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Maenner und andere Katastrophen - Roman

Maenner und andere Katastrophen - Roman

Titel: Maenner und andere Katastrophen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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mich. Eigentlich hatte ich auch nichts dagegen, wenn sie ein Kind bekam. Es würde allemal besser sein, als den Brathund zu hegen und zu pflegen bis ans Ende seiner Hundstage. Das sagte ich auch zu Rebecca.
    »Dann geh ich jetzt und sag es Kaspar«, meinte sie, nahm sich zwei Pralinen aus der Schachtel und ging schwingenden Schritts davon.
    Ich ging schwingenden Schritts in die Blaubartkammer, wo alle meine Marionetten beisammen lagen und knochig und nackt aussahen. Auch wenn sie nicht aus meinem Bauch gekommen waren, so waren es doch irgendwie meine Kinder.
    Die freien Stunden der letzten Tage hatte ich damit verbracht, den modelliermassenfarbenen Köpfen mit Plakatfarbe Charakter zu verleihen. Dadurch waren sie noch schöner und perfekter geworden. Neunzehn entzückende, bunte Köpfe, einer gelungener als der andere. Noch getrennt von ihren Körpern lagen dort die Häupter von Rapunzel, Hotzenplotz, Merlin und Baba Jaga, Zwerg Sommerloch, Burghart Drachentöter und Bruno Brandstifter, dem Drachen. Außer denen hatte ich einen Schweinehirten modelliert, der wieder Holgers Gesichtszüge trug, eine dicke rosafarbene Sau dazu, einen mageren Musiker mit eingefallenen Wangen und schmalen Händen, einen Sultan aus dem Morgenland, eine kleine Seejungfrau und einen stattlichen Meerkönig, den gestiefelten Kater, einen Mond, einen Werwolf und eine Wahrsagerin, eine Giraffe, eine chinesische Tempeltänzerin und den Froschkönig. Außer Mo hatte sie noch niemand zu Gesicht bekommen.
    »Es wird Zeit, dass ihr Kleider bekommt, meine Süßen«, sagte ich mit mütterlicher Stimme, baute die Nähmaschine auf und begann auf der Stelle mit der Kostümschneiderei. Darüber vergaß ich den Klassefrauentest auf meinem Küchentisch für Stunden.
    Am späten Nachmittag kam Bille vorbei und brachte eine Flasche Wein mit. Wir aßen Tomaten mit Mozzarella dazu auf meinem Balkon.
    »Wie geht es denn so mit Ich-versteh-auch-was-da-von voran?«, fragte ich neugierig.
    »Gut«, antwortete Bille, ganz gegen ihre Gewohnheit, knapp.
    »Und wie ist er denn so im Bett?«, fragte ich ärgerlich. Was nur eine rhetorische Frage sein konnte, denn selbstverständlich verstand Burghart auch hier was davon.
    Aber Bille antwortete: »Ich weiß es nicht.«
    »Sag bloß, ihr habt noch nicht ...?«, fragte ich erstaunt.
    »Bis jetzt noch nicht«, gab Bille zu. »Er sagt, seit die Sache mit Sunny in die Brüche gegangen ist, fällt es ihm sehr schwer, sich wieder ganz und gar einer Frau hinzugeben.«
    »Haha«, höhnte ich.
    »Also, ich kann ihn gut verstehen«, meinte Bille ernsthaft und nahm sich ein zweites Glas Wein. »Ich denke, Burghart und ich werden einfach noch eine Zeit brauchen, bis wir uns ganz und gar aufeinander einlassen können.«
    Ich kratzte mich ratlos am Kopf.
    »Irgendwie ist der Wein nicht ganz geheuer«, fand Bille.
    Sie hatte recht. Bereits nach dem ersten Glas fühlte ich mich so betrunken, wie schon lange nicht mehr. Bille sah auch ganz verschwommen drein.
    »Findest du nicht, dass einem der Wein eigenartig zu Kopf steigt?«, fragte sie.
    Wir überprüften misstrauisch den Alkoholgehalt auf dem Flaschenetikett. Es war keiner angegeben.
    »Du weißt, was das heißt«, sagte Bille und prostete mir zu.
    Ich prostete zurück und kam noch mal auf Burghart zu sprechen.
    »Hast du die wunderbaren Skulpturen gesehen, die Burghart modelliert hat, um Sunny zu vergessen?«, fragte ich höhnisch.
    »Mir ist ein vielseitiger, sportlicher Mann mit musischen Interessen lieber als einer, der Picasso für ein Parfüm hält«, entgegnete Bille gereizt, womit sie auf Holger anspielte.
    »Besser, einer hält Picasso für ein Parfüm als sich selber für Picasso«, widersprach ich. »Ach, was sag ich! Für Picasso, Mark Knopfler, Boucuse, Pavarotti, Patrick Swayze und Carl Lewis in einer Person!«
    »Lass uns nicht streiten«, wiegelte Bille diplomatisch ab. »Ich mag eben deine Männer nicht, und du magst meine nicht.«
    »Dann eben Prost«, sagte ich achselzuckend.
    Ihr war wirklich nicht zu helfen.
    Nach dem zweiten Gläschen waren wir besoffen genug, um uns ausgiebig mit dem Klassefrauentest aus der Zeitschrift zu beschäftigen.
    »Klasse kann man nicht kaufen!«, behauptete die Überschrift fett.
    Bille und ich nickten zustimmend. Das war genau, was wir auch immer sagten. Umso mehr erschreckte uns gleich der erste Testabschnitt, in dem gefragt wurde, welche der zehn aufgelisteten Modeklassiker wir zu unserem Besitz zählen durften. Man bekam je einen

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