Maenner und andere Katastrophen - Roman
anerkennend nicken.
»Wessen Idee war das?«, fragte ich neidisch.
»Meine, natürlich«, sagte Mo. »Und es ist nicht meine letzte. Ich habe im Moment eine ausgesprochen kreative Phase, von der meine Schwestern nur profitieren können. Wenn wir hier fertig sind, komme ich zu dir und kümmere mich um deine Belange.«
Um meine Belange! Den hatte wohl der Größenwahn gepackt. Kopfschüttelnd stieg ich die Treppe hoch.
Mo kam fünf Minuten später nach. Mit einer großartigen Geste warf er einen Jutesack vor mich auf den Küchentisch und fragte geschäftsmäßig! »Na, wie weit bist du mit meinem Räuber?«
Ich holte den Hotzenplotz von nebenan und hielt ihn Mo vor die Nase. Er hatte schon seinen struppigen Bart und seine verlausten Haare, und selbst körper- und hutlos sah er schon ziemlich perfekt aus. Mo war begeistert.
»Seine Kleider und sein Körper liegen nebenan«, sagte ich.
»Kann ich die sehen?«, fragte Mo und schüttete den Inhalt der Jutetasche auf den Tisch.
Es handelte sich um Fadenkreuze, ganz sicher mehr als zwanzig.
»Das sind ja Hunderte«, sagte ich.
»Ich habe verschiedene Modelle gefertigt«, erklärte Mo mir mit fachmännischer Miene. »Über die Fädenmaterialien müssen wir noch reden.«
»Aha«, sagte ich überrumpelt.
»Ich habe zuerst diese Nylonschnur ausprobiert, dann verschiedene Zwirnsorten«, sagte er und hielt mir ein paar Schnüre unter die Nase.
»Aha«, sagte ich.
»Meiner Meinung nach nehmen wir am besten dieses relativ dicke Häkelgarn. Es hängt sich am wenigsten aus.«
»Aha.«
»Ich finde es auch optisch schöner, wenn die Fäden so richtig deutlich sichtbar sind«, sagte Mo und legte sechs Rollen schwarzes Häkelgarn auf den Tisch.
»Aha.«
»Das muss schon sehr professionell sein, wenn man einen guten Preis für die Puppen erzielen will«, behauptete Mo.
»Aha«, wiederholte ich, »aber ich will sie überhaupt nicht verkaufen.«
»Warum machst du dir dann die ganze Mühe?«
»Weil ich sie behalten will«, erklärte ich und holte die bekleideten Körper von Hotzenplotz und Zwerg Sommerloch von nebenan.
Mos Begeisterung äußerte sich in wilden Schreien.
»Wahnsinn!«, rief er immer wieder. »Das übertrifft meine kühnsten Erwartungen. Wie hast du denn den Hut bloß hingekriegt?«
Seine Begeisterung übertraf auch meine kühnsten Erwartungen. Obwohl sie, recht besehen, durchaus angemessen war. Schließlich war ich nicht weniger begeistert.
»Ich kann verstehen, dass du sie behalten willst«, sagte Mo.
Ich nickte zufrieden. Aber während wir gemeinsam Hotzenplotzens Kopf an seinen Körper hängten und die Fäden befestigten, fing Mo wieder an: »Du wirst sehen, wir verdienen ein Vermögen damit.«
Der merkwürdige Ausdruck in seinem Gesicht konnte einem angst machen.
»Ich will meine Puppen nicht verkaufen«, wiederholte ich eigensinnig.
»Du kannst dir ja Duplikate anfertigen oder die allerschönsten für dich behalten, wenn du möchtest, aber du wärst schön dämlich, wenn du kein Geld damit verdienen wolltest«, sagte Mo.
»Aha«, bemerkte ich. »Und wie soll ich das anstellen?«
»Darüber habe ich mir auch schon Gedanken gemacht«, teilte Mo mit.
»Aha.«
»Wenn du die Puppen als Spielzeug oder Dekorationsobjekte verkaufst, in Spielwarengeschäften oder auf Kunsthandwerkermärkten, wirst du keine guten Preise erzielen können.«
»Aha«, sagte ich, »soll ich sie dann vielleicht in Salzsäure tunken und als Antiquitäten ausgeben?«
»Nein, du Dumme«, sagte Mo. »Deine Puppen sind Kunstwerke! Und als solche musst du sie auch verkaufen.«
Ich schluckte. Meine Puppen waren wirklich wunderschön. Witzige, detailgetreue, naive, bunte Märchenfiguren, in denen - weiß Gott - ein Haufen Arbeit steckte.
»Findest du tatsächlich, dass das Kunst ist?«, fragte ich hoffnungsvoll.
»Ich doch nicht«, verwahrte sich Mo. »Aber das ist alles eine Frage des Managements.«
»Aha«, sagte ich zum wiederholten Mal.
»Lass mich mal machen.«
Hotzenplotz war fertig aufgehängt. Ich zupfte seine Räuberkluft zurecht und ließ ihn an den Fäden neben mir hergehen. Er sah toll aus.
»Gib her«, befahl Mo und nahm ihn mir aus der Hand. »Der gehört jetzt mir. Dafür werde ich dein Manager und spreche mit den Galeristen.«
»Bei der Gelegenheit könntest du gleich versuchen, etwas von deinem Eisenschrott loszuwerden«, schlug ich vor und lachte.
»Ich bezweifle, dass die breite Masse schon bereit für wahre Kunst ist«, sagte Mo.
Mit seiner Hilfe
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