung in die Arme. Ich ließ es über mich ergehen.
»Ich kann es einfach nicht!«, rief er dann aus und ließ mich abrupt los.
Ich sah ihn verblüfft an. Ich hatte doch noch gar nichts gesagt.
Kai-Uwe nahm mein Gesicht in beide Hände, sah mir bekümmert in die Augen und seufzte: »Wenn du mir jetzt sagst, ich sei ein Schwein, dann könnte ich es verstehen.«
Ich sah noch verblüffter drein.
»Ich kann es einfach nicht vor dir verheimlichen«, flüsterte Kai-Uwe. »Ich kann nicht einfach da weitermachen, wo wir aufgehört haben, ohne ehrlich zu dir zu sein! Und wenn du mich für ein Schwein hältst, ich könnte dich verstehen.« Er ließ mein Gesicht los und lehnte sich völlig fertig an die Wand. »Sag ruhig, dass ich ein Schwein bin«, forderte er mich auf.
»Ich würde es ja gern sagen«, tastete ich mich vorwärts, »wenn du mir sagst, weswegen.«
Kai-Uwe barg sein Gesicht in den Händen.
»Also gut«, hauchte er.
Ich wartete gespannt. Kai-Uwe holte eine ganze Weile tief Luft. »Du bist nicht die einzige Frau, mit der ich mich treffe«, sagte er schließlich. »Jetzt ist es heraus.«
»O«, machte ich perplex.
»Ich bin ein Schwein, sag es ruhig«, Kai-Uwe begann im Flur auf und ab zu gehen. »So mit deinen Gefühlen zu spielen. Mit deinen und denen von Camelia.«
Ich konnte gerade noch ein erschrockenes Auflachen unterdrücken. Was für ein Name, Camelia, wie die Damenbinde! Kai-Uwe sah in mein krampfhaft verzogenes Gesicht und begann zu meinem großen Schrecken zu weinen.
»Es tut mir so leid«, schluchzte er, »so leid, wirklich. Aber ich liebe euch nun mal alle beide.«
Ich strich hilflos über sein Haar. »Und diese Ca-hm-hm-melia, die liebt dich?«, fragte ich sanft.
»Ja, natürlich«, schluchzte Kai-Uwe und legte den Kopf an meine Schulter. »Aber ich liebe dich eben genauso wie sie!«
»Kann es denn nicht sein, dass du die Ca-hm-hm-hm-melia ein kleines bisschen mehr liebst?«, fragte ich hoffnungsvoll.
»Nein«, schniefte Kai-Uwe. »Das ist es ja gerade. Ich bin ein Schwein, weil ich mich einfach nicht entscheiden kann.«
Nun, wenn das so war, dem musste abgeholfen werden. Ich beschloss, meine Taktik zu ändern und stieß Kai-Uwe von mir.
»Ich glaube nicht«, sagte ich mit gebrochener Stimme, »dass ich damit leben kann, dass du noch eine andere Frau liebst.«
Kai-Uwe lehnte sich erschüttert an die Tür. »Ich kann verstehen, dass du so reagierst«, murmelte er traurig. »Ich bin ein Schwein und habe es nicht anders verdient!«
Es klappte besser, als ich zu hoffen gewagt hatte.
»Es wäre besser, wenn wir uns die nächste Zeit nicht treffen würden«, flüsterte ich. »Es tut einfach zu weh.«
Kai-Uwe nickte. »Ich verstehe«, murmelte er und bückte sich nach seinem Schirm. »Und wann, meinst du, kann ich dich wiedersehen?«
Die nächsten fünfzig Jahre jedenfalls nicht, Söhnchen, dachte ich, seufzte aber mit kummervoller Stimme: »Ich ruf dich an, wenn ich die Sache überstanden habe.«
Kai-Uwe knotete seinen Mantel zu und öffnete die Tür.
»Ich bin ein Schwein«, sagte er zum Abschied und ging gramgebeugt die Treppe hinab. »Leb wohl, Judith!«
»Leb wohl!« Ermattet schloss ich die Tür.
So kann es gehen im Leben.
Das Erlebnis hatte mich so durcheinandergebracht, dass ich erst mal nicht weiter nähen konnte. Ich ging zu Rebecca hinunter. Sie war allein.
»Gerade hat Kai-Uwe mit mir Schluss gemacht«, sagte ich zu ihr.
»Ach«, machte Rebecca, »ich wusste gar nicht, dass ihr was miteinander hattet!«
»Das wusste ich bis eben auch nicht«, gab ich zu und fing an zu kichern. »Seine Neue heißt Camelia.«
Plötzlich fand ich das Ganze ungeheuer komisch. Ich konnte gar nicht mehr aufhören zu lachen. Rebecca lachte auch.
»Dann bist du ja jetzt wieder frei«, sagte sie schließlich. »Ich habe eben mit drei weiteren Interessenten für die Kiebig-Wohnung gesprochen. Die klangen alle recht vielversprechend.«
Ich erinnerte mich mit Grausen an die letzte Staffel Besucher und winkte dankend ab.
»Ich wäre eigentlich für eine ältere Dame mit Hund«, sagte ich, »da weiß man wenigstens, was man hat.«
»Du solltest nicht so schnell aufgeben«, riet mir Rebecca.
Ich ließ in Gedanken die letzten Monate Revue passieren und kam zu dem ernüchternden Schluss, dass hundert Prozent aller Männer, mit denen ich mich in dieser Zeit getroffen hatte, Psychopathen waren.
»Vielleicht liegt es ja an
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